Kommentar Obamas Wahlkampf: Obama setzt auf „Vorwärts“
Obamas Slogan wurde früher von Karl Marx und Sozialdemokraten benutzt. In den USA erscheint er aktueller den je – denn der Graben zwischen Arm und Reich ist groß.
F our years later, Barack Obama fährt im Wahlkampf erneut zu kämpferischer Höchstleistung auf. Das gilt für die Form seiner Reden (klar und witzig) und Kleidung (hemdsärmelig und krawattenlos). Für die Wahl seiner Themen (soziale Gerechtigkeit, Kriege beenden, Gleichbehandlung und Emanzipation). Und für seinen neuen Slogan. Nachdem er 2008 mit „Hope“ und „Change“ – mit Hoffnung und Veränderung – gewonnen hat, versucht Obama es jetzt mit „Forward“.
Richtig gelesen! Ausgerechnet in den USA, wo „sozialistisch“ wie ein Schimpfwort klingt, macht Obama Werbung mit „Vorwärts“. Mit einem Wort, das vor ihm Karl Marx und die Sozialdemokraten als Slogan verwendet haben.
Die Wortwahl ist nur auf den ersten Blick überraschend. Doch in dem Kontext der USA, wo ein obszön tiefer Graben die Niedrigverdienenden von den KrisengewinnlerInnen trennt, gibt das Wort Sinn. Obama greift mit „Forward“ das Leitmotiv jener DemonstrantInnen auf, die im vergangenen Herbst quer durch die USA öffentliche Plätze besetzt haben. Ihnen zwinkert er mit „Forward“ zu. Doch das allein würde den Slogan nicht wahlkampftauglich machen.
ist USA-Korrespondentin der taz.
Für US-WählerInnen sind europäische Geschichten extrem weit weg. Bei deren Wahlentscheidung spielen sie deshalb keine Rolle. Doch für die meisten von ihnen hat das Wort „Forward“ einen eigenen, anderen Klang. Und der ist dynamisch, erinnert an sportliche Ereignisse und ist zugleich eine verbale Geste, die in die Zukunft weist.
Genau darin liegt das hohe Risiko des Slogans für Obama. Die RepublikanerInnen haben das sofort erkannt. Kaum war der Slogan in Umlauf, haben sie in einem eigenen Video darauf geantwortet. Darin entleeren sie den Begriff „Forward“ jeder historischen und ideologischen Bedeutung und verkehren den Slogan in sein Gegenteil. Ihre Botschaft: Mit Obama gehen die USA „rückwärts“ – zu mehr Arbeitslosigkeit und mehr Schulden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!