Entscheidung beim Giro d’Italia: Der Preis der Globalisierung

Der Kanadier Ryder Hesjedal gewinnt überraschend den Giro d'Italia. Die Gastgeber versagen. Erst zum vierten Mal steht kein Italiener auf dem Podium.

Rosige Aussichten: Als erster Kanadier gewinnt Ryder Hesjedal den Giro d'Italia. : reuters

MAILAND taz | Mit seinem Sieg bei der Italienrundfahrt hat der Kanadier Ryder Hesjedal zugleich auch für den ersten großen Rundfahrtsieg der Ahornblattnation gesorgt. Er zog dank eines sechsten Platzes im abschließenden Zeitfahren dem Spanier Joaquim Rodriguez noch das rosa Trikot aus. Der Belgier Thomas De Gendt komplettierte als Dritter ein durchweg ausländisches Podium. Trost für die Gastgeber spendete lediglich Zeitfahrspezialist Marco Pinotti mit seinem Sieg auf dem wegen Verkehrsproblemen leicht verkürzten Abschlussparcours.

Zwei fröhliche Männer, einen bedingt zufriedenen und ein eher traurig gestimmtes Publikum bescherte der Giro d’Italia an seinem Abschiedstag. „Ich bin überwältigt. Ich möchte meinem Team für die hervorragende Arbeit danken“, erklärte der überraschende Gesamtsieger Ryder Hesjedal. Er war vom ersten Moment des Zeitfahrens von Mailand auf Siegeskurs. Bereits zur Hälfte hatte er den Rückstand von 31 Sekunden auf Rodriguez egalisiert und baute Kilometer für Kilometer seine Führung aus.

„Noch im Hubschrauber sitzend, der uns vom Stilfser Joch herunterbrachte, wusste ich, dass ich eine gute Karte auszuspielen hatte“, zeigte Hesjedal sich nur mäßig überrascht von seinem Erfolg. Er begründete ihn mit „kontinuierlichem Wachstum in den letzten Jahren“. Hesjedal, 2010 Gesamtsiebter der Tour de France, war tatsächlich der konstanteste Fahrer im Peloton. Er gewann zwar – abgesehen vom Sieg im Teamzeitfahren durch seine Garmin-Barracuda- Truppe – keine einzelne Etappe.

Bei allen Zeitfahrherausforderungen war er jedoch der Beste der Top-10-Fahrer. Und auch in den Bergen ließ er sich kaum abhängen. Lediglich Rodriguez holte zwei Mal einige Sekunden auf den langen Kanadier heraus, zuletzt bei der vorletzten Etappe auf dem Stilfser Joch am Samstag.

Rückstand mit energischem Bergsprint verkürzt

Das war der Tag des Thomas Gendt. Der Belgier, der im Trentino wohnt und im Training schon mehrere Dutzend Male die Pässe abgefahren war, schob sich mit einem Parforceritt an seinem „Hausberg“ zwischenzeitlich sogar aus dem Niemandsland des Klassements in eine hervorragende Position für den Kampf um Rosa.

Doch Rodriguez und Hesjedal verkürzten mit einem energischen Bergsprint den Rückstand von über fünf Minuten auf dreieinhalb. Mit einem fünften Platz im Zeitfahren verdrängte De Gendt immerhin Titelverteidiger Michele Scarponi vom untersten Podestplatz. Der große Geschlagene war indes Rodriguez. Der Katusha-Kapitän war mit zwei Etappensiegen und neun Tagen in Rosa die Führungsfigur des Rennens. „Es ist schwer, so zu verlieren. Ich wusste zwar, dass es ein Wunder brauchte, um im Zeitfahren gegen Hesjedal bestehen zu können. Aber auch er musste Risiken eingehen. Bis zum letzten Moment habe ich auf den Erfolg gehofft“, meinte er.

Für Unmut bei Publikum und einheimischen Medien sorgte, dass kein Italiener aufs Podium kam. Das hatte es in der über 100-jährigen Geschichte des Rennens nur viermal gegeben, zuletzt 1995. Besonders bitter stieß den Gastgebern auf, dass nur die zweite Garde aus dem Ausland den alternden einheimischen Helden die Grenzen aufzeigte. Dies ist ein Preis der Globalisierung.

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