piwik no script img

Deutsche IslamkonferenzRadikale werden isoliert

Die Deutsche Islamkonferenz wendet sich gegen Salafismus. Der Innenminister präsentiert die Ergebnisse im Alleingang und wirkt, als wolle er sich einen neuen Eklat ersparen.

Kommentierte den Rückzug der Islamwissenschaftlerin Armina Omerika als „nur konsequent“: Innenminister Friedrich. Bild: dapd

BERLIN taz | Es war eine Premiere. Erstmals trat ein Innenminister bei einer Islamkonferenz nicht mit einem Teil des Plenums, sondern ganz allein vor die Presse, um ein Fazit des Treffens zu ziehen. Hans-Peter Friedrich (CSU) begründete diesen Schritt am Donnerstag am Ort der Tagung in Berlin damit, manche Teilnehmer hätten sich durch die Unterbrechung der Konferenz gestört gefühlt.

Darum habe er dieses Mal die Kaffeepause genutzt, um Zwischenergebnisse der Diskussion zu präsentieren. Doch der Verdacht liegt nahe, dass sich Friedrich einen weiteren Eklat ersparen wollte. Im vergangenen Jahr, als er zum ersten Mal das Gremium leitete, war er aufgrund seiner Äußerungen bei seinem Amtsantritt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, anschließend öffentlich mit mehreren Teilnehmern aneinander geraten.

Auch diesmal hatte es im Vorfeld der jährlich tagenden Islamkonferenz wieder Unmut gegeben. Die Islamwissenschaftlerin Armina Omerika verkündete sogar ihren Austritt aus dem Gremium: Friedrichs Umgang mit einer umstrittenen Muslim-Studie im März habe gezeigt, dass er den Dialog mit den Muslimen nicht ernst meine.

Der Bundesinnenminister kommentierte den Rückzug am Donnerstag kühl: Er sei „nur konsequent“, habe die Wissenschaftlerin doch schon an den letzten Sitzungen ihrer Gruppe nicht mehr teilgenommen. Überschattet wurde die Islamkonferenz in diesem Jahr durch die Debatte über jene Salafisten, die in deutschen Fußgängerzonen derzeit mehrere Millionen Gratis-Korane verteilen wollen.

Staatliche „Sicherheitspartnerschaft“

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte deshalb im Vorfeld gefordert, das Thema auf die Tagesordnung der Islamkonferenz zu setzen, und zu einem „Pakt gegen Salafisten“ angeregt. An seine Adresse gerichtet sagte Friedrich am Donnerstag, es gebe ja bereits die staatliche „Sicherheits-partnerschaft“ mit den Muslimen. Mit anderen Worten: Schünemanns Vorschlag sei überflüssig.

Friedrich räumte ein, er mache sich „große Sorgen“, wenn Salafisten versuchten, „mit ihrem Propagandanetzwerk junge Menschen für ihre Ziele zu gewinnen“. Die Konferenz sei sich einig, „dass salafistischer Extremismus nicht akzeptabel ist“, sagte er. Allerdings sei der Salafismus bei der Konferenz „immer schon ein Thema gewesen“ und von allen Teilnehmern klar verurteilt worden.

Man sei sich einig, dass sich der Anspruch der Salafisten nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei, betonte der Minister, und: „Religion darf nicht für ideologische Machtansprüche missbraucht werden.“ Friedrich stellte aber klar: „Radikale Salafisten sind unter Muslimen in Deutschland nicht mehrheitsfähig.“

Kauders Bemerkung

Unmittelbar vor der Konferenz sorgte Unions-Fraktionschef Volker Kauder für Aufsehen. „Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehört somit nicht zu Deutschland“, sage Kauder. Friedrich war spürbar bemüht, diese Bemerkung zu ignorieren. „Lassen Sie uns die Themen, die ausdiskutiert sind, nicht immer wieder neu aufwärmen“, sagte er dazu.

Auch Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, zeigte sich entspannt. „Jeder darf Schwachsinn erzählen in diesem Land. In der Demokratie ist das möglich“, kommentierte er Kauders Äußerung. Stattdessen kritisierte er Friedrich dafür, dass er die Ergebnisse der Konferenz diesmal im Alleingang vorstellte. „Wir erleben eine Verstaatlichung der Islamkonferenz“, sagte Kolat dazu.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • G
    Goldfalter

    Natürlich hat Volker Kauder recht: Auch wenn der einzelne Muslim zu Deutschland gehört (wenn der denn überhaupt dazugehören will), so gehört der Islam kulturgeschichtlich gesehen nicht zu Deutschland, auch wenn man uns dies vor allem von linker Seite immer wieder eintrichtern will. Überhaupt wird von linker Seite bei allem was den Islam betriftt gerne mit zweierlei Maß gemessen. Linke Frauen haben gegen "Seximus" gekämpft.

    Warum wird dann nichts gegen das Kopfttuch, mit dem schon kleine muslimische Mädchen auf eine Rolle festgelegt werden, Kritik geübt bzw. warum wird nicht versucht, gesetzlich dagegen etwas zu tun?

    Und: Nur Gewalt von rechts wird verurteilt, islamistische wird kaum thematisiert, obwohl diese in den meisten Ländern der Welt überwiegt.

    Das ist für mich ein Armutszeugnis für die eigene

    Courage.

  • D
    dude

    Warum eigentlich "Islamkonferenz"? Warum nicht "Religionskonferenz" ? Oder meinetwegen auch komplizierter: Konferenz zur interreligiösen Verständigung?

    Und warum ist häusliche Gewalt eigentlich ein Sachverhalt von dem sich nur Muslime distanzieren sollen? Ist das etwa ein ausschließlich muslimisches Problem? Hab' ich da was verpasst?

    Warum höre ich von diesen Konferenzen immer nur etwas von Extremisten und Salafisten und beispielsweise nichts von Projekten zur Begegnung oder gegenseitiger Aufklärung von chrsitlichen und muslimischen (und anderen) Glaubensrichtungen. Offene Moscheen für Christen? Offene Kirchen für Muslime? Das wäre sinnvoll, das wäre ein positives Signal an die Leute vor den Bildschirmen und vor der BILD-Zeitung.

    Stattdessen diskutiert man lieber alle Jahre wieder über ohnehin feststehende gesellschaftliche Tatsachen: "Gehört denn der Islam nun eigentlich zu Deutschland, oder nicht?!" (Bald werden sie wahrscheinlich fragen und darüber diskutieren, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist.) Das statistische Bundesamt weiß die Antwort. Aber die interessiert nicht. Lieber redet man immer weiter und immer wieder ausgrenzend von "uns" und "denen". Lieber schürt man weiter die Angst vor Kopftüchern und dem "Problemkind" Islam um mal wieder am rechten Rand auf Wählerfang zu gehen.

    Und dann, wenn aus der Angst wieder mal Hass geworden ist und aus Hass Gewalt, nimmt man die trauernden Angehörigen an die Hand, geht zusammen in die Kirche(!) und betet vor laufenden Kameras für mehr Toleranz und gegen das Böse in der Welt.

    Aber zum Glück gibt es ja dann bald bestimmt die nächste "Islamkonferenz".

  • J
    JimB

    Mittlerweile ist der Islam Teil der deutschen Kultur.

    Und er prägt die deutsche Kultur maßgeblich mit.Ob es einem nun passt oder nicht.

    Dadurch sind aber nunmal auch Begleiterscheingungen wie "Ehrenmorde"(lächerlicher Begriff) und eine neue Intoleranz gegen jüdische Mitbürger Teil der deutschen Kultur des 21 Jahrhunderts geworden.Ob es einem nun passt...oder nicht.

    Grüße

  • WS
    Wolfgang Schmidt

    Hehehe, wie geil - der Kauder-Clown hat wieder zugeschlagen!

    Der Mann ist doch immer für einen (Aus)Lacher gut.

     

    Irgendwie sollten ihm mal Soziologen oder Kulturanthropologen erklären, was "Tradition" und "Identität" ist.

    Sie sind vor allem eines: dynamisch.

    Sie verändern sich genauso, wie Gesellschaften und Geschichte sich verändert. Gott oder Alah sei Dank!

    Denn sonst würden wir Deutschen ja noch immer alle in bester Nazi-Stechschritt-Tradition durch die Gegend marschieren und rumkrakelen wie Herr Kauder.

     

    Grundsätzlich sehe ich persönlich die "Tradition" der BRD weder "christlich" noch "muslimisch" sondern vor allem "humanistisch". Die Macht der christlichen Kirchen ist mir auch noch immer viel zu groß in diesem Land. Außer in ihren vier Wänden beim gemeinsamen Feiern ihres Glaubens sollten Kirchen, egal welcher Religion, überhaupt keine Macht oder Einfluss haben. Besser wäre es für den Frieden weltweit.

     

    Und noch lächerlicher als Kauder's Spucke ist ja nun die Aktion mancher CDUler an ihren CDU-Ständen in den Fussgängerzonen als Gegengewicht zur Koran-Verteilung der Salafisten das Neue Testament zu verteilen.

    Witzig sind sie - diese ganzen Fundamentalisten egal welcher Religion.

    Großes Kino! Weitermachen so.

    Und dann, zum großen Show-Down, sollen sich bitte alle Fanatiker sportlich irgendwo treffen und sich gegenseitig beseitigen, damit der normale Bürger seine Ruhe vor dem ganzen Schwachsinn hat. :-)

  • FF
    Friedhelm Fetzer

    Mit starken Sprüchen kann man den Wahrheitsgehalt von Kauder Aussage "Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehört somit nicht zu Deutschland" nicht erschüttern. In großen Landstrichen - insbesondere den ländlichen - weiß der durchscnittlich Bürger doch gerade einmal, wie Islam geschrieben wird. Der Moslem von nebenan trinkt Bier und schaut täglich TV. Von daher ist genausogut der Buddhismus Teil unserer Kultur, den chinesische Restaurant sind zahlreich...

     

    Also Schluss damit: den Islam gibt es in Deutschland, aber in unseren Tradition ist nichts davon zu finden. Kauder hat Recht.

  • OW
    Oh wie bunt

    Wer zu uns gehört entscheidet nicht Kenan Kolat und nicht Herr Kauder. Offiziell entscheiden es die Medien, inoffiziel das Volk. Offiziell gehört der Islam zu Deutschland, inoffitziell wohl eher nicht. Das Volk wird nicht gefragt, deshalb werden dort die Extremisten immer stärker. Es kann sein, daß deshalb bald nicht radikale Muslime sondern radikale Antimuslime das größte Problem werden.Man muß schon die Augen ganz fest verschließen und die Multikultibrille aufsetzen um die Intoleranz oder gar furchtbaren Massaker nicht zu sehen die der Islam in der Welt verursacht. Würde man Moslems so behandeln wie sie Andersgläubige anderswo behandeln, dann gäbe es bei uns keine Moslems. Das ist Tatsache. Inoffiziell natürlich. Offiziell ist es Hetze.

  • K
    Knut

    Leider begreift unsere Politklasse nicht, dass es kein Islam ohne Scharia gibt. Aber vielleicht sollten die Herren und Damen Politiker mal in Länder fahren, wo Muslime die Mehrheit stellen. Dort kann man dann sehen, wie tolerant der Islam (die Scharia) gegenüber Homosexuellen, Dieben, Andersgläubigen und Frauen ist, die Ehebruch begangen haben.

    Weiter frag ich mich, warum oft nach den Freitagsgebeten in muslimischen Ländern die Gewalt explodiert. Wird dort Frieden und Toleranz gepredigt?

  • HH
    Hergen Hillen

    Die öffentliche Empörung der politischen Mandatsträger über ein paar Salafisten ist einmal mehr von viel Heuchelei gekennzeichnet. Kein Wort davon, wer die Geldgeber der Aktion sind. Immerhin sollen 25 Mio. Exemplare verteilt werden. Wenn es darum geht, schmutzige Wirtschaftsbeziehungen und Rüstungsgeschäfte mit Saudiarabien zu tätigen, wird nicht darüber gesprochen, dass dieses Land das radikalste muslimische Land überhaupt ist, ein frühmittelalterliches Rechtssystem pflegt, Frauen unterdrückt, Presse- und Meinungsfreiheit nicht zulässt und selbst Geldgeber für fundamentalistische Gruppen in aller Welt ist. Man möchte fast darum wetten, dass die Geldgeber aus Saudiarabien kommen.

  • D
    Dagegen

    Ich bin gegen Religionsfreiheit. Religionen und ihre verrückten Anhänger haben bisher nur Leid und Gewalt in der Welt verbreitet. Sei es Scientology, das Christentum oder Ismlam. Sowohl alte, als auch neue Religionen... immer nur machtgeilheit, verantwortung für seine Sünden abgeben und Gründe finden sich gegenseitig den Kopp einzuschlagen.

  • N
    Niederbayer

    wieso?... er hat doch recht, in unserer 1000 jährigen geschichte gehörte der islam noch nie zu unserer kultur. Wieso darf man heute nicht mehr sagen was tatsache ist?