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Yasuní-Regenwald in EcuadorDoppelstrategie für Geld und Öl

Ecuadors Regierung verkündet, das Ziel von 100 Millionen Dollar für den Erhalt des Yasuní-Regenwalds sei erreicht. Zugleich laufen die Vorbereitungen für die Ölförderung.

Was wird aus dem Dschungel-statt-Öl-Projekt? Bild: ap

PORTO ALEGRE taz | Die Erfolgsmeldung kam eher verschämt daher: Vor 14 Tagen sagte Ivonne Baki, Ecuadors Regierungsbeauftragte für die Yasuní-ITT-Initiative, dem Miami Herald, man habe das Jahresziel von 100 Millionen Dollar erreicht. Steht das innovative Dschungel-statt-Öl-Projekt, durch das die Förderung von 840 Millionen Barrel Öl im Yasuní-Nationalpark verhindert werden soll, nun vor dem Durchbruch?

Die vorliegende Aufstellung aus Bakis Büro, das Präsident Rafael Correa direkt unterstellt ist, ist ernüchternd. Zwar werden als Bruttogesamtbetrag sogar gut 116 Millionen Dollar genannt, doch im Treuhandfonds, der im August letzten Jahres unter dem Dach der UN eingerichtet wurde, befanden sich am 7. Dezember nur 2.469.319,88 Dollar - also gerade 2,5 Prozent der von Correa ausgegebenen Jahreszielmenge.

Die "konkreten Zusagen" hingegen belaufen sich auf gut 105 Millionen Dollar. Besonders pikant: In diesem Betrag sind unter dem Stichwort "Technische Zusammenarbeit" 46,9 Millionen aus Deutschland enthalten, "nach den Erklärungen der deutschen Ministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umwelt (35 Mio. Euro über drei Jahre)".

Doch diese Rechnung geht nicht auf. Denn Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat wiederholt ausgeschlossen, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung die Yasuní-ITT-Initiative unterstützen werde. Umweltbewegte Unionsabgeordnete, die sich noch im September für das Dschungel-statt-Öl-Projekt ausgesprochen hatten, beugten sich der Koalitionsdisziplin.

Kreative Buchführung

Auch andere Beiträge sind dubios, etwa die 50,8 Millionen Dollar aus Italien. "Dieses Geld stammt aus einem Schuldentausch - Ecuador muss das in den Fonds einzahlen, was es Italien schuldet", sagt Alberto Acosta, 2007 als Energieminister einer der Väter der Initiative. "Dabei handelt es sich um als illegitim bewertete Schulden aus einem Staudammprojekt".

Wie also erklärt sich Bakis kreative Buchführung? "Die Regierung möchte politisch weiter von der populären Yasuní-ITT-Initiative profitieren und spielt daher auf Zeit", meint Esperanza Martínez von der Umweltgruppe "Acción Ecológica". In Kürze dürfte Correa die Initiative ganz offiziell um ein weiteres Jahr verlängern.

Zugleich laufen die Vorbereitungen für eine Förderung in Tiputini und Tambococha - zwei Drittel des artenreichen ITT-Gebietes im Osten des Yasuní-Nationalparks - weiter. Das zeigt die vor Kurzem fertiggestellte Umweltverträglichkeitsprüfung des Staatsbetriebs Petroamazonas für diese Ölfelder.

Als "völlig absurd" bezeichnet Martínez das Jahresziel von je 750 Millionen Dollar für 2012 und 2013, das Ivonne Baki jetzt bekannt gab. Auch diese Ankündigung kann als Schritt hin zu "Plan B", der Ölförderung, interpretiert werden.

Das Kalkül: Bis zur Präsidentschaftswahl im Januar 2013, zu der Correa als Favorit antreten wird, läuft die Initiative, die sich auch in Ecuador großer Popularität erfreut, weiter. Danach könnte der wiedergewählte Staatschef grünes Licht für die Förderung geben - es sei denn, bis dahin gelingt der Durchbruch auch finanziell.

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6 Kommentare

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  • MB
    Martin Burster

    Anstatt die Chance zu nutzen und Deutschlands Einfluss für einen nachhaltigen Schutz des Yasuní-Regenwaldes einzusetzen, bleibt Dirk Niebel bei seiner grundsätzlichen Ablehnung der ITT-Intiative. Dabei zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Erfolg der Initiative der einzige Weg ist, um den Park vor einer weiteren Ölförderung zu schützen. Die Zivilgesellschaft und die Naturschutzgruppen in Ecuador brauchen endlich eine Unterstützung ihrer wegweisenden Initiative und keine halbherzigen Angebote, die mehr auf einen billigen Ablasshandel der Industrie als auf Natur- und Klimaschutz zielen.

    Dirk Niebel allerdings setzt weiter auf den REDD-Ansatz und hat die ITT-Intiative in Anlehnung an den TAZ-Artikel bei einer Veranstaltung am 20.12.11 in Heidelberg sogar als "Fake" bezeichnet. Er will weiterhin einen Erfolg der Intiative, die für ihn eine "splienige Idee" ist, mit allen Mitteln verhindern. Dabei verkauft er seine Interpretationen als allgemeine Wahrheit. So bestreitet er, dass die von Italien in Aussicht gestellten Gelder tatsächlich noch zur Verfügung stehen und lässt die festen Zusagen in Höhe von über 100 Millionen Dollar unerwähnt. Auch in Bezug auf die für den Schutz von Yasuní zugesagten deutschen Mittel erweckt er den Eindruck, eine Einigung mit Ecuador sei noch nicht absehbar. Wie konkret die deutschen Vorschläge zum Schutz dieser biologischen Schatzkammer vor einer Ölförderung mit all ihren verheerenden Folgen aussehen sollen, bleibt trotz der von ihm so gern zitierten Transparenz im Dunkeln.

    Damit ist klar, Dirk Niebel geht es bei der Diskussion um die ITT-Intitiative in keinster Weise um Natur- und Klimaschutz und eine effektive Mittelverwendung, sondern lediglich darum, seinen liberalen marktwirtschaftlichen Ansatz beim Schutz von Wäldern durchzusetzen. Dass dieser Ansatz von den Zivilgesellschaften und den direkt betroffenen, den indigenen Gruppen in den Regenwäldern, abgelehnt wird, interessiert unseren Minister nicht. Um einen seiner Lieblingsvergleiche zu nehmen: Herr Niebel zieht für den Schutz von Yasuní keinen Rettungsschirm, sondern ist bereit für die Durchsetzung seines Politikansatzes dieses wertvolle Gebiet mit den darin lebenden Menschen zu opfern.

  • E
    EnzoAduro

    @Matthias

    Ich bin kein Fan von dem, aber warum ist der den korrupt? Wegen seiner Personalpolitik? Naja die ist nicht besonders glücklich.

     

    Aber nochmal: Mit den Verhältnissen in Ecuador hat das nichts zu tun. Und auch wenn man Antikorruption immer noch steigern kann, ist es einfach gegenstandslos Deutschland hier mit Ecuador zu vergleichen.

     

    Zusicherungen von Ecuador sind einfach Wertlos. Allein in dem Artikel steht ja was von Geldern für ein Staudamm. Diese Gelder sind "nicht anerkannt". Ja was den nun? Glaubwürdig oder nicht? Ich trau Italien viel zu, aber nicht wirklich das sie sich ausdenken Geld verliehen zu haben.

    Genauso wird ein Präsident dann in 10 oder 15 Jahren, wenn der Ölpreis bei 250-750 Dollar/Barrel ist, sagen das der heutige Präsident korrupt/blöd etc. war. Und bohren.

  • MH
    Martin Huber

    Mal sehen ob Correa die Zahlen von Baki überhaupt akzeptiert. Laut Interview mit Baki (EFE 7.12.) war die Bewertung für den 16./17.12. vorgesehen.

    Sebastian Lesch hat den indirekten Beitrag Deutschlands von 34,5 Millionen im Gespräch mit amerika21.de am 13.12. bestätigt. Auch hier muss man erst sehen, ob Correa mit dieser Regelung einverstanden ist.

    Ich rechne eher mit einer baldigen Vorstellung von "Plan C".

    Die Verschwörungstheorien aus öko-marxistischen Kreisen wie Acción Ecológica/Acosta sind klar politisch motiviert und haben letztlich ihren Grund in den ideologischen Differenzen zum linkssozialdemokratischen Correa. Acosta wird ja als Präsidentschaftskandidat gehandelt.

    Was die Zahl von jährlich 750 Millionen angeht, sollte man einen Fehler nicht ausschließen. Bislang gibt es nur eine Quelle, und in einem neueren Artikel von ANDES ist weiterhin von einer Laufzeit von 12-13 Jahren die Rede, was etwa 250-300 Millionen pro Jahr bedeuten würde.

    Es ist mein Eindruck, dass Correa Entscheidungen eher aus Prinzip als aus politischem Kalkül trifft, siehe z.B. die Nichtanerkennung der Regierung in Honduras, die Ausweisung der US Botschafterin. Oder, nur in den letzen Wochen, die Volksabstimmung in La Concordia, die budgetäre Neuordnung der Universitäten, die Einführung von Führerscheinklassen, alles Entscheidungen, die in einem Wahljahr politisches Kapital kosten, die Correa aber für richtig und notwendig erachtet.

    "Plan B" sieht übrigens eine Ölförderung erst nach 36 Monaten vor (cf. Enlace 223 am 4.Juni). Und dann müsste sich die Investition erst mal amortisieren, das Projekt würde sich also gar nicht positiv auf den Haushalt einer möglichen zweiten Amtszeit Correas auswirken.

  • M
    Matthias

    @ EnzoAduro: Wie korrupt Deutschland ist zeigt wunderbar das Verhalten dieses gewissen Dirk Niebel....

  • S
    spiritofbee

    Laut Joseph Stiglitz belaufen sich die „wahren Kosten“ ( des Irak Krieges ) auf etwa 3 Billionen Dollar (Zeit-Artikel vom 26. Februar 2008)[29]

    Großbritannien: 3 Milliarden Pfund = 3,7 Milliarden Euro

     

    Im Umfeld der Kriegsaktivitäten fand offensichtlich in großem Umfang Misswirtschaft statt, außerdem wurden weitverbreitet betrügerische Aktivitäten durch beteiligte Unternehmen ermittelt, die bis zu 23 Milliarden Dollar in dunklen Kanälen verschwinden ließen. Die Untersuchung dieser Vorkommnisse wird aber von der US-Regierung unterbunden.

     

    Quelle Wikipedia

     

    Das Zentrum für Strategische und Haushaltsschätzung (Center for Strategic and Budgetary Assessments - CSBA) beziffert die Kosten des US-Krieges in Afghanistan auf eine Milliarde US-Dollar pro Monat (etwa 2,2 Milliarden DM). Dieser Betrag enthält die Kosten für die Aktivierung von 50.000 Soldaten, für rund 10.000 Bomben einschließlich der Aufwendungen für die Flüge, von denen einige 5.000 Dollar pro Stunde kosten. CSBA schätzt, dass der Krieg in einem Jahr ca. 12 Milliarden Dollar (26,4 Mrd. DM) kosten wird.

     

    Quelle:

    http://www.ag-friedensforschung.

     

    nur mal so als Vergleich, auch wenn er natürlich ein wenig hinkt.

     

    Was sagt Transparenzy International dazu? Zu Korruption in USA und GB zum Beispiel. Oder gehts da etwa nicht um Öl?

  • E
    EnzoAduro

    Wie kann man nur auf die Zusagen eines derart korrupten Landes einen einzigen Cent geben. Allein das die Schulden aus "einem Staudammprojekt" als "illegitim" eingestuft werden, sagt ja alles.

     

    PS: Transparancy International rankt Ecuador mit 2,7 von 10 Punkten. Das ist Platz 125* von 182! Nur Guyana ist in Südamerika korrupter.

     

    In 5 Jahren wären alle Zusagen Null und Nichtig. Dann sind die Nichtförderzusagen "illegitim" und ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht einer souveränen Nation

     

    *125 da sich 9 Länder den Platz 120 teilen