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Fusion der AutoherstellerVW findet das Steuerschlupfloch

Volkswagen kann endlich mit Porsche verschmelzen. Den Finanzbehörden entgehen bei dem Deal jedoch 1,5 Milliarden Euro an Steuern.

Strukturieren sich neu und sparen dabei jede Menge Geld: VW und Porsche. Bild: dapd

BERLIN taz | Er gilt als einer der mächtigsten und reichsten Automanager der Welt: Damit sich daran auch nichts ändert, haben Hausjuristen und Berater jetzt für VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Großaktionär Ferdinand Piëch ein Schlupfloch in der Steuergesetzgebung ausfindig gemacht.

Bislang behinderten milliardenschwere Steuerzahlungen den seit drei Jahren verfolgten Zusammenschluss von Volkswagen und Porsche. Das ist nun Vergangenheit.

Laut dpa und Wirtschaftswoche haben der Wolfsburger Konzern und die Porsche-Muttergesellschaft Porsche SE einen Weg gefunden, auf dem das Sportwagengeschäft der Schwaben komplett unter das VW-Dach kommt – und zwar ohne dass ein einziger Cent Steuen gezahlt werden muss. Die Konzerne sparen so etwa 1,5 Milliarden Euro. Bereits im August soll Vollzug gemeldet werden.

Piëchs Pläne sind verblüffend simpel. Die bereits verbandelten Unternehmen sorgen dafür, dass VW das Sportwagengeschäft der Porsche AG komplett übernimmt und der Dachgesellschaft Porsche SE dafür neben einer Milliardensumme auch noch exakt eine VW-Stammaktie gibt. Folge des Deals: Laut einer Lücke im Umwandlungssteuergesetz gilt die Aktion nicht mehr als Verkauf, sondern als Umstrukturierung – wo kein Verkauf ist, fallen keine Steuern mehr an.

VW und Porsche haben die Jubelbotschaft bereits rechtsverbindlich von den Finanzbehörden in Wolfsburg und Stuttgart bestätigt bekommen. „Entsprechend der Zielsetzung des Umwandlungssteuergesetzes können daher aus Sicht der Unternehmen steuerliche Belastungen vermieden werden“, heißt es in einem Schreiben an die Autobauer.

„Es hat ein Geschmäckle“

Die Politik reagierte verschnupft: „Es ist natürlich hoch ärgerlich, dass durch eine solche Gesetzeslücke dem Staat und damit allen Steuerbürgern Milliardensummen verloren gehen“, sagte Baden-Württembergs Oppositionsführer Peter Hauk (CDU).

Eine mit den Firmeninterna bei VW und Porsche vertraute Person bestätigte der dpa: „Das ist grenzwertig und für eine außenstehende Person auch sicherlich schwer nachzuvollziehen. Es hat ein Geschmäckle. Aber für jemanden, der die Details kennt, hat es das nicht. Es ist legal.“

Die Porsche-Dachgesellschaft SE hält die Mehrheit der VW-Stammaktien. Das Sportwagengeschäft der Porsche AG ist infolge des früheren Übernahmekampfs der heutigen Partner geteilt, wobei Porsche eine hauchdünne Mehrheit hat. Für den Kauf der knappen Hälfte der Aktien hatte VW Ende 2009 rund 3,9 Milliarden Euro gezahlt. Die verbleibende andere Hälfte kostet heute etwa 4,5 Milliarden Euro, da Porsches Wert inzwischen gestiegen ist.

Der ursprüngliche Plan einer kompletten Fusion von VW AG und Porsche SE war 2009 wegen Prozessrisiken der Dachgesellschaft SE gescheitert. Volkswagen verbuchte 2011 unterm Strich 15,8 Milliarden Euro Gewinn, die Porsche AG erzielte 1,46 Milliarden Euro Überschuss. (mit dpa)

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10 Kommentare

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  • A
    Anno

    Ach hätte ich doch damals in der Steuerrechtsvorlesung besser aufgepasst......

  • S
    scheipant

    wenn keiner mehr das gesetz versteht, das gesetz aber die (gesellschaftliche) grundlage dafür ist, recht zu bekommen, was wird dann aus dem rechtsstaat?

  • S
    Steuern

    Machen wir mal die Gegenprobe: Ich treffe jmd. auf der Straße und sage ihm das mir 50% von dem Geld in seiner Tasche gehört und das nenne ich "Steuer". Und Wenn derjeniger mir (berechtigterweise) einen auf die Nase gibt gehe ich zum nächsten Polizisten und beschwere mich darüber das dieser jemand mir meine Steuzer nicht gezahlt hat..

    Was passiert eigentlich bei VW und Porsche?

    Hier wird kein Mehrwert geschaffen, es wird lediglich eine neue Gesellschaft aufgebaut und die Marke Porsche in den Konzern der Familie Porsche (==VW) eingegliedert.

    Jetzt kommt der Staat der sich wie der Dieb vorher einen Teil heraus nehmen möchte. Für mich ist das die Definition von Raub und dieser wurde lediglich von diesem Konzern verhindert.

  • JK
    Juergen K.

    WAHR ist,

    dass jeder der knapp 100 Mio Bundesbürger mit 15 Euro dabei ist.

     

    UNWAHR ist,

    dass jeder der knapp 100 Mio Bundesbürger soviele Aktien in VW besitzt,

     

    dass er 15 Euro Dividende bekommt.

     

    Kein Rettungsschirm - Euro Regen.

  • H
    Horst

    Na, wer kauft den nächsten VW-Neuwagen?! Reinschieben die Kohle, aber fix!

  • JB
    Jochen Berger

    Hahaha!!! So wirds gemacht und allen Steuerzahlern der Mittelfinger gezeigt! Und Piech holt sich dafür einen weitere Millionenbonus ab! Manchmal ist es nicht leicht dafür noch Verständnis aufzubringen!

  • C
    chrisfre

    Das hätte wohl doch im Vorfeld korrigiert werden können, wenn

    Wirtschaft und Politik nicht zum Selbstbedienungsladen der jeweilgen Klientel verkommen, ja wohl schon: verbündet wären!

     

    Wessen Interessen stecken hinter welchen Deals? Wen und wie

    hoch sponsort VW?

     

    Herr Schäuble hätte solch eine kleine Korrektur anbringen

    KÖNNEN

  • B
    Bitbändiger

    Wir wollen - zugunsten von VW und Porsche - nicht verkennen: Der eigentliche Skandal liegt ggfs. darin, dass diese Steuerspar-Finte LEGAL ist.

     

    "Legal" und "rechtmäßig" sind aber bekanntlich nicht dasselbe. Und als ehrlicher (nicht nur zwangsweise, sondern auch aus Überzeugung) Steuerzahler stelle ich fest: Jeder, der Steuern hinterzieht oder unrechtmäßig "einspart", hat seine "cleveren" Fingerchen nicht etwa im Portemonnaie irgendeines Finanzministers, sondern in MEINEM. Einem Taschendieb, den ich dabei erwische, kann ich physisch auf die Finger hauen. Einem Konzern, der mich beklaut, leider nicht - aber ich kann zumindest seine Produkte meiden und auf möglichst viele Gleichgesinnte hoffen.

     

    Es gibt andere Hersteller, die mindestens gleich gute Autos bauen.

  • Z
    Zeus35

    Soso, Gesetzeslücke, Steuerschlupfloch. Drei Jahre hat es gedauert diese simple Methode zu finden?

    Kam der Tip etwa aus den Reihen der besorgten Politiker?

     

    1,5 Milliarden Euro Steuern verloren, es ist halt einfacher den Niedriglöhner und Aufstocker um seine Kilometerpauschale zu bescheißen als auf die Geschenke der Lobbyisten zu verzichten.

  • RC
    robin c. sherwood

    Es ist soweit: Die Steuerlust wird endgültig zum Steuerfrust. Es reicht!

    Ich werde nie wieder auch nur einen Cent Steuern zahlen, und zwar solange, wie solche Machenschaften nicht ausgemerzt sind.