TARIFPOLITIK : Es rappelt an der Küste
Die IG Metall steht unter Zeitdruck: Es geht um 6,5 Prozent mehr Lohn. Und um mehr Mitsprache bei der Leiharbeit - das ist das Problem bei den Tarifverhandlungen.
BREMEN taz | „Jetzt rappelt’s an der Küste“ stand auf einem der Transparente, mit denen Metall-Arbeitnehmer aus mehr als 23 Betrieben am Donnerstag in verschiedenen Demonstrationszügen sternförmig zum Bremer Marktplatz zogen. Rund 3.500 Arbeiter nahmen schließlich an der zentralen Kundgebung teil. Fast 10.000 Arbeiter hätten sich in Bremen an dem Warnstreik beteiligt, berichtete der IG Metall-Bevollmächtigte Volker Stahmann zufrieden. Im ganzen Tarifgebiet waren es nach Angaben der IG Metall mehr als 33.000.
Bei dem größten privaten Bremer Arbeitgeber, Daimler, war pünktlich um null Uhr von der Nachtschicht die Arbeit niedergelegt worden. Daimler-Arbeiter der Frühschicht, die auf der Kundgebung waren, berichteten, dass sich bis auf Aufräumarbeitern in dem Werk nichts bewege. Sogar die Telefonzentrale war am Nachmittag nicht mehr besetzt.
Auch beim Pumpenhersteller Gestra standen alle Räder still. Delegationen von Airbus, dem Autozulieferer Fauretia oder zum Beispiel von dem Yacht- und Rüstungs-Schiffbauer Lürssen waren dabei und machten kräftig von den Pfeifen Gebrauch, die die IG Metall verteilt hatte.
„Ihr seid laut, ihr seid stark, ihr seid viele“, machte Stahmann den Versammelten Mut, „die Arbeitgeber brauchen den Druck.“ Denn bei der vierten Verhandlungsrunde der IG Metall Küste mit den Metall-Arbeitgebern, die in Bremen stattgefunden hatte, sei „nichts herausgekommen“. Statt der geforderten 6,7 Prozent Lohnerhöhung hatten die Arbeitgeber 2,57 angeboten, die Forderung nach garantierter Übernahme der Auszubildenden hatten sie abgelehnt, und statt „mehr Mitsprache bei Leiharbeit“ wollten die Arbeitgeber die bisherige Befristung von Leiharbeit von 18 Monaten auf drei Jahre ausdehnen und die Bedingungen ausweiten, unter denen Leiharbeiter angeheuert werden können.
Leiharbeit verletze die „Würde der Arbeit“ und spalte die Belegschaften, erklärte Stahmann. Ein Vertreter der Azubis erklärte, viele der Auszubildenden, die nicht übernommen werden, kämen als Leiharbeiter wieder – mit geringeren Löhnen und unsicherer Zukunft. „Wir wollen nicht in der Leiharbeit versauern“, erklärte er auf der Kundgebung.
Man habe die Krise gemeinsam durchgestanden und Zugeständnisse gemacht, erinnerte die Betriebsratsvorsitzende von Gestra, inzwischen würden wieder gute Gewinne ausgeschüttet, an denen die Arbeitnehmer beteiligt sein wollten: „Jetzt ist Zahltag.“
In der Krise waren die Stammbelegschaften auch mit Kurzarbeit davongekommen, weil die Unternehmen zunächst die Leiharbeiter abbestellt hatten. Allein in Bremen „sparen“ die Arbeitgeber bei 12.000 Leiharbeitern pro Monat rund 18 Millionen Euro, rechnete Stahmann vor – das bedeute nicht nur geringere Löhne, sondern auch geringere Renten und geringere Steuern.
Auch wenn traditionell der Durchbruch bei Metall-Tarifverhandlungen in Baden-Württemberg gesucht wird, drängen die Nordlichter der IG Metall auf Tempo, weil sich ein möglicher Arbeitskampf nicht in die Sommerferien hineinziehen darf. Sollte es bis zum 15. Mai kein verhandelbares Angebot der Arbeitgeber geben, will die Tarifkommission der IG Metall die Vorbereitungen für eine Urabstimmung einleiten.
Vertreter der Arbeitgeber hatten schon vor Wochen am Rande einer Bremer Verhandlungsrunde erklärt, die Lohnforderung sei nicht das entscheidende Hindernis für eine Einigung, sondern die Forderung nach mehr Mitbestimmung bei der Leiharbeit.
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