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Mir wird hier in den taz-Kommentaren viel zu schnell von verbesserter Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste gesprochen, ohne dass die Strukturen in Polizei und Verfassungsschutz untersucht würden.
Herr Rath spricht im heutigen Kommentar in der TAz sogar vom Sinn der Zusammenlegung von Polizei und Verfassungsschutz. Ich will hier nicht die Gestapo ins Feld führen, obwohl alleine diese Erfahrung eine Trennung von Polizei und Geheimdiensten zwingend macht, sondern darauf hinweisen, dass autoritäre Organisationsstrukturen in der Polizei zusammen mit geheimdienstlicher Tätigkeit zu einer echten Gefahr für Recht und Freiheit werden. Die Polizei vertuscht und deckt schon heute kriminelles Handeln ihrer Mitglieder und es ist fast unmöglich gegen Polizisten vorzugehen, die Recht und Gesetz verletzen.
In Thüringen war der Chef des Verfassungsschutzes bekennender Rechtsradikaler und die Gelder für V-Leute flossen direkt in die Öffentlichkeitsarbeit des rechten Terrors. Hier sind die problematischen Zusammenhänge, die aufgedeckt und verändert werden müssen. Man erklärt zwar Döner-Morde zum Unwort des Jahres aber man spricht nicht über den dahinter liegenden latenten Rassismus in Polizei und Sicherheitsbehörden. Was in unserer Verfassung steht deckt sich noch lange nicht mit dem realen Handeln der Sicherheitsbehörden. Deshalb ist höchste Vorsicht geboten, wenn diesen Behörden noch mehr Kompetenz und Handlungsmöglichkeit gegeben wird.
"Wenn Polizei und Verfassungsschutz ahnungslos sind, hilft auch ein besserer Informationsaustausch nicht weiter."
Der VS war nicht ahnungslos, er hat 10 Jahre lang (mindesten!) zugesehen, was die Nazis treiben.
Eine Trennung von Polizei und Verfassungsschutz existiert seit Gründung der Bundesrepublik (bzw. der
VS-Vereine) nur auf dem Papier, nicht jedoch in der Realität. Die VS-Ämter sind Abteilungen in den Innenministerien, die genauso eine Abteilung für die Polzei unterhalten. Die 'Observateure' waren meist für einige Jahre abkommandierte Polizeivollzugsbeamte, auch 'die Anderen' rekrutieren sich oft aus der Polizei. Polizeiliche 'Staatsschützer' kennen die Kollegen vom anderen Verein regelmäßig persönlich (auf allen Ebenen). Eine 'parlamentarische Kontrolle' findet tatsächlich nicht statt. G10 'Kontrollen' bestehen z.B. oft nur darin, dass sich einmal im Jahr ein Abgeordneter zum Kaffeetrinken ins Innemnisterium verirrt. 'Probleme' entstehen nicht durch mangelnde Zusammenarbeit sondern durch Inkompetenz, absurde Zielsetzung und rechtswidrigen Vorsatz bis hin zu schweren Straftaten. Das Ziel ist oft nur das Aufhetzen von 'linken' Jugendlichen gegen 'rechte' (auf dass sich diese nicht mal ernsthaft anderen Aktionsfeldern widmen) und die Verteidigung von Machtpositionen übelster Zeitgenossen oder Institutionen mit allen Mitteln. Die 'Jahresberichte' müssen sich die Ministerialen meist unter großen Qualen aus den Fingern saugen, da tatsächlich keinerlei relevante 'Erkenntnisse' vorliegen. Dies alles ist gänzlich Kontraproduktiv in einem demokratischen Rechtsstaat und lediglich eine enorme Verschwendung. Das einzig Sinnvolle ist entweder die Abschaffung der VS-Bespitzelungsvereine (Stasi, Gestapo, Staatsschutz, Verfassungsschutz oder wie auch immer die neusprechliche Bezeichnung gerade lautet) oder eine Umwandlung in etwas Sinnvolles, etwa so wie dies 'Die Linke' (zumindest in ihrem Parteiprogramm) vorschlägt. Daher kann man die Forderung einer 'besseren Zusammenarbeit' nur in gänzlicher Unkenntnis der realen Verhältnisse innerhalb der VS-Behörden als 'sinnvoll' bewerten.
Zum 75. Jahrestag der DDR-Gründung tritt der einstige SED-Chef Egon Krenz in Berlin auf. Für Russland findet er lobende Worte, für die Ampel nicht.
Kommentar Neonazidatei: Kein Allheilmittel
Bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdienst ist sinnvoll. Bei 38 Sicherheitsbehörden besteht ständig die Gefahr von Doppelarbeit und Informationspannen.
Die Verbunddatei für gewaltbezogene Neonazis kommt. Das Bundeskabinett hat jetzt einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen. Damit soll der Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz erleichtert werden.
Präsentiert wird dies als Reaktion auf die schockierende Mordserie der Zwickauer Zelle, die 13 Jahre lang von Polizei und Verfassungsschutz unentdeckt blieb. Wäre aber wirklich alles ganz anders gekommen, wenn es die Neonazidatei damals schon gegeben hätte? Wohl kaum. Wenn Polizei und Verfassungsschutz ahnungslos sind, hilft auch ein besserer Informationsaustausch nicht weiter.
Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdienst ist trotzdem sinnvoll. Bei 38 Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern besteht ständig die Gefahr von Doppelarbeit und Informationspannen. Hier gegenzusteuern ist noch keine Gefahr für die Bürgerrechte. Die Trennung von Polizei und Verfassungsschutz soll nur sicherstellen, dass der Geheimdienst nicht verhaften und durchsuchen darf. Diese funktionale Trennung bleibt gewahrt, auch wenn Informationen künftig häufiger geteilt werden.
Im Gegenzug ist aber sicherzustellen, dass auch die parlamentarische Kontrolle modernisiert wird. Wenn Polizei und Verfassungsschutz von Bund und Ländern kooperieren, müssen auch die Kontrolleure von Bundestag und Landtagen zusammenarbeiten können. Das heißt: Landtage müssen Zugriff auf Akten von Sicherheitsbehörden des Bundes bekommen und umgekehrt. Auch gemeinsame Untersuchungsausschüsse müssen ermöglicht werden.
Eine entsprechende Reform sollte schnell erfolgen. Sonst wird die Aufarbeitung der Ermittlungspannen rund um die Zwickauer Zelle scheitern. Wenn niemand ein Gesamtbild zu sehen bekommt, ist schließlich schwer zu sagen, wo die Verantwortung für das Fiasko liegt.
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Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).