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Ukrainische Autorin über Feminismus„Wir werden noch russisch dominiert“

Die ukrainische Schriftstellerin Oksana Sabuschko im Gespräch über die postkoloniale Ukraine, die Nacktproteste der Femen-Aktivistinnen und die Fußball-EM.

„Ihr Protest beschränkt sich darauf, ihre Brüste zu zeigen.“ – Sabuschko über Femen. Bild: reuters
Interview von Katharina Granzin

sonntaz: Frau Sabuschko, Sie sprechen in Ihrem Essayband viel vom postkolonialen Status der Ukraine. Passt das Konzept des Postkolonialismus wirklich auf die Situation der Gesellschaften in Osteuropa?

Oksana Sabuschko: Absolut! In vielerlei Hinsicht, ökonomisch und kulturell, werden wir immer noch russisch dominiert. Wenn Sie in Kiew in einen beliebigen Buchladen gehen, werden Sie feststellen, dass bis zu 80 Prozent der verkauften Bücher auf Russisch sind und von russischen Verlagen stammen.

Aber ein großer Teil der ukrainischen Bevölkerung hat ja immerhin Russisch als Muttersprache?

Oh nein! Viele Leute mögen Russisch sprechen, aber sie sprechen ja kein „richtiges“ Russisch, sondern ein ukrainisiertes! Die Russen in Russland lachen nur über dieses Russisch. Das ist eine ganz andere Sprache!

Wie war Ihre eigene sprachliche Sozialisation? Ist das Ukrainische Ihre erste Sprache gewesen?

Das Russische habe ich sogar erst als Drittsprache in der Schule gelernt. Meine zweite Sprache war Polnisch. Eine meiner Großmütter stammt aus Polen, und meine Eltern fanden es richtig, mich auch in der polnischen Kultur zu erziehen. Die Bindungen zwischen der polnischen und der ukrainischen Kultur sind sehr eng. Kiew war früher eine überwiegend polnische Stadt.

taz
Im Interview: 

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Das Konzept des Kolonialismus prägt auch Ihren ersten Roman, „Feldstudien über ukrainischen Sex“, der 1996 großes Aufsehen erregte. Kann man verkürzt sagen, dass dieses Buch auf der These aufbaute, der ukrainische Mann unterdrücke die ukrainische Frau, weil er selbst vom Russen unterdrückt werde? Und hätte eine solche These heute noch Gültigkeit?

Was das Buch unter anderem zu so einem Skandal machte, war ja, dass es so explizit davon handelt, welche überwältigende Rolle das Ringen um die Macht in einer Beziehung annehmen kann. Dass es feministisch gelesen worden ist, war gar nicht unbedingt meine Absicht.

Sie würden sich aber schon als feministische Autorin betrachten?

Ich weiß nicht, auch wenn ich als Person Feministin bin. Als Schriftstellerin interessiert mich sicherlich die weibliche Seite besonders, da es für die Literatur hier einen ganzen Kontinent zu entdecken gibt. Über Jahrhunderte ist die Literatur vom männlichen Blick geprägt worden. Auch wir Frauen haben uns mit den Männern in der Literatur identifiziert. Wenn ich „Hamlet“ auf der Bühne sehe, identifiziere ich mich mit Hamlet, nicht mit Ophelia.

Aber ich habe einen Band mit Erzählungen herausgebracht, „Schwester, Schwester“ hieße er übersetzt – auf Deutsch gibt es das Buch nicht. Alle Geschichten darin handeln von Beziehungen zwischen Frauen, Frauenfreundschaften. Und ich bekomme dazu auch Post von jungen Männern, die mir schreiben, diese oder jene Erzählung handle von ihnen selbst, und die sich mit den weiblichen Charakteren identifizieren. Die neue Generation ukrainischer Männer ist anders. Es gibt heutzutage junge Väter, die ihr Baby in einem Tuch mit sich herumtragen. Mein Herz geht auf, wenn ich so etwas sehe!

Oksana Sabuschko

Wissenschaftlerin: geb. 1960 in Luzk, Ukraine. Promovierte an der Universität Kiew. War Gastprofessorin an den US-Universitäten Pennsylvania State, Pittsburgh und Harvard.

Romane: Mit ihrem ersten Roman „Feldstudien über ukrainischen Sex“ (1996; deutsch 2006), wurde sie zu einem konstanten Stachel im Fleisch der robust patriarchalischen Nation. 2010 folgte ihr Monumentalroman „Museum der vergessenen Geheimnisse“ (2010).

Essays: Gerade ist „Planet Wermut“ herausgekommen, eine Aus- wahl Ihrer Gesellschaftskritiken. Die deutschen Erstveröffentlichungen ihrer Bücher erscheinen im österreichischen Droschl Verlag.

Ihr großer Roman „Museum der vergessenen Geheimnisse“ handelt auch vom geheimen Wissen der Frauen. Sie schildern ein Spiel, das nur von Mädchen tradiert wird und bei dem kleine Schätze, geschützt unter einem Spiegel oder einer Glasscheibe, in der Erde vergraben werden.

Oh, sogar dazu melden Männer sich zu Wort! Es gibt Internetforen, in denen genau diese Stellen im Roman diskutiert werden, und viele ihre eigenen Kindheitserfahrungen beisteuern. Dabei stellt sich heraus, dass auch manche Männer dieses Spiel gespielt haben.

Ich hatte mich gefragt, ob dieses Spiel nur eine literarische Metapher ist?

Keineswegs! Und es wird nicht nur in der Ukraine gespielt. In Polen, Russland und den baltischen Staaten gibt es das auch. Oder gab es. Es verschwindet wohl allmählich.

Ist es wirklich aus der Nachahmung der Erwachsenen entstanden? Aus der realen Notwendigkeit heraus, die Ikonen vor den Kommunisten zu verstecken?

Nein, das nicht. Das habe ich erfunden.

Ein anderes recht erstaunliches Detail in „Museum der vergessenen Geheimnisse“ ist eine Fernseh-Castingshow, die allein zu dem Zweck ins Leben gerufen wird, attraktive Frauen für den Sexhandel mit dem Westen zu akquirieren. Ist das auch erfunden oder hat es einen realen Hintergrund?

Im Nachwort zu diesem Roman steht, dass die auftretenden Personen fiktiv sind. Doch alles, was im Roman geschieht, ist auch in Wirklichkeit passiert. Ich habe einmal eine Gruppe westlicher Journalisten getroffen, die, mit „Museum der vergessenen Geheimnisse“ als Reiseführer, eine Tour durch die Ukraine gemacht haben. Unter anderem wurden sie vom Ministerpräsidenten empfangen. Eine junge Frau war dabei, die mir gesagt hatte, sie verstehe nicht, warum es in meinem Roman so viel um Sex gehen müsse.

Dann kamen sie in das Büro des Ministerpräsidenten, und sie sah, wie die weiblichen Angestellten dort herumlaufen: stark geschminkt, auf Highheels und in eng anliegender Kleidung. Danach sagte sie zu mir: Nun weiß ich, was Sie meinen! Ich versuche dieses System auch in der Hauptperson des Romans zu beschreiben. Daryna ist eine erfolgreiche Fernsehjournalistin, aber sie hätte diese Karriere nicht machen können, hätte sie nicht sexuelle Beziehungen mit den richtigen Männern gehabt.

Wann und wie wurden Sie selbst zur Feministin?

Das ist eine persönliche Entwicklung. Irgendwann liest man Virginia Woolf und beginnt das auf sich zu beziehen, dann liest man mehr und macht sich so seine eigenen Gedanken. Ich war da schon Ende zwanzig.

Kennen Sie eigentlich die Aktivistinnen der Oben-ohne-Protestgruppe „Femen“?

Ich habe meine Schwierigkeiten mit ihnen. Im Prinzip ist das, was sie tun, eine der ältesten Formen feministischen Protests. Aber so, wie sie es tun, schlägt es möglicherweise ins Gegenteil dessen um, was sie wollen. Oder was manche von ihnen vielleicht wollen.

Was meinen Sie damit?

Es ist sehr eigenartig, wie wenig sie zu sagen haben. Ihr Protest beschränkt sich darauf, ihre Brüste zu zeigen. Aber nur eine von ihnen, Alexandra Schewtschenko, ist in der Lage, sich öffentlich auch verbal zu äußern. Es ist jetzt nicht leicht, das zu formulieren. Und ich spekuliere ins Blaue hinein, wenn ich mich darüber wundere, wie einfach es für diese jungen, attraktiven Frauen zu sein scheint, Visa zu bekommen, um zum Beispiel, wie kürzlich, vor der Villa von Dominique Strauss-Kahn zu demonstrieren. Oder vor dem Papst. Was soll das? Was ist die politische Botschaft dabei? Was die Welt sieht, sind hübsche junge Ukrainerinnen, die ihre nackten Brüste in die internationalen Fernsehkameras halten.

Sie meinen, diese Auftritte sind so etwas wie kostenlose Werbespots für das ukrainische Sexbusiness?

Es ist natürlich unmöglich zu beweisen, dass Methode dahinter steckt. Aber es macht misstrauisch. Im großen Ganzen sind die patriarchalen Strukturen in der Ukraine ungebrochen. Und dazu gehört es, es als normal zu betrachten, dass Frauen sexuell verfügbar sind. Ausländische Besucher, die in ein ukrainisches Hotel einchecken, bekommen mit der Anmeldung standardmäßig die Karte eines Sex-Escort-Service zugesteckt. Natürlich steht nur „Escort-Service“ auf der Karte.

Bald wird in der Ukraine die Europameisterschaft ausgetragen. In einem Essay beschreiben Sie ein Länderspiel, bei dem die Ukraine in Unterzahl gegen ihren Gegner gewonnen hat, weil die Fans so inbrünstig die Nationalhymne sangen. Was für ein Nationalismus drückt sich hier über den Fußball aus?

Diese Szene im Stadion kursiert auf YouTube. Ich verstehe von Fußball wenig. Aber als Künstlerin interessiere ich mich für Emotionen. Und die Gefühle, die man im Stadion entwickelt, sind kollektive Emotionen, so wie ich sie auch 2004 während der orangenen Revolution gespürt habe, als wir alle auf dem Maidan demonstriert haben und skandierten: Jusch-tschen-ko, Jusch-tschen-ko! Ich habe schon damals nicht wirklich an ihn geglaubt. Und dieses Hoffen auf eine einzige Person ist natürlich sowieso Unsinn. Aber es kann eine großartige Erfahrung sein, sich als Teil einer Menge zu fühlen. Als Teil einer positiv geladenen Masse. Das ist es, was auch der Fußball einem geben kann.

Spielen in der Ukraine auch Frauen Fußball?

Wahrscheinlich nicht viele. Es gibt weibliche Fans. Aber das sind in erster Linie die Freundinnen der männlichen Fans. Fußball ist ein Männerding.

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12 Kommentare

 / 
  • L
    ldk

    Es wurde bisher richtig darauf hingewiesen, dass der Großteil der Ukraine russisch spricht, otf besser als Ukrainisch. Dennoch widerspricht das dem Argument des postkolonialismus nicht, im Gegenteil: in afrikanischen Staaten oder in Südamerika sind auch die ehemaligen Kolonialsprachen Lingua Franca und viele Teile der Bevölkerung nehmen dies auch so hin. Oft wurden lokale SPrachen fast komplett ausgerottet. Fr. Sabushko weist somit auf die Unterdrückung des Ukrainischen hin, dies führt leider oft dazu, ganze russischsprechende Bevölkerungsteile auszuschließen. Andererseits ist es verständlich, dass sie mehr Publikationen in ukrainischer Sprache fordert, da sie darin eben die russische Dominanz erblickt. Auch der Hinweis auf Kiev als polnische Stadt dient vor allem dazu, dem Vorurteil zu wiedersprechen, die Ukraine sei schon immer von Russland geprägt gewesen und somit mit Russland gleichzusetzen. Schließlich wird Kiev in russischen Schulbüchern als "die Mutter der russischen Städte" bezeichnet und die gesamte Geschichte des Kiever Rus als rein russische Geschichte dargestellt.

  • DM
    daniel m. porcedda

    @ Christian:

    Viele russische Klassiker sind ins Ukrainische übersetzt worden und gehören zum großen Teil zur Pflichtlektüre in ukrainischen Schulen.

    Die Übersetzungen sollen allerdings suboptimal sein, sagen hiesige Literaturliebhaber. Vieles wäre entstellend und würde den Reiz der Lektüre schmälern. Eine Bekannte von mir, Sprachwissenschaftlerin und außerhalb jeglichen Verdachtes, ukrainophob zu sein, hat eine Menge der Klassiker in beiden Sprachen gelesen, nicht bloß beruflich bedingt.

    Der ökonomische Ansatz, den Sie in Ihrem Kommentar andeuteten, ergibt sich hier allerdings eher nicht. Der hiesiege Büchermarkt ist nicht mit dem z.B. in der EU vergleichbar. Die Gesetzmäßigkeiten im Buchhandel sind hier anderes geartet. Aber das ist ein anderes Thema :-)

  • HD
    Hajdy Do Bajdy

    ulla

     

    Russland ist ein Imperium. Die Ukrainer sind eine Nation. Wenn sie "charascho" sagen können, welches vom ukrainischen "choroscho" kommt, dann kann der Kreml schon Anspruch auf Sie erheben :)

     

    Es ist natürlich schwierig neutral ranzugehen, wenn man das Märchen von der russischen Geschichtsschreibung ließt, dass immer von der "Verteidigung" der russischen Erde spricht. Ist irgendwie eine Variante des US-Kampfes gegen die Indianer.

     

    Um die ukrainische Nation zu vernichten, wurden in der Ukraine Massenmorde verübt. In der Sowjetunion wurden ungefähr 30 Millionen Ukrainer vernichtet, nur darum, weil sie Ukrainer waren.

     

    Zwar wurde das Russland im 17 Jahrhunder nach dem Muster des Armeestaates Preussen aufgebaut, jedoch kommt Moskovien-Russland vom Mongolen-Tatarensturm. Die Goldene Horde. Moskau wurde dann Sitz dieser Horde und von dort wurden die Steuern für die Chane in der Ukraine eingetrieben.

    Der Mongolen-Tatarensturm hat sich in der Ukraine zerrieben. Wegen dem Kampf gegen die Tataren hat der ukrainische Fürst Danylo vom Vatikan die Königskrone bekommen.

     

    Nach dem Mongolensturm vereinten sich vereinzelte ukrainische Länder wieder unter mit den Litauer Fürsten. In dieser Union war die Amtssprache das Altukrainische, wo es noch gar keine russische Sprache gab, sondern es gab nur ein Moskovien, welches aus einem Außenposten des ukrainischen Staates Rus' hervorging. Diese Litauische-Ukrainische-Weißrussische Union wurde dann mit Polen erweitert. In Polen und Ungarn nahmen dann die Jesuiten Einfluss und nach dem 30 jährigen Glaubenskrieg wurden dann der orthodoxe Adel katholisiert, welches zur Teilung der Ukraine führte. Die damalige Katholisierung bedeutete auch, dass aus dem ukrainischen Adel Polen wurden und dass damalige Großpolen heute nur als polnischer Staat ausgelegt wird. Jedoch gerade durch den damaligen ukrainischen Einfluss ist auch die polnische Literatursprache entstanden.

     

    Gerade die Aufgabe der damaligen tatarischen Horde war es, um das europäische kulturzentrum Kyjiv zu vernichten. Tatarisch oder der Mongolensturm darf man hier nicht ethnisch verstehen, es handelt sich hier um Folgen der Islamisierung der Seitenstraße.

     

    Sie sehen, wenn man nicht ideologisch vorgeht, sondern die Geschichte den Historikern überlässt. :)

  • U
    ulla

    Bei allem Verständnis dafür, dass ukrainischen Nationalisten jedes Argument recht ist, um den Unterschied zwischen dem eigenen Land und Russland zu betonen, ist das "ukrainische Russisch" weit davon entfernt, eine eigene Sprache zu sein. Die Aussprache und Satzmelodie mögen sich unterscheiden sich in kleinen Nuancen, jedoch sind diese Unterschiede wesentlich geringer, als z.B. zwischen Hochdeutsch und deutschen Dialekten.

     

    Dagegen gibt es innerhalb der russischen Föderation genug Menschen, die Russisch wirklich holprig und mit starkem Akzent sprechen, z.B. ältere Tataren oder Tschuktschen vom Land.

     

    Interessant ist jedoch die Aussage über barbrüstigen Lieblinge der deutschen Medien. Es ist doch sehr seltsam, dass Visa und Reisekosten keine Rolle zu spielen scheinen. Wäre doch ein spannendes Thema für diese Zeitung.

  • B
    Benz

    Selbstverständlich ist die ukr. Republik russisch dominiert, die ukr. Republik IST ja Russland.

     

    Ebensogut könnte man sich über die ''deutsche Dominierung'' in der ehem. DDR aufregen. Oder über die ''italienische Dominierung'' Siziliens.

  • M
    Micha

    Warum gehen bei der taz eigentlich osteuropäische Nationalisten und Nationalistinnen unhinterfragt als progressiv, feministisch und links durch?

     

    Völlig daneben.

  • HD
    Hajdy Do Bajdy

    Zum Gespräch sag ich mal nichts, jedoch ist es schon ein Witz, wenn die TAZ den Nachnahmen der Schriftstellerin (Wie bei der FAZ, die sogar Tymoschenko als Russisches "Timoschenko" druckt) ins Lateinische als "Sabuschko" wiedergibt. Dies kann man nicht mit der Aussprache Börlin vergleichen, welches eher angenehm klingt.

     

    Es ist praktisch die Vortsetzung der Politik der Russifizierung. Zwar kann man nicht bestreiten, dass die deutsche Sprache Amerikanismen unterliegt, dies hat jedoch andere Gründe, obwohl es in der Erscheinungsvielfalt durchaus Überschneidungen geben kann. Wenn man es tiefer sieht, dann ersetzen dien Anglizismen das Latinische, welches man im Deutschen als eine Art höhere Bildung verstehen kann.

     

    Der Nachname der Schriftstellerin kommt von Забужко. Dies beinhaltet 2 stimmhafte laute. Das "З" wird als "Z" und das "Ж" wird als "ZH" wiedergegeben. Der nichtstimmhafte Gegenpart ist "S" und "Tsch".

     

    Zwar gebraucht man in der russischen Sprache die kyrillische Schrift, jedoch entspricht die Aussprache nicht der kyrillischen Schreibweise. In der russischen Sprache werden alle stimmhafte (dzvinki)Laute als nichtstimmhafte (hluchi)ausgesprochen.

     

    Die kyrillische Schrift zeichnet sich eben daher aus, dass sie stimmhafte und nicht stimmhafte Laute klar unterscheidet. Dies ist sehr wichtig für die Wortbedeutung, also Ethymologie. Zwar wird gesagt, dass die kyrillische Schrift vom Griechischen stammt, jedoch kann man das Kyrillische von der früheren Hlaholytsja/Hlaholyza ableiten, welches oft auch nach dem späteren Kirchenslawisch als "Glagoliza" ausgesprochen wird. Diese hat Verbindungen zu der summerischen Schrift. Die latinische Schrift kommt von Katargo aus Afrika. Die Wandalen sind jedoch von Europa (ung. Schwarzen Meer) eingewandert. Es gibt Quellen, dass man auf der Krim schon im 1 Jahrhundert nach Christus ins Slawische übersetzt hat, obwohl das Kyrillische erst von Kyrill stammen soll.

     

    Das deutsche Wort für Russland kommt von dem ukrainischen Eigennamen Rus', Russ. Russland ansich kommt aus dem Griechischen Stammwort Ros, also Rosland.

  • B
    broadlane

    Ich möchte auf keinen Fall bestreiten, dass die Ukraine von Russland politisch beeinflusst wird, dennoch finde ich, dass die Ausführungen von Frau Sabuschko einen nationalistisch geprägten Hintergrund haben.

     

    Das Beispiel mit den 80% russischsprachiger Bücher in den Buchhandlungen von Kiew zeigt auf jeden Fall die Realität, wird aber ziemlich primitiv, mit einem Beigeschmack von persönlicher Abneigung gegenüber russischer Sprache, kommentiert. Denn die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung beherrscht die russische Sprache. Die ukrainisch-sprachigen Bücher werden aus den Buchhandlungen nicht rausgeworfen, die haben nur nicht dieselbe Popularität und nicht das selbe Angebot. Es läuft nach den Gesetzen der freien Marktwirtschaft.

     

    Dass Russisch der Ukrainer_innen "eine ganz andere Sprache" ist, ist totaler Unfug! Denn nicht die Sprache ist "anders", sondern die Aussprache! Eine Schriftstellerin hätte das wissen sollen. Außerdem, wer spricht schon in Russland "richtiges" Russisch und was ist unter dem "richtigen" Russisch zu verstehen?

     

    "Kiew war früher eine überwiegend polnische Stadt." Wann? Während der Kiewer-Rus? Oder während der Sowjetzeit? Oder im 6. Jahrhundert? Dies ähnelt stark einem typischen Nazispruch: "Pommern war früher ein überwiegend deutsches Territorium". Man greift einfach irgendein Datum heraus, das einer oder einem gerade passt und versucht damit die nationale Zugehörigkeit zu begründen. Einfach Peinlich!

     

    Die ukrainische Sprache hat unter Sowjetherrschaft stark gelitten, deshalb muss sie gefördert werden. Die national-populistischen Ansichten sind hier kontraproduktiv und fehl am Platz!

  • C
    Christian

    Was die Sprache angeht, habt ihr euch von der Dame einen Bären aufbinden lassen. Bis auf die Lemberger Gegend ist Russisch eine ligua franca. Im Alltag spricht man eben das, was man zuhause. Und dass in Kiew 80% der Bücher auf Russisch zu kaufen sind: in der Hauptstadt ist Russisch eben sehr weit verbreitet. Und was will die Frau eigentlich? Dass russische Bücher ins Ukrainische übersetzt werden?. Dabei entstünden doch unnötige Kosten. Die ukrainische Intelligenzija spricht fließend Russisch und ukrainische Verlage können dadurch auch Leser in der ganzen GUS erreichen

  • B
    Benz

    Selbstverständlich ist die ukr. Republik russisch dominiert, die ukr. Republik IST ja Russland.

     

    Ebensogut könnte man sich über die ''deutsche Dominierung'' in der ehem. DDR aufregen. Oder über die ''italienische Dominierung'' Siziliens.

  • D
    d.m.porcedda

    Das Sprachenproblem in der Ukraine ist vielfältiger als aus diesem Interview hervorgeht.

    Sicher sprechen und schreiben viele Menschen ein unzureichendes Russisch. In Deutschland aber stehen auch viele mit Hochdeutsch auf Kriegsfuß, wo sich immer mal wieder linguistisches Lokalkolorit einschleicht.

    Was allerdings die Schriftstellerin Sabuschko unerwähnt läßt: Die wenigsten in der Ukraine beherrschen Ukrainisch einwandfrei. Seitdem Ukrainisch in den Schulen als Hauptsprache eingeführt wurde, tun sich viele junge Menschen sehr schwer. Zu Hause wird oft ausschließlich Russisch gesprochen. Und in der Schule wird fehlerhaftes Ukrainisch gelehrt, da fähiges Lehrpersonal fehlt.

    Die meisten Ukrainischlehrkräfte waren vorher Russischlehrer und mussten sich in einem Schnellkurs Ukrainisch aneignen. Deren Sprachkenntnisse sind ganz oft auf unzureichendem Niveau.

    Das Resultat ist eine aufwachsende Generation die, wie die vorherige auch zwar nicht immer über ausgeprägte Russischkenntnisse verfügt (die aber nicht so schlecht sind, wie die Schriftstellerin es uns glauben machen möchte), aber jetzt auch noch schlechtes Ukrainisch lernen muß.

    Russifiziertes Ukrainisch und ukrainisiertes Russisch, dazu noch die verschiedenen sprachlichen Ausprägungen aus den diversen Regionen der Ukraine, ergeben eine oft humorvolle Kommunikation. Und trotzdem: Die Menschen in der Ukraine verstehen sich.

  • G
    gender

    Frau Sabuschko betrachtet sich also als Feministin und trifft die Aussage: "Fussball ist ein Männerding". Und Kochen ist ein Frauending, nicht wahr? Meiner Ansicht die völlige Selbstdisqualifikation und schon selber Opfer der gesellschaftlichen Geschlechter- und Rollenzuweisung.