Schlammvulkan in Ostjava: Sorge um vermissten kritischen Autor

Seit über sechs Jahren quillt Schlamm aus einem Vulkan in Ostjava, ein Ende ist nicht in Sicht. Wer wie Ali Azhar Akbar die offiziellen Erklärungen dazu infrage stellt, lebt gefährlich.

Der See des Schlammvulkans bei Surabaya 2006, als die Schlammmenge noch kleiner war. Bild: reuters

BERLIN taz | Indonesische Aktivisten fühlen sich dieser Tage an finstere Diktatur-Zeiten erinnert. Seit zwölf Tagen fehlt vom Menschenrechtler und Buchautor Ali Azhar Akbar jede Spur. Sein Buch „Die Akte Lapindo-Schlamm – die SBY-Bakrie-Verschwörung“ hatte in Indonesien eingeschlagen wie eine Bombe.

Lapindo ist die Firma, der Experten vorwerfen, mit Gasbohrungen am 29. Mai 2006 den Ausbruch des Schlammvulkans in Ostjava ausgelöst zu haben, der bisher mehr als 100.000 Menschen vertrieben hat.

Noch immer sprudeln täglich 15.000 Kubikmeter Schlamm aus der Tiefe. Ein Ende ist nicht in Sicht. Geologen rechnen damit, dass der Schlammfluss noch Jahrzehnte anhält.

SBY ist das Kürzel für Indonesiens Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono. Aburizal Bakrie ist Vorsitzender der Golkar-Partei, Yudhoyonos Koalitionspartner.

Zugleich ist Bakrie ein einflussreicher Geschäftsmann, dessen Familie Lapindo gehört. Und Bakrie ist ein aussichtsreicher Kandidat für die nächsten, Präsidentschaftswahlen 2014.

Akbar zeichnet in seinem Buch die politischen Entscheidungen zur Schlamm-Katastrophe nach und erhebt den Vorwurf, dass führende Politiker wie Bakrie von ihnen profitiert haben.

Denn zunächst war Lapindo per Präsidentenerlass zu Entschädigungszahlungen an die Opfer des Schlamms verdonnert worden: 210 Millionen Euro hat der Konzern nach Medienangaben bereits gezahlt.

Plötzlich war es ein Naturereignis

Doch dann wurde die Katastrophe vom Parlament zum Naturereignis erklärt, für das der Staat zuständig sei. Aus dem Staatshaushalt wurden 520 Millionen Euro für die Opfer des Schlamms eingeplant, 126 Millionen davon 2012.

Der 50-jährige Aktivist und Autor Ali Azhar Akbar hatte in den letzten Wochen in mehreren Städten sein Buch vorgestellt. Der Vater zweier Kinder wurde am 22. Juni in Bandung zu einer Diskussion erwartet, zu der er jedoch nicht erschien. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Nach Angaben von Akbars Verleger bekam der Autor schon seit Wochen Drohanrufe und Droh-SMS.

Feinde hat Akbar viele, nicht nur die von ihm kritisierten Politiker, sondern auch die Opfer des Schlammvulkans, die noch immer auf Entschädigung warten. Ali gehört zu einer Gruppe von Klägern, die derzeit vor Indonesiens Verfassungsgericht eine Revision des Staatshaushaltes erreichen wollen.

Streit um Entschädigungen

Sie argumentieren, dass die Opfer nicht aus Steuergeldern entschädigt werden sollten, sondern von Lapindo. Bekämen die Kläger recht, würde das für die stetig mehr werdenden Opfer bedeuten, lange auf Entschädigung warten zu müssen oder gar nie entschädigt zu werden.

Der Aktivist Paring Walyo Utomo, der sich für die Schlammopfer einsetzt, kritisiert gegenüber der taz Akbars Vorgehen: „Es ist kein kluger Schritt, die Zahlungen für die Opfer aus dem Staatshaushalt zu beenden.“

Klug wäre gewesen, den Schlammfluss gleich nach dem Ausbruch zu stoppen. Utomo meint, dies wurde nicht versucht, weil ein Erfolg bewiesen hätte, dass die Ursache der Katastrophe technisches Versagen der Bohrfirma war.

Selbst Akbars Familie ist nicht sicher, ob er wegen der Drohungen untergetaucht ist oder ob er entführt wurde. Sein Handy ist seither abgeschaltet.

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