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Schwedisches ÖkodesignLangsame Mode einer Alltagsheldin

Matilda Wendelboe hat die weltweit erste Kleiderkollektion designt, die gänzlich wiederverwendbar oder kompostierbar ist. Nur ein Detail widersetzt sich noch.

Ein T-Shirt aus der aktuellen Kollektion aus dem kompostierbaren Material Tencel. Bild: www.matiladawendelboe.se

Menschen sind die einzigen Wesen auf der Erde, die Müll produzieren“, sagt Matilda Wendelboe: „Und ich möchte dazu beitragen, dass das aufhört.“ Sie hat die weltweit erste Kleiderkollektion designt, die gänzlich wiederanwendbar oder kompostierbar ist. „Cradle-to-Cradle“ (C2C) heißt das von dem deutschen Chemiker Michael Braungart und dem US-Architekten William McDonough entwickelte Konzept einer Kreislaufwirtschaft „von der Wiege zur Wiege“. Das hat Wendelboe auf ihre Kollektion übertragen, die sie in Stockholm und über das Internet verkauft.

„Schöne Sachen, mit denen man sich in jeder Hinsicht gut fühlen kann“, möchte die 39-jährige Schwedin anbieten. Zunächst hatte sie von ihren Eltern ein „normales“ Modeunternehmen übernommen und mehrere Jahre geführt. Ein Anlass, sich für das C2C-Konzept zu interessieren, sei das Gespräch mit ihrer 6-jährigen Patentochter über Mensch und Natur gewesen, bei dem diese konstatierte: „Es wäre wohl besser, wenn ich nicht leben würde.“ Gegen solche Hoffnungslosigkeit wolle sie etwas tun: „Wir müssen auf solche Weise leben, dass wir von Anfang an alles richtig machen.“

Eine Detektivarbeit sei es gewesen, giftfreie, wiederverwendbare und kompostierbare Materialien zu finden. Mit dem Nebeneffekt, dass sich mittlerweile mit dem „Cradle Net“ eine NGO gebildet hat, über die alle Interessierten Informationen und Kontakte austauschen. Etwa die Hälfte von Wendelboes „MW“-Kollektion besteht aus Materialien wie Seide, Wolle, Leinen, die recycelbar sind.

Der Rest, beispielsweise Stoffe aus Tencel – hergestellt aus Holzzellulose – oder Wendelboes Favorit Hanf, können direkt auf den Kompost, wenn sie abgetragen sind. Weil sie so designt seien, dass man sie recht vielseitig verwenden könne – „sie können den Schwankungen des Lebens und der Stimmung folgen“, sagt die kürzlich mit einem Preis als „Alltagsheldin“ geehrte Wendelboe –, verlängere sich die Lebenszeit ihrer „slow fashion“.

Die Kollektion der Modedesignerin ist ein Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften, das die schwedische Regierung auf der vom 23.–25. April stattfindenden „Stockholm +40“-Konferenz präsentierte, die an UNCHE, die erste UN-Weltumweltkonferenz 1972 in Stockholm, erinnern soll. Wendelboe hat vor diesem Forum noch ein Anliegen: ob denn jemand etwas von einem umweltverträglichen Reißverschluss gehört habe.

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1 Kommentar

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  • M
    Martin

    Ganz kurz zur Erinnerung: diese dünnen labberigen Tüten von Edeka können nicht kompostiert werden, weil es viel zu lange dauert, bis sie verrotten; stattdessen landen sie in einer Müllverbrennungsanlage.

    Aus meiner Sicht das nur ein Marketing-Gag.

     

    Ich habe übrigens als kleines Kind die Lederhose meines Großvaters aufgetragen, ein Naturprodukt, regional hergestellt, und statt Reißverschluss gabs Hosenträger und Knöpfe.