Kommentar Joghurt: Unfairer Joghurt
Heute schon auf ihren Joghurt-Becher geguckt? Wenn da „erster gentechnikfreier Fruchtjoghurt“ drauf steht, handelt es sich um unfaire Werbung.
E igentlich hat die Molkerei Bauer etwas Richtiges gemacht. Sie hat beschlossen, einen Joghurt als gentechnikfrei zertifizieren zu lassen, sie hat die Produktionskette durchforstet, mit Landwirten verhandelt, die nun ihre Kühe mit sauberem Futter versorgen müssen. Das bedeutet mehrere hundert potenzielle Abnehmer von Gentechnik-Getreide weniger. Gemessen an den Mengen, die in der Tierhaltung verfüttert werden, ist das nicht viel, aber ein Anfang.
Wie es weitergeht, ist weniger gut. Mit dem „ersten gentechnikfreien Fruchtjoghurt Deutschlands“ wirbt das Unternehmen. Auch wenn das juristisch wenig angreifbar sein mag – den Verbraucher täuscht es trotzdem. Schuld daran ist auch der Wust an Siegeln.
Alleine von denen, die Waren aus ökologischem Anbau kennzeichnen, gibt es diverse. Welcher Supermarktkunde hat schon im Kopf, ob ein zusätzliches Logo, das eine Produktion „ohne Gentechnik“ anzeigt, nun bedeutet, dass alle anderen Waren gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten – oder enthalten könnten? Daher ist die Werbung von Bauer unfair. Denn sie nutzt genau dieses Wissensdefizit der Verbraucher aus – und setzt darauf, dass der verunsicherte Käufer, der keine Gentechnik im Joghurt haben will, eben zum Bauer-Produkt greift.
ist Redakteurin des Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz.
Eine Lösung wäre einfach: Nicht, wer seine Produkte ohne gentechnisch veränderte Bestandteile produziert, sollte sich um einen Nachweis bemühen, Geld und Zeit investieren müssen und sich schließlich ein Siegel auf seine Verpackungen kleben können; wer Gentechnik verwendet, muss das kennzeichnen.
Das würde nicht nur alle entlasten, die sauber produzieren. Es würde den Verbrauchern, die, wie zahlreiche Umfragen zeigen, Gentechnik mehrheitlich ablehnen, deutlich machen, was wirklich in den Produkten drin ist. Und Lebensmittel mit dem Hinweis „mit Gentechnik hergestellt“ dürften wohl schnell aus den Regalen verschwinden.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen