Berliner NPD mit neuem Chef: Monoton und stockend
Er ist einer der führenden Köpfe des gewaltbereiten Rechtsextremismus in Berlin. Jetzt ist Sebastian Schmidtke NPD-Landesvorsitzender.
Teleskopschlagstöcke, Pfefferspray, wasserdichte Dokumentenhülle: Im Outdoor-Laden des Berliner Neonazis Sebastian Schmidtke gibt es alles zu kaufen, was das Straßenkämpferherz begehrt. Doch oft wird der Chef nun wohl nicht mehr selbst hinter der Ladentheke stehen, er hat einen zusätzlichen Job: Der Berliner Landesverband der NPD wählte Schmidtke am Samstag zu seinem neuen Landesvorsitzenden und machte sich damit einen zum Chef, dessen politische Sozialisierung in den gewaltbereiten Kreisen von Kameradschaften und "Autonomen Nationalisten" erfolgte.
Schmidtke, bald 27 Jahre alt, folgt auf diesem Posten Uwe Meenen, unter dem die NPD 2011 mit "Gas geben"-Plakaten in den Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus zog, bei 2,1 Prozent landete und überdies 5 ihrer zuvor 11 Sitze in Bezirksparlamenten verlor.
Dadurch scheiterte auch Schmidtke, er hatte in Treptow-Köpenick kandidiert: dort, wo die NPD ihre Bundeszentrale und er selbst seinen Outdoor-Laden hat. Das Wahlkreis-Büro Gregor Gysis (Linke) liegt in derselben Straße und wird regelmäßig entglast und beschmiert. Schmidtke bestreitet, mit alldem etwas zu tun zu haben, er lehne Gewalt ab. Auch für die zentrale Internetplattform freier Kräfte in Berlin und Brandenburg, wo sich "Feindeslisten" mit Namen linker Politiker und von Antifa-Aktivisten finden, trage er keine Verantwortung.
Fest steht, dass Schmidtke immer wieder als Anmelder von Demonstrationen der rechten Szene fungiert. Nun will er der NPD neue Wählerschichten erschließen, etwa beim "Mittelstand im Westen der Stadt". Auf mitreißende Rhetorik kann er sich dabei kaum verlassen: Wenn Schmidtke eine Rede hält, klingt das mehr stockend und monoton als mitreißend.
Dafür kann er mit Treue punkten: Seit er 14 ist, organisiert sich der im brandenburgischen Strausberg aufgewachsene Schmidtke in rechten Kreisen. Er war Mitglied des 2006 aufgelösten "Märkischen Heimatschutzes" und der 2005 verbotenen "Kameradschaft Tor", bevor er seine NPD-Karriere startete und 2010 stellvertretender Landesvorsitzender wurde.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen