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Sicherheitsprüfung atomare ZwischenlagerDer "unstressige" Stresstest

Die Bundesregierung hat vor Monaten versprochen, die Sicherheit aller atomaren Zwischenlager zu prüfen. Laut einer Anfrage der Grünen ist sie nicht weit gekommen.

Die Vorbereitungen für einen Stresstest der atomaren Zwischenlager – hier in Gorleben – verlaufen schleppend. Bild: dpa

BERLIN taz | Alle Atomanlagen in Deutschland sollen überprüft werden – so lautete des Credo der Bundesregierung nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011. Besonders eilig scheint sie es mit den Tests allerdings nicht zu haben. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen hervor, die der taz vorliegt.

Hinlänglich bekannt ist, dass die Atomkraftwerke in Deutschland im vergangenen Jahr einem sogenannten Stresstest unterzogen worden sind. Nach einem ähnlichen Verfahren sollen auch die atomaren Zwischenlager in Ahaus, Gorleben, Greifswald und Jülich sowie direkt an den Kernkraftwerken geprüft werden.

Hinzu kommt eine Anlage zur Anreicherung von Uran im nordrhein-westfälischen Gronau sowie eine Fabrik im niedersächsischen Lingen, in der Brennelemente hergestellt werden. Bereits im Juni und Juli 2011 beauftragte das Bundesumweltministerium die Entsorgungskommission (ESK), ein Konzept zu entwickeln, wie die Sicherheit der Anlagen geprüft werden soll.

Vorbereitungen verlaufen gemächlich

Die ESK berät als Expertengremium das Bundesumweltministerium. Mitglieder kommen etwa vom TÜV, den Betreibern von Kernkraftwerken oder vom Ökoinstitut Freiburg. Zwar tagte die Kommission bereits einige Male; bisher liegen allerdings nicht einmal die Fragen vor, nach denen die Anlagen überprüft werden sollen. Auch welche Sachverständigen die Tests begutachten sollen, ist noch unklar.

Die Regierung hofft, dass bis Ende 2012 ein Ergebnis der Tests vorliegt. "Die Vorbereitungen für den Stresstest der Zwischenlager verlaufen bislang eher unstressig und gemächlich", kritisiert die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl. Sie fordert strengere Kriterien als bei den Überprüfungen der Atomkraftwerke im vergangenen Jahr, bei der selbst die zuständige Reaktorsicherheitskommission über den Zeitdruck klagte.

Kritiker monierten damals, es habe keine eigenen Prüfungen durch die Experten gegeben, vielmehr mussten sie sich auf die Angaben der Kraftwerksbetreiber verlassen. Überprüft werden soll, wie sicher die Zwischenlager etwa bei Überschwemmungen, Erdbeben oder Explosionen sind. Auch Flugzeugabstürze sollen einbezogen werden.

Atommüll wird beispielsweise in Castorbehältern gelagert. Abgebrannte Brennelemente müssen zuvor monatelang in Abklingbecken aufbewahrt und ständig gekühlt werden, weil sie wegen restlicher atomarer Zerfallsprozesse immer noch viel Hitze erzeugen. Unabhängig vom Stresstest hat das Bundesumweltministerium bereits neue Sicherheitsauflagen für Zwischenlager erlassen, es geht vor allem um Schutz vor Terrorangriffen.

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4 Kommentare

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  • SR
    Stefan Räbiger

    Wer glaubt denn noch ein Wort das zur Atomkraft von unserer derzeitigen Regierung ausgesprochen wird? Da muß man schon sehr politikgläubig sein. Das ganze Umstiegs- Ausstiegsscenario ist doch nur Vernebelung. Ich warte auf die Wende der Wende in der Energiepolitik. Frau Merkel und Konsorten genießen es doch die Menschen an der Nase herumzuführen, das ist auch das Einzige was die gut können, neben dem die Schäfchen ins Trockene bringen. Da wird dem Bürger ein ganz mieses Theaterstück vorgespielt.

    Der Technologiewahn und die Fortschrittsgläubigkeit sind die neuen Götzen, aber bitte nicht vergessen Glauben ist Währung des Selbstbetruges.

    Das soll nicht ausschliessen das wir Technologien entwickeln und nutzen, aber bitte mit etwas mehr kritischer Vernunft.

  • RW
    Roman W

    Stress würde die Gefahr einer Überbelastung herauf beschwören. Von daher lässt man Szenarien, wie einen Flugzeugabsturz, lieber außen vor. Das Blöde dabei ist, daß Stresstestsviel Geld kosten und das die Erfahrung zeigt, daß die Ergebnisse bereits feststehen.

  • V
    vic

    Um zu prüfen, ob AKW oder sogenannte Zwischenlager vor Überschwemmungen, Erdbeben,Explosionen und Flugzeugabstürzen gefeit sind, müssen sie Überschwemmungen, Erdbeben,Explosionen und Flugzeugabstürzen ausgesetzt werden. Danach weiß man`s dann.

  • A
    achojo

    Den Titel "Der 'unstressige' Stresstest" hätten sie sich sparen können. Wann war ein Stresstest jemals stressig? Weder bei den Banken, noch bei den Kernkraftwerken noch bei Stuttgart 21.