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Vermögensberater über Eurokrise„Raus aus den Geldwerten“

Aktien, Immobilien und Gold empfiehlt Max Otte in der Krise. Der Vermögensberater verrät, warum ein Tipp in der taz keinen Markt bewegen kann und er zu wenig Steuern zahlt.

Ob das auch ein Spartip von Max Otte ist? Bild: complize / photocase.com

taz: Herr Otte, Sie sind Bestsellerautor und Vermögensberater. Wie viel Millionen Euro verwalten Sie gerade?

Max Otte: Etwa 250 Millionen Euro werden durch mein Wort und meine Methode in irgendeiner Art mitbewegt.

Wie sieht Ihre Methode aus?

Ich folge dem Reinheitsgebot. Als Anlageobjekte empfehle ich nur Anleihen, Aktien, Bargeld und Gold. Von Derivaten rate ich dringend ab.

Das klingt sehr konventionell.

Es ist konventionell! Früher hat jede anständige Sparkasse diese Strategie verfolgt. Aber inzwischen dürfen die Finanzberater das gar nicht mehr. Sie müssen die Produkte ihrer Zentrale vertreiben, die extra komplex gestaltet sind, damit sie hohe Gebühren abwerfen.

dpa
Max Otte

47, hat in Princeton promoviert. Er ist Professor an der Universität Graz und zudem Vermögensverwalter. Bekannt wurde er mit dem Bestseller „Der Crash kommt“.

Sie verdienen also eher schlecht?

Unsere Gebühren liegt bei etwa ein Prozent des verwalteten Vermögens. Das würde den meisten Banken nicht reichen.

Macht trotzdem eine Rendite von 2,5 Millionen im Jahr.

Das ist nur der Umsatz, bitte schön. Ich habe zwanzig Arbeitsplätze geschaffen.

Wie viel bleibt also bei Ihnen hängen?

Ich verdiene nicht so gut wie ein DAX-Vorstand. Also deutlich unter einer Million. Aber deutlich über 100.000 Euro.

Wie viel Steuern zahlen Sie?

Die große Ratlosigkeit

Die Eurokrise verunsichert die Deutschen. Viele fürchten eine Inflation. Nur noch 32 Prozent vertrauen dem Euro, wie eine Umfrage im Juni ergab. 31 Prozent stehen der Gemeinschaftswährung skeptisch gegenüber, der Rest ist unentschieden. Also flüchten sich viele in Immobilien: In nur einem Jahr haben sich die Eigentumswohnungen in der Stadt München um 13,61 Prozent verteuert.

Offenbar werden die meisten Anleger tätig, ohne vorher einen Ratgeber zu lesen. Wie den Daten von Mediacontrol zu entnehmen ist, sank die verkaufte Auflage im Segment „Geld/Bank/Börse“ zwischen 2007 und 2011 um die Hälfte – auf 88.584 Bücher im vergangenen Jahr. (uh)

Zu wenig. Da ich an den Beratungsfirmen beteiligt bin, handelt es sich um Kapitalerträge. Sie werden also pauschal mit 25 Prozent versteuert. Davon können normale Arbeitnehmer nur träumen. Jeder Durchschnittsverdiener hat einen höheren Grenzsteuersatz.

Sie wären also dafür, Kapitalerträge wieder wie Gehälter zu besteuern?

Unbedingt. Normales Einkommen muss normal versteuert werden.

Dann müssten Sie aber den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlen.

Na und? Für ein gutes Leben würde es immer noch reichen. Es ist einfach ungerecht, dass Kapitaleinkünfte vom Staat subventioniert werden.

Zurück zu Ihrer Methode namens Reinheitsgebot: Was empfehlen Sie Ihren Kunden jetzt mitten in der Eurokrise?

Klar ist: Sachwerte schlagen Geldwerte. Man sollte also in Aktien und Immobilien investieren. Sie sind sicherer als Lebensversicherungen, Anleihen oder Termingelder.

Das sehen viele Sparer genau anders herum: Bei den Aktien schwanken ständig die Kurse – bei den Lebensversicherungen hat man wenigstens einen Garantiezins.

An der Oberfläche sehen die Geldwerte tatsächlich sicherer aus, weil der Nominalwert erhalten bleibt. Aber Sie haben das Insolvenz- und das Inflationsrisiko. Momentan liegen die Zinsen doch unter der Geldentwertung – so wird das Vermögen schleichend vernichtet. Das ist eine Bestrafung der Sparer. Damit werden nur die Banken subventioniert. Daher rate ich meinen Kunden: Raus aus dem Geldvermögen – rein in die Sachwerte. Ich empfehle gute Aktien, Immobilien, Gold.

Sind Immobilien nicht längst gefährlich? Inzwischen steigen die Preise so rasant, dass man fürchten muss, dass sich am Wohnungsmarkt eine neue Blase aufpumpt.

In den Immobilienmarkt muss man sich natürlich einarbeiten. Da sind viele Haie unterwegs. Und in München oder Wien sind die Wohnungen tatsächlich schon so teuer, dass man den Beginn einer Überhitzung erkennen kann.

Also doch keine Wohnung in München kaufen?

Jetzt ist es gerade noch an der Grenze. Man muss sich sehr genau die Substanz und die Mieterträge bei jedem einzelnen Objekt ansehen. Aber in 12 bis 18 Monaten ist es definitiv vorbei. Dann ist München zu teuer.

Was bleibt also noch?

Viele europäische Aktien kann man jetzt gut kaufen.

Welche denn?

Zum Beispiel die Vorzugsaktie von BMW. Dort haben Sie eine Dividendenrendite von 7,3 Prozent und ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 4,6. Das ist unschlagbar im Vergleich zu Immobilien. Da kommen Sie höchstens auf eine Mietrendite von 3 bis 4 Prozent, und der Kaufpreis liegt oft schon 20- bis 30-mal höher als die Mieteinnahmen. Eigentlich müsste sich jeder auf Aktien stürzen – aber stattdessen sind vor allem Immobilien beliebt.

Wie erklären Sie sich das?

Die Anleger sind eben irrational.

Als Tipp für den rationalen taz-Leser: Welche Aktien würden Sie noch empfehlen?

Empfehlen darf ich gar nichts. Das dürfen nur anerkannte „Finanzdienstleister“, die in festen Kundenbeziehungen stehen. Ich kann nur anregen.

Okay. Welche weiteren „Anregungen“ würden Sie aussprechen?

Salzgitter und Lufthansa. Beide Aktien sind so richtig am Boden. Völlig zu Unrecht. Aber eigentlich sind fast alle DAX-Titel attraktiv. Es ist doch Wahnsinn, dass die Amerikaner fleißig deutsche Aktien kaufen, während sich die Deutschen zurückhalten.

Momentan steht der DAX bei knapp 6.200 Punkten. Wo ist er in einem Jahr?

Das kann ich nicht sagen. Aber der faire Wert liegt bei mindestens 7.200 bis 7.500 Punkten.

Mitten in der Eurokrise?

Die deutsche Wirtschaft ist stark. Bei steigenden Umsätzen und steigenden Gewinnen könnte der DAX in zwei Jahren bei 8.000 stehen. Vor allem aber ist es völlig falsch, immer nur auf die kurzfristige Kursentwicklung zu starren. Der kluge Anleger hält seine Aktien für mindestens zehn Jahre. Es geht darum, langfristig vom Erfolg der Unternehmen zu profitieren und sich vor der Inflation zu schützen.

Derzeit ist die Inflation aber sehr niedrig.

Stimmt. Es bleibt ein Restrisiko, dass es zu einer Deflation kommt und die Preise flächendeckend fallen. Aber das ist nicht wahrscheinlich. Denn die Überschuldung vieler Staaten und Privathaushalte lässt sich nur lösen, wenn es zu einer leichten Inflation kommt. Wir brauchen eine Geldentwertung von etwa 4 Prozent pro Jahr, um die Schulden abzubauen.

Haben Sie keine Angst, Ihre guten Ratschläge öffentlich auszuplaudern? Vielleicht stürzen sich jetzt alle Leser auf BMW-Vorzugsaktien – bevor Ihre Kunden zugreifen können, die teuer für Ihre Tipps bezahlen.

Das Finanzvermögen der Deutschen beträgt 4,7 Billionen Euro. So groß sind der Einfluss der taz und meine Bekanntheit nicht, als dass wir so viel Vermögen bewegen könnten. Sogar der US-Starinvestor Warren Buffett muss feststellen, dass es meistens keinen Unterschied an den Börsen macht, welche Aktien er in seinen Berichten empfiehlt.

Ihre Grundannahme ist ja, dass man sein Vermögen auch in einer Krise retten kann. Aber geht das überhaupt? Können sich einzelne Individuen in Sicherheit bringen, wenn gleichzeitig die Mehrheit verliert?

Es ist natürlich mit politischen Gegenreaktionen zu rechnen. Ich sehe schon kommen, dass die Grundsteuer hochgefahren wird. Dort wird als nächstes abkassiert.

Um in Aktien und Immobilien zu investieren, muss man Geld haben. In Deutschland haben aber viele Leute gar kein Geld. Die reichsten 10 Prozent kontrollieren bereits 61 Prozent des Volksvermögens.

An die ungerechte Vermögens- und Einkommensverteilung traut sich ja noch nicht einmal die SPD ran! Ich würde erst mal den Mittelstandsbauch im Steuertarif abschmelzen, der die Normalverdiener belastet.

Das wird aber richtig teuer. Wie wollen Sie das finanzieren?

Ich hätte nichts dagegen, wenn der Spitzensteuersatz auf 50 bis 60 Prozent steigt. Das darf aber nicht nur für die Lohneinkommen gelten – sondern auch für die Kapitalerträge. Das Thema hatten wir ja schon. Außerdem könnte auch die Erbschaftsteuer richtig zugeschlagen. Wer 100 Millionen Euro erbt, bei dem kann man ruhig 90 Millionen wegbesteuern. Denn es ist ja leistungsloses Einkommen. Niemand hat sich seine Eltern ausgesucht.

Was sagen eigentlich Ihre Kunden, wenn Sie diese radikalen Vorschläge hören?

Radikal finde ich das nicht, sondern logisch. Aber meine Kunden interessieren sich sowieso mehr für meine Anlagetipps.

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6 Kommentare

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  • N
    Naja

    @Erwin Müller

     

    Der Soli von 5,5 Prozent bezieht sich auf die Ertragssteuer von 25 Prozent ...ergo 25*1,055= 26,375 Prozent insgesamt, wenn Sie nicht noch Kirchensteuerpflichtig sind.

    Ergo: Erst Denken dann Posten.

  • B
    Besser-Wissi

    Unfug! Der Soli wird auf die Kapitalertragssteuer erhoben. Insgesamt werden Kapitalerträge also mit 26,375% besteuert.

  • D
    Domenq

    Solange die Leute mit Geldzählen beschäftigt sind, ist "die Macht" sicher.

  • K
    Klaus

    Ich bin ein typischer Fall, 100% Gesellschafter einer GmbH mit 9 Mitarbeitern und gleichzeitig Geschäftsführer. Mein Einkommen ist der Gewinn der GmbH. Ein Gehalt zahle ich mir nicht, da der Gewinn schwankt und ich erst am Ende des Jahres weiss, was übrig bleibt. So kann ich sicherstellen, dass die Liquidität der GmbH reicht um die Mitarbeitergehälter pünklich zu zahlen. Viele Jahre habe ich sehr wenig Gewinn ausgeschüttet um das Geld für Investitionen und die betriebliche Stabilisierung im Betrieb zu lassen. Die GmbH muss ihren Gewinn versteuern. Die GmbH zahlt ca. 30 % Steuern. Nach Abzug dieser Steuern kann ich ausschütten und muss diese Ausschüttung nun mit 25% Kapitalertragssteuer plus Kirchensteuer plus Solidaritätszuschlag versteuern, also nochmals ca. 29% Steuern. Von meinen z.b. 100€ Gewinn kommt folgender Betrag auf meinem Konto an: 100 - 30% =70€ - 29%. = 49,70€. Das heißt über 50% wurden wegbesteuert. Dann müssen natürlich noch Krankenkasse, Rente, Pflege etc. gezahlt werden. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass mich solche populistischen Artikel ärgern, wo letztlich immer der Eindruck vermittelt werden soll dass andere besser wegkommen als man selbst und die Bevölkerung gegeneinander aufgestachelt wird. Wer zahlt denn sonnst noch soviel Steuern und zwar ab den ersten €. Wenn meine Firma 30000 € Gewinn macht kommen bei mir keine 15000 € an nach Wunsch des Interviewten dürfte ich dann nur noch 8400 € verdienen (bei 60% Kapitalertragssteuer). Ist dass die Gesellschaft, die ihnen vorschwebt? Das würde doch nur dazu führen das die großen Kapitalanleger ihre Aktivitäten ins Ausland verlegen, deutsche Unternehmen immer mehr übernommen werden und als Steuerzahler ganz wegfallen. Der Mittelstand wie meine Firma würde demotiviert aussteigen und ich würde mir einen ruhigen Job, wenn es den dann noch gibt suchen. Die Motivation zu gründen würde auch rapide sinken. Die ersten 5 Jahre hatte ich gar keinen Gewinn und vom ersparten gelebt, um den Betrieb aufzubauen. Sie können sich sicherlich vorstellen wie man sich freut wenn man dann seinen ersten anständigen Gewinn macht, und sich den Lohn der ersten Jahre ausschüttet. Bei mir waren dies satte 40000€ wovon ich dann 19000 und ein bisschen behalten durfte. Klasse was hab ich mich gefreut. Das sollen zuwenig Steuern sein?

  • W
    waswiesowarum

    Es gibt noch viele Vermögensarchitekten, die glauben, es geht ewig so weiter mit dem Turbokapitalismus. Karl Marx sitzt da oben auf seiner Wolke und lacht sich kaputt! Gut, mit dem 'edlen' Proletariat hat er sich gewaltig geirrt, mit dem Kapitalismus nicht. Der Mensch ist ein Gier-Tier.

     

    Den im Verhältnis zur Realwirtschaftskraft un-er-messlichen Schuldenberg von allein in Deutschland aktuell schon 2.000.000.000.042 Euro.... plus Zinsen und Zinseszinsen..... den soll nun eine alternde und prekär arm gesparte Gesellschaft abbauen, die jetzt schon krebst. Obwohl, trotz starker Wirtschaftsleistung, schon jetzt für wichtige kommunale und soziale Investitionen wie Bildung und Infrastruktur kein Geld mehr da ist, fast alle Kommunen verschuldet sind und eine verhängnisvolle Privatisierung die Missstände noch forciert, während eine wuchernde Finanzindustrie weiter ungebremst Summen an Steuergeldern verschlingt und vernichtet, die sich kein Mensch überhaupt mehr vorstellen kann.

    Diese Hoffnung dürfte so realistisch sein wie mit dem Fahrrad zum Mond. :-)

     

    Die deutsche Wirtschaft ist stark. Aber wie lange noch?

    Europa wird systematisch kaputtgespart. Wer profitiert davon? Wären die Südländer dem Euro ferngeblieben, wären sie heute kaum ärmer, eher besser gestellt. Davon dass sich reiche Oberschichten mit ihrer Milliardenbeute nun in Luxusrefugien zurückziehen und ihr Geld an den Börsen weiter "arbeiten" lassen, haben die Volkswirtschaften nichts.

     

    Die Frage ist, ob sich die Völker Europas das gefallen lassen, egal in welchem Land. Wenn es anfängt, dass der brave Deutsche richtig abgezockt und armgespart wird, das hart erarbeitete Lebenswerk von 'Vater' Staat schnöde enteignet, dann werden radikale Parteien und nationalistische Populisten sehr schnell auf über 20 % kommen... und mehr. Als Gegenreaktion im Ausland wäre ein wütender Boycott deutscher Produkte denkbar. Wie man in Weltstädten oder zuletzt in Detroit gesehen hat, könnten in der Rezession auch hier beste Lagen schnell verwahrlosen, und das auf lange Zeit. Patentrezepte gibt's nicht mehr. Aber, wie heisst es, die Hoffnung stirbt zuletzt.

  • EM
    Erwin Müller

    Meine Kapitalerträge werden mit 30,5% besteuert.

    Der Soli von 5,5% wird immer wieder gerne vergessen.