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Bürgerentscheide neu geregeltWenn Bürger begehren

Es gibt eine Einigung über die Gesetzesreform von Bürgerentscheiden. Aber der Streit über Quoren und die Verfasstheit von Hamburg als Stadtstaat geht weiter.

Künftig in reformierter Form: direkte Demokratie in Hamburg. Bild: dpa

Alle sind dafür. Mit den Stimmen aller fünf Fraktionen beschloss die Bürgerschaft am Mittwochabend die Reform der Volksgesetzgebung. Der Streit über Quoren bei Bürgerentscheiden indes ist damit nicht beigelegt: Die nächste Reform steht zumindest bei CDU und FDP bereits auf der Tagesordnung.

Auf die Details der Reform hatten sich SPD, CDU, GAL, FDP und Linke nach langwierigen Verhandlungen mit der Initiative "Mehr Demokratie" verständigt. Ausgeklammert bleiben drei strittige Punkte: die Quoren, das Evokationsrecht des Senats und der Bestand Hamburgs als Einheitsgemeinde.

"Die 90 Prozent, über die Konsens erzielt wurde, wollen wir gemeinsam umsetzen", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Es sei "das modernste Gesetz für kommunale Bürgerbeteiligung in Deutschland", findet Farid Müller (GAL). Dieser Konsens zwischen der Initiative und dem Parlament dürfe nicht gefährdet werden. Auch die Linke spricht von "einem vernünftigen Kompromiss, der die direkte Demokratie stärkt". Und auch Manfred Brandt, Verhandlungsführer von "Mehr Demokratie", lobt die Reform als "anwendungsfreundlicher, transparenter und rechtssicherer".

CDU und FDP tragen den jetzt formulierten Kompromiss mit. Beide Fraktionen behalten sich aber vor, Quoren einzuführen. Die FDP will eine Mindestbeteiligung von 20 Prozent bei bezirklichen Bürgerentscheidungen, die CDU sogar ein Zustimmungsquorum von einem Fünftel aller Wahlberechtigten. Entsprechende Zusatzanträge wurden zur weiteren Beratung in den Verfassungsausschuss überwiesen.

Manfred Brandt hatte jede Debatte über Quoren verweigert. Diese wären eine Einschränkung der direkten Demokratie, und das sei mit der Initiative nicht zu machen. FDP und vor allem CDU kritisierten diese "mangelnde Gesprächsbereitschaft der Initiative". Letztlich sei es "am mangelnden Mut" der SPD-Mehrheit gescheitert, "Quoren auch gegen den Willen von Mehr Demokratie durchzusetzen", so CDU-Politiker André Trepoll.

Aber auch die Initiative ist noch nicht am Ende ihrer Wünsche. In einer frisch gegründeten Arbeitsgruppe diskutiert Mehr Demokratie die Möglichkeiten, Hamburg als Einheitsgemeinde aufzulösen. Laut Verfassung ist Hamburg Land und Stadt zugleich. Mehr Demokratie würde gern die sieben Bezirke zu eigenständigen Kommunen mit eigenem Haushalt im Bundesland Hamburg machen. "Das", sagt Brandt, "würde die Bezirke stärken und die Politik näher an die Bürger bringen."

Auf Unterstützung in der Bürgerschaft kann Brandt dabei nicht zählen. "Das würde", begründet Dressel die Anlehnung, "die Regierbarkeit der Stadt gefährden."

Ob Mehr Demokratie diese Frage in einem Volksentscheid klären lassen möchte, ist derzeit noch offen.

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4 Kommentare

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  • VE
    V. Eids

    geschworene demokratie

    veits kommentar aus der printausgabe ist diesmal leider nicht online. liegt es daran, dass er dort mehr demokratie als verschwörung erwähnt?

  • D
    domsch

    @Rechner: Wenn man sich an einer Wahl beteiligt, muß man einem Entwurf nicht zwingend automatisch zusagen.

     

    Peter Klemm: Nee, die Stadt kann eben nicht willkürlich evozieren, wie es ihr gerade beliebt. Die Bezirke sind übrigens gewählt -- die Verwaltungsangestellten nicht. Das ist in Behörden auch nicht anders. Die Bezirksamtsleiter werden fürderhin von der Bezirksversammlung gewählt. Und wer wählt diese? Richtig, der Bürger, bei jeder Bürgerschaftswahl parallel. Ganz so böse sieht die Welt nicht aus. Wenn die Volksgesetzgebung so sinnlos sei, hätte man sie sich ja, genau wie den (anscheinend völlig sinnlosen) Kampf gegen den (ebenfalls völlig unbegründeten) Widerstand der Parteien damals, schenken können.

  • PK
    Peter Klemm

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    Leserbrief zu "Wenn Bürger begehren"

     

    Vorschlag für Überschrift:

    "Ohne Entscheidungsrechte keine direkte Demokratie"

    Oder: "Bürgerentscheide" - Kein Ende der Bevormundung"

     

     

     

    Endlich ein Bericht, der den Tatsachen näher kommt: die sogenannte Gesetzesreform von "Bürgerentscheiden" ist ein Trugbild, weil die Bürger tatsächlich nur genauere Regeln bekommen, wie sie abstimmen dürfen, aber nicht, wie ihr Begehren auch verwirklicht wird. Nicht nur, dass der Senat alles "evozieren", also autoritär die Bürger bevormunden kann, am Ende dieses Gesetzes gibt es keine Regelung, wie die erfolgreichen Bürger ihr Interesse von Behörden umgesetzt bekommen. Die nicht gewählten Bezirksämter können nach wie vor den obrigkeitsstaatlichen Schiedsrichter spielen: Der Ball war drin, aber uns gefällt das Ergebnis nicht, wir beenden das Spiel!

     

    Was hat sich seit der Zeit von Heinrich Heine geändert?

    "Vertauet eurem Magistrat,

    Der fromm und liebend schützt den Staat

    durch huldreich hochwohlweises Walten;

    Euch ziemt es stets das Maul zu halten."

    (Erinnerung aus Krähwinkels Schreckenstagen)

  • R
    Rechner

    "Die FDP will eine Mindestbeteiligung von 20 Prozent bei bezirklichen Bürgerentscheidungen, die CDU sogar ein Zustimmungsquorum von einem Fünftel aller Wahlberechtigten."

     

    sind 20 Prozent nicht ein Fünftel aller Wahlberechtigten? wo liegt der Unterschied?