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Die WahrheitHunde und Ich

Kolumne
von Bernd Gieseking

Ich bin eine Minderheit. Ich habe keinen Hund! Man ist ja nur noch ein halber, wenn nicht viertel Mensch ohne Hund. Hunde liegen im Trend. Männer sagen (...)

I ch bin eine Minderheit. Ich habe keinen Hund! Man ist ja nur noch ein halber, wenn nicht viertel Mensch ohne Hund. Hunde liegen im Trend. Männer sagen, weil das Tier Infarkten vorbeugt. Frauen finden sie „süß“. Und „Gassi gehen“ ist für Mensch wie Tier gesund, obwohl kaum noch jemand in einer „Gassi“ wohnt.

Mein Bruder, der im finnischen Lahti lebt, schrieb mir kürzlich eine Mail: „Du bist Onkel geworden …“ Wie? Ich war doch vor zwei Monate noch in Finnland, und meine Schwägerin war rank und schlank wie immer. Eine Frühgeburt? Ich öffnete die Mail: „… von einem haarigen Baby. This is Karloff!“ Womit der Filmgeschmack der beiden bekannt sein dürfte.

Karloff sieht klasse aus, gehorcht aber oft nicht. „Genau wie du“ – Zitat unsere Mutter. Karloff ist eine Mischung aus Staffordshire Terrier und Dalmatiner. Finnland kennt übrigens kein „Kampfhundeproblem“. Das Land ist so dünn besiedelt, dass sich selbst bisswillige Hunde anstrengen müssen, jemanden zu finden, den sie beißen können.

April und Mai sind übrigens die Monate, in denen man Finnland nicht besuchen sollte. Die Winter dort sind so hart, dass Hundehaufen als Eishockey-Pucks verwendet werden. Oder man lässt sie im Schnee liegen. Wenn im Frühjahr der Schnee taut, kommen sie zum Vorschein. Ein Spaziergang durch finnische Städte ist dann so gefährlich wie für Indiana Jones der Weg zum gesuchten Stein.

Es ist übrigens sehr eigenartig, mit einer Hundebesitzerin Hand in Hand zu gehen, nachdem sie gerade mit einer umgestülpten Plastiktüte einen Hundehaufen aufgenommen hat, den sie nun lässig in der freien Hand schlenkert wie Italienerinnen früher ihre Handtäschchen.

Ich bin selber mit Hunden aufgewachsen. Mein Opa hatte immer einen Dackel und einen Schäferhund, wenn einer der beiden starb, wurde er jeweils durch ein neues Tier derselben Rasse ersetzt. Damit niemand durcheinander kam, bekamen die Hunde auch jeweils die alten Namen. Der Schäferhund hieß immer Roland, der Dackel immer Waldi. Ich konnte noch kein „D“ sprechen und nannte ihn „Walli“. Meine Oma hieß entsprechend „Walli-Oma“, meinen andere Oma logischerweise „Ander-Oma“, da konnte ich aber scheinbar schon „Ds“ sprechen.

Als ich in Kassel studierte, hatte ich eine Freundin, Nicole. Sie hatte einen Pudel. Ernst Kahl möge mir vergeben. Er schuf den legendären Reim „Der schönste Hund im Rudel / das ist und bleibt der Pudel“. Aber mir, als Ostwestfale, mit Schäferhunden und Dackeln aufgewachsen, mir war das peinlich, wenn ich mit dem Pudel rausmusste. Ich mochte den Pudel so wenig wie meine Schwiegermutter mich.

Mein Freund Uli in Minden hat immer Hunde, Schnauzer meist. Der aktuelle heißt Bosse. Und wenn Uli fragt: „Wie machen die Mädchen in Hamburg?“, wirft sich Bosse auf den Rücken.

Das Leben mit Hunden ist toll. Deshalb haben alle Hunde. Außer mir. Ich bin weit und breit der Einzige, der keinen hat. Ich schlafe morgens lange aus und muss nicht noch mal am Abend Gassi gehen. Ich glaube, dass schützt auch vor Infarkten.

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2 Kommentare

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  • W
    Wols

    um jetzt hier nicht in ein beliebiges, zeugniss heischendes zitat-massaker zu verfallen, würde ich gerne anmerken, dass manche menschen, abhängig von ihrem waschzustand, auch von flöhen bewohnte organismen sind, die bellen....auch wenn es etwas anders klingt..

  • C
    Canetti

    Recht hamse, Herr Gieseking. »Der Hund ist ein von Flöhen bewohnter Organismus, der bellt«.

    (Leibniz, zit. nach Tucholsky, »Traktat über den Hund«.