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Spaniens Auftritt bis zum FinaleDieser Weg sollte kein leichter sein

Die Gegner des großen EM-Favoriten haben dazugelernt: Italien, Kroatien und Portugal machte den Spaniern zu schaffen. Deren Dominanzfußball setzte sich aber durch. Vorerst.

Werden auch nicht jünger: Spaniens Torwart Casillas und Spielmacher Xavi. Noch reicht es aber für Europa. Bild: reuters

Die Ausgangslage

Die einzigen bedeutenden Abweichungen zum Weltmeisterteam von 2010: bei der spanischen Mannschaft fallen Stürmer David Villa und Kapitän Carles Puyol verletzt aus. Aber sie haben den Ball, das reicht ihnen, schreibt die taz in ihrer Teamvorstellung. Dafür repäsentiert die spanische Mannschaft ein Land, das in schweren Krise steckt. In der letzten EM-Woche beantragt Spanien Hilfen aus dem EU-Rettungsfonds. Die spanische Jugend „hasst die Politik und die Politiker“, sagt die Menschenrechtsaktivistin Natalia Guelfi. Ihre Altersgenossen in der Nationalmannschaft hingegen würden sich junge Spanier zum Vorbild nehmen: Sie seien ergolgreich, aber „bescheiden und solidarisch“.

Als Titelverteidiger und Weltmeister startet Spanien naturgemäß als größter Favorit ins Turnier. Und alle Mannschaften, die Ambitionen auf den Titel haben, wissen, dass sie früher oder später diese Frage beantworten müssen: Wie können wir Spanien schlagen? „Nicht mit Beton, mit Sand“, rät EM-taz-Redakteurin Frauke Böger. Mittelfeld verschieben, Passwege blockieren – und die wenigen Chancen, die man bekommt, nutzen.

Die Vorrunde

Bereits im ersten Gruppenspiel in Danzig treffen die späteren Finalisten aufeinander. Die Spanier laufen ohne echten Stürmer und mit Cesc Fàbregas als „falscher Neun“ auf, was viele Zuschauer irrtiert. Einige Fachbeobachter aber sind angetan: „Ich finde die falsche Neun gar nicht so falsch“, sagt Taktikblogger Tobias Escher im taz-Interview.

Das spanische Auftaktspiel wird eines der besten des gesamten Turniers – weil Gegner Italien nicht in klassischer Manier bloß auf Kontergelegenheiten warten, sondern munter mitspielt. „Mit Italien ist zu rechnen“, urteilt Deniz Yücel, der Teamleiter der taz-EM. Und taz-Sportredakteur Markus Völker empfiehlt den Spaniern, es mal mit einem echten Stopstürmer zu versuchen, da die endlosen Ballstafetten sonst wirkungslos zu verlaufen drohten.

Als nächstes spielen die Spanier gegen die Iren, für die EM-taz-Autor Stefan Mahlke nichts als Mitleid übrig hat. Nur taz-Irland-Korrespondent Ralf Sotscheck spricht von einem „glücklichen Sieg“.

Vor dem letzten Gruppenspiel der Spanier gegen Kroatien gibt es eine interessante Konstellation: Endet das Spiel mit einem Unentschieden von 2:2 oder höher, ist Italien unabhängig vom Ergebnis des Spiels gegen Irland ausgeschieden. Im skandalerprobten Italien spekuliert man über mögliche Absprachen, was die Spanier wie auch die Kroaten empört zurückweisen.

Die Spieler halten Wort. Dennoch bleibt von diesem Spiel eine unschöne Erinnerung: Der deutsche Schiedsrichter Wolfgang Stark verwehrt Kroatien einen klaren Foulelfmeter – ebenso wie der spanische Schiedsrichter Carlos Velasco am Tag zuvor, der strafstoßwürdiges Foul der Deutschen gegen Dänemark nicht ahndete. Dies bietet Anlass für Verschwörungstheorien, meint EM-taz-Redakteur Johannes Kopp und kritisiert die Uefa, dem nicht vorgebeugt zu haben.

Das Spiel selbst ist ausgeglichen; dank ihrer aggressiven Spielweise verhindern die Kroaten, dass die Spanier ihr Passspiel entwickeln können. Spanien gewinnt durch ein spätes Tor von Jesus Navas in der 88. Minute. Dennoch hält Markus Völker die Spanier weiterhin für den größten Favoriten: „Weil sie jederzeit Chancen kreieren können.“ Und Frauke Böger hält fest: „Am Ende haben sie bewiesen, dass auch die Spanier manchmal Glück brauchen.“

Das Viertelfinale

Das Viertelfinale gegen eine erschreckend schwache französische Mannschaft endet mit 2:0 – allerdings mit eher untypischen Toren: Xabi Alonso köpft in seinem 100. Länderspiel das Führungstor und verwandelt in der Nachspielzeit einen Foulelfmeter. Außerhalb Spaniens wird plötzlich Kritik am spanischen Ballbesitzfußball auf. Frauke Böger hält dem entgegen: „Es war ein langsames Spiel, aber nicht langweilig.“ Laut Uefa-Statistik ist es das Spiel mit den meisten Pässen, aber den wenigsten Torschüssen.

Das Halbfinale

Die Portugiesen schaffen die beste fußballerische Leistung, die irgendein Team in den vergangenen sechs Jahren in einem wichtigen Spiel gegen Spanien gezeigt hat. Aber sie arbeiten sich zu wenig Torchancen heraus und in der Nachspielzeit erlangen die Spanier gegen erschöpfte Portugiesen die Dominanz. Es bleibt beim 0:0, Spanien gewinnt schließlich dank Torwart Iker Casillas das Elfmeterschießen mit 4:2 und überlassen Portugal wieder einmal dem Fado.

Zwei Spanier sind beim Elfmeterschießen nicht mehr auf dem Platz: Der hochgewachsene Stürmer Alvaro Negredo. Mit ihm hatte der Trainer Vicente del Bosque nach der „falschen Neun“ mit Fàbregas und Stürmer Fernando Torres eine dritte Variante ausprobiert. Eine gute Idee, aber Negrado war schlicht überfordert, urteilt taz-Sportredakteur Andreas Rüttenauer. Nicht mehr auf dem Platz ist auch Xavi Hernandez. Der Regiesseur ist völlig von der Rolle und wird kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit ausgewechselt – symptomatisch dafür, dass es bei den Spaniern bei dieser EM nicht so glatt läuft wie in den letzten beiden Turnieren.

Vorm Finale

Langweilig hin oder her: Auch im Endspiel setzen die Spanier natürlich auf ihren Ballbesitzfußball und wollen das Spiel gestalten, nicht reagieren, und das mit drei Stürmern – also nicht den Fehler begehen, den Deutschland machte. Spaniens Trainer Vicente del Bosque bezeichneten Mario Balotelli dennoch als „gefährlich“.

Das Fazit

Spanien scheint die internationalen Sympathien verloren zu haben. Sei es, weil das Publikum ihre Spielweise satt satt oder aus Gründen der Abwechslung einen anderen Totelträger will. Beim Halbfinale in Donezk sind die Pfiffe gegen den Welt- und Europameister nicht mehr zu überhören.

Aber es gibt sie noch, die Liebhaber. So schreibt Deniz Yücel über die Spanier:„Ihre historische Tat besteht darin, dass sie den Fußball von dessen hässlichen, brutalen und gewöhnlichen Ursprüngen befreit und zu einer kollektiven Kunstform verwandelt haben.“

Und hier Italiens Weg ins Finale.

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