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Rekordhoch beim BenzinpreisDie Suche nach den öligen Preistreibern

Wer ist Schuld an den teuren Spritpreisen? Der schwache Euro, die Spekulanten oder gar die Chinesen? Egal wer's war: Die Ölpreise werden wohl dauerhaft hoch bleiben.

Wem dankt man für den teuren Sprit? Bild: dpa

BERLIN taz | Aral, Esso und Shell geben dem Euro die Schuld für die hohen Benzinpreise. Öl wird in Dollar gehandelt. Und tatsächlich verteuert ein schwacher Euro die Importe. Dieses Argument verkennt jedoch, dass nicht nur Autofahrer in der Eurozone über die Rekordpreise klagen. Die ganze Welt ächzt. Bei der Frage nach weiteren Gründen gehen die Einschätzungen der Experten jedoch weit auseinander.

Leon Leschus, Rohstoffexperte des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), führt den hohen Benzinpreis auf die starke Nachfrage aus Fernost zurück. Der Verbrauch der Chinesen habe sich seit der Jahrtausendwende verdoppelt. Zudem würde die dortige Regierung die Benzinkosten massiv subventionieren. „Das führt zu Verschwendung“, so Leschus. Einen kurzfristigen Ausweg gibt es seiner Ansicht nach nicht. Die diskutierte Preisbremse kratze nur an der Oberfläche. „Wir müssen uns dauerhaft auf hohe Ölpreise einstellen.“ Er plädiert daher für Elektroautos und erneuerbare Energien.

Weg vom Öl will auch Bärbel Höhn, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Sie sieht den Hauptgrund für die steigenden Benzinpreise vor allem in der Preistreiberei der Mineralölkonzerne. In einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie stellte das Forschungsbüro Energy Comment fest, dass etwa bei Superbenzin 42 Prozent des Preisanstiegs unabhängig von Wechselkurs und Ölpreis seien.

Dies führe zu „höheren Margen in der Branche“ und damit „zu entsprechend höheren operativen Gewinnen“ für die Mineralölkonzerne, heißt es in der Studie. Höhn sieht in den Konzernen die „Profiteure und Krisengewinnler“. Diese würden die Ölpreissteigerung nutzen, um die Gewinne ihrer Raffinerien in die Höhe zu treiben.

„Völliger Unsinn“

Heiner Flassbeck, Chefökonom der UN-Entwicklungsorganisation Unctad, sieht die Wurzel allen Übels dagegen in den Finanzmärkten. Er bezieht sich auf eigene Untersuchungen, die ergaben, dass vor allem Hedgefondsmananger derzeit die Preise für Öl und Benzin in die Höhe treiben. Daher sei es „völliger Unsinn“, zu behaupten, die Chinesen seien schuld. Weltweit gebe es einen Rückgang der Industrieproduktion, der Konjunktur gehe die Luft aus und die Saudis pumpten die Märkte mit Öl voll. Dennoch stiegen die Preise.

Anders als HWWI-Rohstoffexperte Leschus gibt Flassbeck jedoch nicht den Notenbanken die Schuld. Eine Reihe von Ökonomen sehen einen direkten Zusammenhang zwischen der lockeren Geldpolitik und den hohen Benzinpreisen. In der Tat hat allein die Europäische Zentralbank (EZB) seit Dezember die Geschäftsbanken der Eurozone mit rund 1 Billion Euro zu einem Minizins von 1 Prozent geflutet. Die US-Notenbank Fed hat ihre Banken seit Beginn der Finanzkrise gar mit über 2 Billionen Dollar überschüttet. Dieses Geld würde an die Hedgefondsmanager fließen, die damit eifrig mit Rohstoffen und eben mit Öl und Benzin spekulierten.

Diesen Zusammenhang gebe es zwar, so Flassbeck, doch man könne dies nicht den Notenbanken zur Last legen. Schließlich sei es ihre Aufgabe, den Absturz der Konjunktur und Deflation zu verhindern. Flassbeck hält es vielmehr für einen Skandal, dass sich die „Irren“ auf den Finanzmärkten weiter austoben dürften. Ihnen müsse man das Handwerk legen.

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5 Kommentare

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  • E1
    Eva 1811

    Hier sollten endlich mal Taten folgen, anstatt hier ständige Ausreden oder gar Schönreden der hohen Spritpreise rechtzufertigen.

     

    Schon vergessen wer Geld ausgeben soll damit es der Wirtschaft gut geht?? Wir die Verbraucher/-innen!! Wie soll das gehen, wenn unser Auto zum Luxusgut verkommt - alles wird teuerer wenn die Spirtpreise expoldieren. Macht endlich Nägel mit Köpfen Bundeskartellamt oder das Modell Australien oder Österreich!

     

    Wir können nicht nur Autoexportweltmeister sein und damit erwirtschaften wir nicht unserer Bruttosozialprodukt - schon vergessen - das ist die Summe aller erwirtschafteten Dinge!!

  • UM
    Ulli Müller

    Wie habe ich heute schon richtig gelesen,

    So lange hier in der BRD der Ölpreis durch Steuergelder gestützt wird, wird sich weder an der Ölverschleuderung noch am Preis was ändern.

    Versuchen wir das ganze erst einmal ohne Pendlerpauschale!

  • S
    Steuern

    In Amerika kostet ein Liter ja inzwischen umgerechnet fast 75 Euro-Cent. Die Amerikaner schlagen die Häände über dem Kopf zusammen, ich frage mich wo der Aufschlag von ca. 125% bei unserem Spritpreis herkommt.

    Ach richtig das sind ja MehrwertSTEUER, Aufschläge, nochmal MineralölSTEUER und achja die ÖkoSTEUER.

    Dabei sollte man nicht vergessen, dass man beim ganzen auf die MineralölSTEUER auch noch einmal MehrwertSTEUER bezahlt. Also sind da STEUERN beSTEUERT.

    Was sich in dem zusammenhang recht passend auf beSTEUERT reimt kann sich ja jeder selbst zusammenreimen.

    Also immer dran denken wo die Kohle hauptsächlich hinfließt, und in dem Kontext dann die Heuchelei darin sehen wenn Politiker wegen hohen Spritpreisen über die Mineralölkonzerne schimpfen.

    Klar stecken sich die Ölmultis auch einiges in die Tasche, aber das macht nichteinmal die Hälfte des Spritpreises aus.

  • Z
    Zafolo

    So viel Leugnung ist schwer zu ertragen. Der primäre Grund für den Preisanstieg ist Peak Oil - die globale Ölförderung stagniert seit 2006 während die Nachfrage vor allem in Asien unaufhaltsam steigt. Alle Hoffnungen auf Entlastung ruhen auf Saudi-Arabien, aber niemand kennt die wirklichen Reserven.

     

    WikiLeaks Kabel hierzu: http://t.co/s0mZe1Pe

     

    Ein sekundärer aber kurzfristig sehr wirksamer Grund ist, dass die Mineralölkonzerne nicht so doof sind wie sie vorgeben, die zukünftigen weiteren starken Preissteigerungen einkalkulieren und deswegen im Westen Raffinerien schließen und sie z.T. in Asien wieder aufbauen.

     

    Es gibt weitere Faktoren. Einer ist die massive und höchst gefährliche Abhängigkeit der industriellen Landwirtschaft von fossilem Treibstoff, eine Rolle in der Erdöl nur ersetzbar wäre wenn man weltweit die Felder mit Leitungen elektrifiziert. Ein weiterer ist, dass der Arabische Frühling früher oder später dazu führen wird, dass das immer kostbarer werdende Öl im Interesse der dortigen Bevölkerungen nicht mehr volles Rohr exportiert wird. (Es sei denn die Zinseinkünfte aus Verkäufen steigen dramatisch, diesen Zusammenhang nennt man Hotelling's Rule.)

     

    Wenn jetzt die Solar- und EEG-Förderung gekürzt, die Pendlerpauschale erhöht wird, und demnächst sicherlich gewisse Vollpfosten die Abwrackprämie neu auflegen wollen, führt das nur dazu, dass die Abhängigkeit unserer Ökonomie vom Erdöl erhöht wird. Das ist nicht schlauer, als sich an ein schon sinkendes Schiff zu ketten.

     

    Wollen Leute wie Rösler eigentlich, das wir in Massen verrecken und sich die Menschheit einen intergalaktischen Darwin's Award verdient?

  • W
    Wolf

    Weltweiter Kampf gegen die Öl-Mullas und sofortiger

    weltweiter Ausfuhrstopp für Waren an die Öl-Länder.

     

    Verstaatlichung u.a. der Mineralölindustrieen.

    Der Staat darf keine Gewinne machen und das kommt den Verbrauchern zugute.

     

    Alle andere Politik, wie z.B. Österreich, Australien, etc. ist ein nicht zu gewinnender Kampf gegen die geldgierige Öl-Scheichpolitik und gegen die Mineralölindustrie.

     

    Für wie dumm halten uns eigendlich unsere Volksverarscher und das unnütze Kartellamt ??????