piwik no script img

Konkurrenz der SmartphonesPatentkrieg ohne Ende

Der Rechtsstreit um Smartphone-Patente wird weltweit geführt. Es bekriegen sich: Motorola, Apple, HTC, Samsung und eine Firma, die dezent im Hintergrund bleibt.

Wer hat ihn umgeworfen? Mini-Android-Roboter. Bild: dpa

Die Richtung gab der im Oktober verstorbene Apple-Mitbegründer Steve Jobs vor: Er werde notfalls einen Atomkrieg führen, um die Ungerechtigkeit zu beheben, dass Google mit seinem Mobilbetriebssystem Android Apples iPhone kopiert habe. "Google hat uns schlicht und ergreifend beklaut", sagte Jobs seinem Biografen Walter Isaacson kurz vor seinem Tod. Jeden Penny im Barbestand von Apple werde er für diesen Streit ausgeben.

Mittlerweile ist Jobs begraben, doch der Streit geht auch unter seinem Nachfolger Tim Cook weiter. Viele Millionen Dollar hat Apple bereits ausgegeben und geht an zahllosen Fronten und in zahlreichen Ländern von den USA über Australien bis hin zu Deutschland und den Niederlanden gegen Hersteller von Android-Geräten vor. In den Streit verwickelt sind mittlerweile unter anderem Motorola, HTC und Samsung - letzteres Unternehmen ist pikanterweise ein wichtiger Hersteller von Komponenten für das iPhone.

Bei den Verfahren, die stets mit Gegenklagen verbunden sind, kann man schnell den Überblick verlieren. Dabei geht es um Patente, die sich Apple und seine Konkurrenten gesichert haben, aber auch um sogenannte Geschmacksmuster, die das Aussehen von Geräten schützen können.

So streitet sich Apple in Düsseldorf mit Samsung um den Look des Galaxy Tab, eines Android-Tablet. Es sei zu sehr vom iPad inspiriert. Tatsächlich verbot das Gericht die Geräte hierzulande dann, was Samsung wiederum dazu veranlasste, ein optisch geändertes Gerät zu vermarkten.

Niederlage für Apple

Letzte Woche erlitt dann Apple eine Niederlage: Nach einer Verhandlung im Dezember musste der Computerkonzern kurzzeitig ältere iPhone-Modelle (4, 3GS) sowie mit UMTS-Funkmodul ausgestattete iPads aus seinem Online-Laden nehmen, weil Motorola erfolgreich nachgewiesen hatte, dass diese Patente verletzen.

Die Sache hielt nur wenige Stunden, weil Apple den Bescheid anfechten konnte. Doch die nächste Runde droht: Motorola erreichte eine Verfügung, wonach Apple ein anderes Patent verletzt habe, diesmal im Bereich der Nachrichtenübermittlung. Apple kann sich nun aussuchen, ob die Firma Geräte aus dem Angebot nimmt oder seine Software nur für den deutschen Markt ändert, damit das Motorola-Patent nicht mehr tangiert wird. Motorola versucht auch, den Verkauf von iPhones und iPads über das Netz der deutschen Apple Stores zu stoppen.

Billig sind die ganzen Streitigkeiten nicht. So müssen neben den zu bezahlenden Anwalts- und Gerichtskosten auch Bürgschaften geleistet werden, im Fall des Motorola-Urteils aus dem Dezember angeblich 100 Millionen Euro. Gleichzeitig laufen Verhandlungen zwischen den Parteien. So soll Motorola nach Angaben des Patentanalysten Florian Müller 2,25 Prozent vom Apple-Umsatz gefordert haben, um eine Lizenz für die Patente zu erhalten.

Apple wiederum hält das für viel zu hoch und meint, dies verstoße gegen das Gebot fairer und diskriminierungsfreier Lizenzierungen für wesentliche Patente, die zur Einhaltung von Standards notwendig sind, dem sogenannten Frand-Verfahren.

Google nur indirekt betroffen

Zum von Jobs angekündigten "Atomkrieg" ist es bislang noch nicht gekommen. Bei den aktuellen Verfahren handelt es sich stets um Stellvertreterkriege: Motorola, HTC oder Samsung bauen zwar Android-Geräte, doch der wahre Android-Entwickler, Google, ist nur indirekt tangiert. Er hilft den von Apple angegangenen Firmen zwar - mit juristischer Unterstützung oder durch Lizenzierung von Patenten. Doch Google direkt zu verklagen, hat sich Apple bislang nicht entschlossen.

Allerdings steckt Google bereits tiefer im Streit drin, als es dem Suchmaschinenbetreiber lieb sein kann. Motorola Mobility, die Firma, die sich unter anderem in Deutschland mit Apple streitet, wird gerade von Google für knapp 12,5 Milliarden US-Dollar übernommen. Das Ganze muss allerdings noch vom US-Justizministerium abgesegnet werden. Google gab beim Kauf von Motorola an, die Übernahme auch der Patente wegen getätigt zu haben, die Motorola als traditionsreicher Telekommunikationshersteller besitzt.

Während Apple sich mit den Android-Herstellern streitet, geht ein anderer Konkurrent weniger direkt vor: Microsoft hat schon vor Jahren damit begonnen, seine eigenen Patente an diverse Produzenten von Geräten mit dem Google-Betriebssystem zu lizenzieren. Laut externen Analysen kommen so angeblich mittlerweile über 400 Millionen US-Dollar im Jahr zusammen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!