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Offene Betriebssysteme bei MobilgerätenFreiheit für das Smartphone

Betriebssysteme für Smartphones sind selten freigegeben – Konzerne wie Apple oder Google halten sie unter Kontrolle. Nun präsentieren zwei Projekte offene Alternativen.

Auch vom Rechner abrufbar: Ubuntu für das Handy. Bild: Screenshot: Ubuntu.com

BERLIN taz | Wer sich heute ein Smartphone kauft, hat nur die Auswahl an unterschiedlich stark geschlossenen Plattformen: Apple kontrolliert sein iPhone am stärksten, Googles Android-Betriebssystem ist zwar grundsätzlich quelloffen, doch stehen wesentliche Teile dann doch unter dem Urheberrecht des Internet-Konzerns.

Microsofts Windows Phone 7 ist ebenso wenig freigegeben wie RIMs Blackberry OS. Nokias Symbian liegt zwar mittlerweile in Open-Source-Form vor, die jeder Programmierer verändern kann, gilt aber als veraltet. Zum Mobile World Congress (MWC), der derzeit im spanischen Barcelona tagt, haben nun zwei bekannte Open-Source-Projekte ihre Ideen zu diesem Thema vorgestellt – die eine als Anbau zu bestehenden Plattformen, die andere als ganz neues Modell.

Das Ubuntu-Projekt, dessen gleichnamige Desktop-Linux-Variante die unter Einsteigern beliebteste Windows-Alternative ist, setzt mit Ubuntu for Android auf die Erweiterung von Googles Mobilbetriebssystem. Das scheint sinnvoll, zumal die Plattform mittlerweile selbst Apples iOS beim Abverkauf schlägt. Die Idee: Neben dem Standard-Android soll künftig auch noch ein Ubuntu verfügbar sein, das aus einem Smartphone einen kleinen Desktop-Rechner macht. Dazu muss man das Gerät nur an einen Monitor anschließen – Bluetooth-Tastatur und Maus dazu, fertig.

Wie ein Prototyp, der auf dem MWC präsentiert wird, zeigt, geht das schon recht gut: Man kann das Smartphone so nutzen, wie man dies von einem PC-Ubuntu gewöhnt ist. Gleichzeitig erhält man Zugriff auf sein Android-Adressbuch, seinen Kalender und seine Kommunikationsmöglichkeiten – SMS werden ebenso angezeigt wie einlaufende Telefonate.

Ein integrierter Browser erlaubt das Surfen wie am PC, Videos werden mit dem Open-Source-Abspielprogramm VLC angezeigt. Ebenfalls verfügbar ist ein Fernsehmodus: Schließt man das Handy an ein LCD-TV an, kann man auf die Medieninhalte über eine vereinfachte Oberfläche „Ubuntu TV“ zugreifen, die große und gut sichtbare Symbole besitzt.

Die Voraussetzungen an die Hardware sind dabei relativ gering: Ein Doppelkernprozessor mit 1 GHz muss es sein, ebenso ein beschleunigter Grafikchip. Android 2.3 (Gingerbread) ist Grundlage. Derzeit ist noch unklar, wann Ubuntu for Android auf den Markt kommen wird – das Open-Source-Projekt diskutiert mit Herstellern, die die Technik direkt integrieren könnten.

Alternativ könnte das Ubuntu-Projekt die notwendige Software einfach ins Internet stellen, Interessierte benötigen dann zum Aufspielen ein mittels Bootloader-Unlock oder Rooting freigeschaltetes Android-Gerät. Ziel des Vorhabens ist es, dass Nutzer nur noch ein Gerät mit sich herumtragen müssen – ein Linux für überall.

Ein Browser als Betriebssystem

Einen etwas anderen Ansatz zeigt der Browser-Hersteller Mozilla auf dem MWC. Sein Projekt nennt sich Boot to Gecko (B2G) und soll eine Art offenes Web-Betriebssystem mit freiem Quellcode sein. Die Technik wird auf Smartphones laufen, die auch zu Android kompatibel sind - unter B2G steckt Linux. Das System bietet einen fortschrittlichen Browser, der auf der von Mozilla geschaffenen Technik „Gecko“ basiert.

Programmierer können dafür mit den üblichen Web-Programmiersprachen eigene Apps entwickeln, Mozilla selbst zeigt unter anderem eine Foto-Software. Mögliche Partner der neuen Plattform sind die Mobilfunkanbieter Telefonica O2 und T-Mobile, wie es am Montag auf dem MWC hieß. Telefonica will noch in diesem Jahr erste Geräte vorstellen. Alternativ könnte Mozilla B2G auch zur Eigeninstallation durch Nutzer freigeben.

Eine mögliche dritte Alternative kommt noch vom Computerkonzern HP. Der hatte die von Palm gekaufte Plattform WebOS kürzlich unter dem Namen „Enyo“ als freie Plattform im Quellcode veröffentlicht. Ob es dafür aber noch Geräte geben wird, ist unklar.

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5 Kommentare

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  • Z
    Zafolo

    Es gibt auch schon ein neues Maemo / MeeGo Handy, das Nokia N9. Wie Maemo basiert es auf Debian Linux, hinzugekommen ist eine weitere Unterstützung von Qt und eine sehr moderne Bedienoberfläche. Es ist eines der besten und schnellsten Handy, das man zur Zeit bekommen kann, und schlägt selbst Wettbewerber mit fetterer und stromhungrigerer Hardware. Dieses Handy wird von Nokia übrigens fast 50 % teurer verkauft als das hardwaremäßig fast gleiche neue Windows-Modell. Es verkauft sich aber insidern zufolge ebenso gut - obwohl es in Deutschland gar nicht beworben wird und nur bei Importeuren gekauft werden kann.

     

    Linux auf dem Handy wird auch nicht tot zu kriegen sein, egal wie oft man die Plattform umnebennt. Zusätzlich zu den ARM-basirten Telefonen gibt es ja auch noch Plattformen wie den Rasperry Pi, WLan-Router, NAS Geräte, für die vielfältige Netzwerk-Software zu haben ist. Auch Software, die für Desktop-Systeme geschrieben wurde, kann sehr nützlich sein. Zum Beispiel sind Programme wie Mercurial oder git sehr gut geeignet, um Adressbücher oder Notizen, die sich in verschiedenen Versionen auf verschiedenen Rechnern befinden, automatisch und verlustfrei zu synchronisieren,

  • B
    biowurst

    Das viel gelobte WebOS fehlt auch. Ursprünglich von Palm entwickelt, dann von HP verspielt, jetzt als Open WebOS auf dem Weg in eine Open Source-Zukunft. Und mit Sicherheit eines mit viel Potential. So schreibt beispielsweise der techblog engagdet.com immer noch wie sehr sie das Betriebssystem vermissen...

  • A
    Alex

    ... dem Artikel hätte eine Erwähnung von MeeGo gut getan. Denn das N900 von Nokia hat ein Offenes Betriebssystem. Und das seit 2009.

     

    Schade das der Artikel so oberflächlich ist.

     

    -alex

  • M
    Meeeeme

    Schade, dass man MeeGo nicht genannt hat, ebenfalls ein Unix/Linux Ableger. Dabei bietet dieses Handybetriebssystem so viel und auch großes Potential. Nokia wollte damit den Druchbruch schaffen hat sich aber am Ende an Microsoft verkauft...leider, denn damit gäbe es ein Open Source OS mehr. Also mehr Macht für den User. Übrigens haben viele namhafte Hersteller dieses Projekt unterstützt von AMD bis LG bis BMW und Telefonica. Naja vielleicht kommt ja der Erfolg unter dem Namen "Tizen".

    Bitte in Zukunft 10 Minuten mehr in so einen Artikel investieren und solche Dinge miterwähnen, dann kann man sich auch bereit erklären für einen Artikel zu bezahlen.

    Grüße Micha

  • M
    Martin

    Zur Ergänzung: CyanogenMod http://www.cyanogenmod.com/ ist ein weiteres freies, andorid-basiertes System.