Kolumne Habseligkeiten: Viel Lärm um den Schlüssel
Teil 1: Die Verschwörung des Fahrradreifens, des Kinderwagens und des Zweiradhändlers.
R eifen scheinen ein Problem zu sein. Vielleicht haben mich die vielen Jahre meines Lebens, die ich in den Niederlanden verbracht habe, verwirrt. Vielleicht bin ich grundsätzlich naiv. Denn ich dachte, dass jeder genau den Fahrradreifen bekäme, den er sich von Herzen wünschte. In Wirklichkeit aber ist alles viel komplizierter.
Es begann damit, dass kleine Hände den Schlüssel für den Kinderwagen verschleppt hatten. Wir Geschossbaubewohner schließen unsere Bugaboos gerne unten im Treppenhaus an, fehlt der Schlüssel, sind wir angeschmiert. Draußen wurden die ersten Sylvesterböller gezündet, es war der 27. Dezember.
Zum Glück hatte ich noch den Anhänger, alles, was ich tun müsse, wäre, endlich ein Ersatzteil für dessen Vorderrad zu kaufen, das Ding in den Kinderwagenmodus umzurüsten. Also fuhr ich zum angeblich größten Zweiradhändler Deutschlands. Der Weg war nicht weit, doch er führte bergauf. Es hätte mir eine Warnung sein sollen.
ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur & Medien".
Der Händler arbeitet in einer riesigen Halle, vorne stehen die Waren, hinten wird in beeindruckend sauberen und lichten Werkstätten repariert. Warum, dachte ich, als ich das Angebot für eine Winterinspektion für 79 Euro bekam, sollte ich das nicht annehmen? Endlich mal alles an meinem Hollandrad richten lassen?
Das alte schwarze Gestell und der hohe Lenker sahen inzwischen arg nach "faded glory" aus und es fuhr leider auch so. Sieben Jahre ohne ernsthafte Wartung und Pflege hatten Spuren hinterlassen: Rost, morsches Gummi, Schlamm. Eine Winterinspektion, so versicherte mir der Mann an der Auftragsannahme, schließe eine gründliche Reinigung mit ein. Ich ging das Geschäft ein. Noch am Abend rief die Werkstatt an: Man müsse unbedingt die Reifen auswechseln. Mir wars recht.
Schon am nächsten Tag meldete sich der Monteur, der Auftrag sei erledigt. Ein neuer Ständer sei installiert, neue Handgriffe, und und und. Auch habe er dem Rad unplattbare Reifen aufgezogen. "Nur zur Vorsicht", fragte ich den stolzen Monteur, "sind die auch hell wie meine alten?" Es war der 28. Dezember und der Tag, an dem die Beziehung zwischen dem "größten Zweiradhändlers Deutschlands" und mir ein wenig sauer wurde. "Nein," sagte der Monteur, aber sie seien eben unplattbar. "Aber schwarz?" Ja, aber gut, entgegnete er. Die Farbe, so seine Meinung, wäre doch nun wirklich egal.
Meinen Einwand, dass mir das nicht egal sei, konnte er nicht nachvollziehen. Außerdem, führte er aus, seien helle Reifen gar nicht am Markt zu haben, darauf müsse ich mindestens zwei Monate warten. Mindestens! Meine alten könne er mir schon aus Gewährleistungsgründen nicht mehr aufziehen, ich müsse nun die schwarzen nehmen. Mir gefiel das nicht, also googelte ich!, wie ich dachte, den Händler in Krefeld-Fischeln, der mir 2004 das Rad verkauft hatte. Sein Laden ist klein wie eine Schuhsohle, die Reifen aber hatte er da. Sie mussten nur ihren Weg nach Berlin finden.
Den Schlüssel für den Kinderwagen fanden wir am Sylvestertag in der Waschmaschine. Mein Rad aber steht noch immer in der Werkstatt. Warum das so ist? Mehr dazu in zwei Wochen.
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