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Optimistische Prognose für GriechenlandPokerrunde in Athen

Mit dem Sparpaket würde der Mindestlohn gesenkt, Stellen im Staatsdienst fielen weg. Wettbewerbsfähig ist das Land in zehn Jahren, schätzt die Troika.

Die neuen Sparmaßnahmen werden von Protesten begleitet. Bild: dapd

BERLIN taz | Die meisten Anleger waren sich sicher, dass ein zweites Hilfspaket für Griechenland zustande kommt: Am Mittwoch stieg der deutsche Aktienindex DAX auf einen neuen Jahresrekord.

Das zweite Hilfspaket für Griechenland umfasst mindestens 130 Milliarden Euro. Doch EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) wollen es nur unter zwei Bedingungen gewähren: Die griechische Regierung muss ein weiteres Sparpaket beschließen.

Zudem sollen die privaten Gläubiger Griechenlands einem Schuldenschnitt zustimmen: Sie sollen auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten, was nominal 100 Milliarden Euro entspricht. Die andere Hälfte würde in 30-jährige Anleihen umgewandelt, die möglichst niedrig verzinst sind.

Die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern scheinen gut voranzukommen. Am Dienstagabend sagte ein Sprecher des internationalen Bankenverbandes IIF, die Gespräche seien "produktiv" verlaufen. Zentraler Konfliktpunkt: Die Banken wollen ihre Abschreibungen begrenzen - und also möglichst hohe Zinsen für die neuen 30-jährigen Anleihen durchsetzen. Die Eurostaaten würden umgekehrt am liebsten nur 3,5 Prozent zahlen.

Hedgefonds spekulieren

Ein offener Punkt ist zudem, wie viele Gläubiger sich tatsächlich beteiligen, falls ein Schuldenschnitt vereinbart wird. Denn der IIF vertritt nicht die Hedgefonds, die zum Teil andere Interessen verfolgen: Sie spekulieren auf eine offizielle Pleite Griechenlands, lehnen also eine freiwillige Umschuldung ab.

Schwierig sind auch die Verhandlungen der drei Regierungsparteien Griechenlands, die sich am Mittwoch erneut trafen, um das geforderte Sparpaket zu beraten. Die "Troika" aus EU, EZB und IWF verlangt, dass nochmals 4,4 Milliarden Euro aus dem griechischen Staatshaushalt herausgekürzt werden.

Zudem soll der Mindestlohn von derzeit 751 Euro auf unter 600 Euro fallen, und bis 2015 sollen 150.000 Staatsbedienstete entlassen werden. Bis zum Redaktionsschluss war nicht bekannt, ob sich die griechische Regierung auf diese Maßnahmen verständigen kann.

In den anderen Eurostaaten scheint man aber davon auszugehen, dass die griechische Regierung spätestens in der Mittwochnacht dem Sparpaket zustimmt. Wie die Bundesregierung bestätigte, liefen bereits die Vorbereitungen, damit sich die Euro-Finanzminister am Donnerstag treffen können.

20 Prozent Arbeitslosigkeit

Die griechische Regierung tut sich mit weiteren Kürzungen schwer, weil die Lage im Land bereits dramatisch ist. Die griechische Wirtschaft ist 2011 um sechs Prozent eingebrochen, die Arbeitslosigkeit liegt bei 20 Prozent.

Schnelle Besserung ist nicht in Sicht. So prognostiziert die Troika, dass Griechenland frühstens in zehn Jahren international wettbewerbsfähig sei. Für 2012 rechnen die Experten damit, dass die griechische Wirtschaft um weitere drei Prozent schrumpft. Bisher haben sich die Prognosen der Troika stets als zu optimistisch erwiesen.

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2 Kommentare

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  • JK
    Juergen K.

    Wie man 3% Wirtschaftsabschwung bei 15% weniger Lohn kommt ?!

     

     

    10 Jahre auf Armutsniveau.

     

    Das wird wohl die Anpassungszeit sein,

    bis deren Verhältnisse hier eintreten.

     

    35 000 suchen ja schon die Bufdi Jobs hier -

    und der Andrang ist da.

     

    Wenn in 4 / 5 Jahren die Studenten von heute erst mal merken, dass gerade in den Mint - Fächern nix los ist ...

     

    Oh oh !

     

    Da muss der eine oder andere Mittelschichtler wegen Bedarfsgemeinschaft schon mal seine Altersversorgung für seine Kröten locker machen.

     

    Bis dahin wird wohl auch Auto, in der Form Otto - Motor, nicht mehr der Massenartikel sein.

     

    Der Staat will ja seine Steuern.

    Die Binnenkonjunktur besteht fast nur aus Inverstitionen (Energie etc.), so dass

     

    dieser sich auch an Benzin und Energiesteuern schadlos (haft) hält.

     

    Er machts halt da drauf!

     

    Was gibts denn sonst hier ? Maschinen - OK,

    aber die Chinesen haben da auch satt von.

     

    Die Luft wird erst im Süden dünn,

    und dann hier.

     

    Also für die, die noch nicht zur tafel gehen.

  • RT
    reiner tiroch

    Der Schuldenschnitt mit 100 Mrd ist schon 30x hart verhandelt und geblockt von den GR und soll also bald da sein. Dann sind die gerettet und erhalten sofort wieder 130-145 Mrd, damit sie in 10 jahren wettbewerbsfähig sind? 360+110+145Mrd sind 615mrd-100 Schnitt bleiben dennoch 515 Mrd, oder? was soll da gerettet sein?oder bin ich zu dumm zum Rechnen?