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Kommentar Verfassungsgericht und ESMVerfassungsrichter helfen Merkel

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Von der späten Entscheidung des Verfassungsgerichts über den ESM profitiert die Bundesregierung gleich doppelt. So hatten sich die Kläger das bestimmt nicht vorgestellt.

N un ist es raus: Das Bundesverfassungsgericht wird sein Urteil über den permanenten Rettungsschirm ESM am 12. September fällen. Das ist eine Nachricht – aber sie ist nicht besonders wichtig.

Erstens ist nicht vorstellbar, dass die acht Richter den Crash des Euros riskieren wollen. Denn dann würde sich ja sofort die Frage stellen, welche politische Legitimation diese fünf Herren und drei Damen eigentlich haben, eine derartige wirtschaftliche Katastrophe auszulösen. Also werden sie dem ESM zustimmen und nur zu Nebenaspekten juristische Anmerkungen formulieren.

Zweitens, noch gravierender: Der ESM ist sowieso zu klein. Die vorgesehenen 700 Milliarden Euro reichen nicht, falls Spanien und Italien Hilfskredite beantragen. Beide Länder werden jedoch Unterstützung brauchen, um ihre Zinslast zu senken. Der ESM ist daher überholt, noch bevor das Bundesverfassungsgericht über ihn urteilt.

taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

In dieser Gemengelage gibt es nur einen Gewinner: ausgerechnet die Bundesregierung. So hatten sich die Kläger das bestimmt nicht vorgestellt. Aber Kanzlerin Merkel profitiert gleich doppelt von diesem Prozess: Am Ende wird sie bestätigt – und bis dahin ist es symbolisch hilfreich, dass sich das Verfahren noch zwei Monate hinzieht. Denn diese Gelassenheit des Gerichts suggeriert, dass Normalität herrscht. Plötzlich erscheint die Eurokrise wie ein Randphänomen, das ruhig warten kann.

Diese Realitätsverweigerung inszeniert Merkel schon seit zwei Jahren, und darin wird sie nun vom Verfassungsgericht bestätigt. Schöner kann es für sie gar nicht kommen. Vorerst. Denn auch wenn Merkel es nicht wahrnehmen will: Die Krise eskaliert trotzdem.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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17 Kommentare

 / 
  • PP
    Patrick Prüfer, LL.B.

    Das der Beitrag eher zur leichten Unterhaltung geeignet ist, ist zum Glück vielen Lesern bewusst. So geht er doch größtenteils an der Sache vorbei. Gegenstand der rechtlichen Beurteilung durch das BVErfG ist, ob das Abwarten des Inkrafttretens des völkerrechtlichen Vetrages größere Schäden verursachen würde, als die die durch die Beseitigung der durch den rechtswidrig inkraftgetretenen Vertrag entstünden. Maßgeblich bei dieser Beurteilung ist also ob sich eine Möglichkeit konstruieren lässt, sich wieder aus diesem Vetrag zu lösen. Da der ESM selbst keine Kündigungsmöglichkeit vorsieht, muss durch das BVerfG versucht werden, unter Berücksichtigung der allg. Grundsätze des Völkerrechts, eine Kündigungsmöglichkeit zu konstruieren. Da dies nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich ist, wird Karlsruhe, meiner Meinung nach, tendenziell eher geneigt sein, den Eilanträgen statt zu geben.

  • PP
    Patrick Prüfer, LL.B.

    Ein sehr unterhaltender Beitrag, aber mehr auch nicht. Wie die meisten der Leser bereits bemerkt haben. Da der ESM selbst keine Kündigungsmöglichkeit vorsieht, wird sich das BVerfG bei seiner Entscheidung damit beschäftigen müssen, ob die Kündigung des völkerrechtlichen Vetrages in irgendeinerweise zu konstruieren ist. Besteht hierfür kein Raum, werden sich die Karlsruher Richter hüten, dem Eilantrag nicht statt zu geben. Denn dann wären die mit dem Inkrafttreten einhergehenden Folgen schwerwiegender, als wenn bis zu der Entscheidung in der Hauptsache gewartet werden würde. Da die Möglichkeit einer Kündigung nach dem allg. Völkerrecht nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist, wird das BVerfG tendenziell eher geneigt sein, den Anträgen statt zu geben.

  • E
    EuroTanic

    " Erstens ist nicht vorstellbar, dass die acht Richter den Crash des Euros riskieren wollen."

    Diese Argumentation ist doch völlig unlogisch. Vergleichbar könnte ein Kinderschänder argumentieren.

    Ein Kinderschänder wir vor Gericht zitiert. Das Gericht stellt die Kinderschändung fest und verurteilt den Schänder, weil es das Gesetz verbietet Kinder zu schänden. Nun kann der Kinderschänder nicht behaupten, "das es nicht vorstellbar wäre, dass die acht Richter den Crash der Euroschänderringe riskieren wollen."

    Der ESM ist rchtswiedrig. Wenn der Absturz des Euros durch Ablehnung des ESM erfolgt sind diejenigen daran schuld die den ESM und den Euro so konzipiert haben (Finanzindustrie und Politiker), dass er nicht funktionieren kann und nur die breite Masse zu Gunsten weniger Reicher ausbeutet.

  • S
    seyinphyin

    "Erstens ist nicht vorstellbar, dass die acht Richter den Crash des Euros riskieren wollen. Denn dann würde sich ja sofort die Frage stellen, welche politische Legitimation diese fünf Herren und drei Damen eigentlich haben, eine derartige wirtschaftliche Katastrophe auszulösen. Also werden sie dem ESM zustimmen und nur zu Nebenaspekten juristische Anmerkungen formulieren."

     

    Wenn das der Grund ist, sind diese Richter genauso Verfassungsfeinde wie die Politiker dahinter, denn Sie haben - noch mehr wie diese - sich der Verfassung unterzuordnen. Das einzige, was man noch darüber stellen kann, ist das Wohl des Volkes, des Souveräns, durch welches dieses Verfassung überhaupt erst Bedeutung bekommt.

     

    Die Rettung von etwas derart wertlosem wie Geld ist in keinster Weise bedeutend. Geld kann man nach belieben zerstören und wieder neu erschaffen, das ist maximal lästig, wenn man sich denn einig ist. Doch ohne Einigkeit hilft es auch nichts.

     

    Wenn selbst das Verfassungsgericht sich nicht mehr an unsere Verfassung hält, ist wohl tatsächlich der Fall 20(4) eingetreten. GG 20(4). Dann hilft nur noch Widerstand mit allen Mitteln, denn dann gibt es kein Gesetz mehr, keine Ordnung.

     

    Das ist die einzige Gefahr, die uns droht. Ob der Euro fällt oder nicht, das ist unbedeutend, weil der Euro nur eine Währung ist. Aber was unsere Politik macht, um diesen Euro zu retten, das ist schlichtweg Krieg.

  • K
    Karola

    Der Einschätzung von Frau Herrmann möchte nur begrenzt zustimmen - aber nicht, weil die VerfassungsrichterInnen sich Zeit lassen. Sie nehmen bewusst den Druck aus der Rettungshektik und beweisen, dass in der Zwischenzeit nichts passiert, entgegen den Ankündigungen Merkels, dass Eile not-wendig wäre.

     

    Merkels Glück besteht darin, dass sie die Medien auf ihrer Seite hat und dass SPD-Grüne versprochen haben, sich auf Merkels Seite zu stellen, also die Politik der Regierung unterstützen wollen.

     

    Dass mit dem Wegfall des Euro auch Europa zerbrechen würde, ist Unsinn.

    Europa hat vor dem Euro bestanden und wird auch "nach" dem Euro bestehen.

     

    Das aber wollen die Weltordnungserneuerer in Amerika nicht. Sie wollen Europa unter den Hut der Finanzmärkte zwingen und tun ALLES, damit das geschieht.

     

    "Transformation der Welt" wird das genannt, genau wie auf militärischer Ebene die Devise der Nato für andere Länder lautet: zerschlagen - aufbauen - dirigieren, genauso läuft es derzeit mit Europa. Statt Bomben fallen die Finanzmärkte und Merkel mit EU-Kommission über diese Länder her und treiben sie so in die Arme der falschen Retter. Doch diese retten nicht - sie stehlen und zerstören.

  • LN
    Lea-Maria Naujoks

    Nicht das Bundesverfassungsgericht ist verantwortlich zu machen für die Bankenkrise, sondern die Parteien, die die Deregulierung des Bankensektors erlaubt oder es dabei belassen haben: CDU/CSU/FDP/SPD/Grüne.

     

    Bitte unterscheiden Sie auch mal zwischen dem Wert einer echten Demokratie und Erträgen eines blossen Wirtschaftssektors.

     

    Bankenpleiten würden einiges wieder richtigstellen und würden auch bewältigt werden können, wie zahllose Beispiele der jüngsten Vergangenheit zeigen. Der IWF ist überflüssig - und braucht auch keine "europäische Filiale" wie den ESM.

     

    Ihre Worte zeigen, dass Sie in religiösen Kategorien wie "Angst und Schuld" denken.

     

    Dabei gäbe es zahllose Alternativen.

  • A
    Andrea

    Dass das Verfassungsgericht pro ESM urteilen wird, erkennt man auch daran, dass der Wochentag der Urteilsverkündung ein Mittwoch ist.

     

    Hätte man ernsthaft vor, wenigstens zu prüfen, ob der ESM verfassungswidrig ist, dann hätte man einen Freitagnachmittag angesetzt, um den Börsen keine Gelegenheit zur Reaktion zu geben.

     

    Ich glaube nicht mehr, in einem Rechtsstaat zu leben.

  • PN
    Peter Neumann

    Das ist wieder so ein Artikel, der mich zum Abbruch des Probeabos bewegt hat. Welche legitimation die Verfassungsrichter haben? Verantwortung für Eurocrash? Die Verfassungsrichter haben einzig und allein die Aufgabe festzustellen, ob der ESM die Grundrechte in Deutschland verletztm oder eben nicht. Das, was Sie da hineindichten, hat die Verfassungsrichter nicht zu interessieren.

     

    Ich verstehe auch das ganze Gelaber um den Euro nicht! Es wird sowieso hart, wenn man die Krise noch bewältigen will, wobei ich der Ansicht bin, dass der Zug sowieso längst abgefahren ist. Dann wäre das Auseinanderbrechen der EU und dem irrsinnigen Eurokonstrukt zwar ein Schock, aber er würde die nachfolgenden Generationen nicht mit "ewigen" Schulden belasten. Währungsreform und fertig! Lieber 10 Jahre von der Hand in den Mund leben, aber dafür die Kinder und Kindeskinder nicht mit Diktatur der Finanzmärkte belasten.

  • S
    SABINE

    @ von morf

     

    "Mich wundert ehrlich gesagt die überwiegend kapitalfreundliche Kommentierung des ESM seitens der taz."

     

    Dem kann ich mich nur anschließen. Auch in vielen anderen Themenfeldern heisst es an die Adresse der taz:

    Kritisch geht anders!

  • M
    morf

    "Erstens ist nicht vorstellbar, dass die acht Richter den Crash des Euros riskieren wollen. Denn dann würde sich ja sofort die Frage stellen, welche politische Legitimation diese fünf Herren und drei Damen eigentlich haben, eine derartige wirtschaftliche Katastrophe auszulösen."

     

    Die Damen und Herren Verfassungsrichter benötigen keine politische Legitimation, den Klagen stattzugeben. Es reicht ihr juristisches Fachwissen, um festzustellen, inwieweit durch den ESM und den Fiskalpakt das Grundgesetz der BRD berührt bzw. dauerhaft verletzt wird. Da die politische Kaste bis dato voll und ganz versagt hat in dieser Frage, ist es dringend notwendig, dem Ausverkauf des Landes an Banken und Zocker durch eine demokratisch nicht kontrollierbare EU Institution seltsamer juristischer Form mit Sitz in Luxemburg zumindest auf dem juristischen Wege einen Riegel vorzuschieben.

     

    Europa - ja. Aber nicht so wie von den politischen und finanzwirtschaftlichen Eliten geplant. Mich wundert ehrlich gesagt die überwiegend kapitalfreundliche Kommentierung des ESM seitens der taz. Vielleicht lohnte es mal, sich den ESM reinzuziehen. Hier wird erklärt, wie: http://www.youtube.com/watch?v=r4crr-kX9zc

  • M
    miri

    He, was für ein Unsinn ist das?! Das Verfassungsgericht soll eine einfache Frage beantworten: Ist das Gesetz verfassungsgemäß, ja oder nein? -- Das Gericht hat überhaupt nicht die Befugnis, irgendwas anderes zu berücksichtigen! "Welche Form hat die Erde?" "Sie ist eine Kugel, aber wegen der politischen Folgen dieser Tatsache urteilen wir, sie ist eine Scheibe." So kann doch kein ernst zu nehmendes gericht urteilen. Solches Verhalten bringt uns in Teufels Küche!!!

  • WB
    Werner Brösel

    Ist ja ein interessanter Aspekt, aber die Verfassungsrichter werden viel einfacher von der Finanzelite "eingekauft",denn überall werden lukrative "Vortragsreihen" auf diese "Entscheider" warten.

    Riester, Rürup und Konsorten sind die besten Beispiele...

  • S
    spiritofbee

    siehe TAZ Artikel:

     

    Der Anschein der Nähe

    Link:

    http://www.taz.de/!87856/

     

    Unabhängige Richter sind eine aussterbende Spezies. Sie werden immer mehr zu Wasserträgern, wenn sie das nicht etwa schon lange sind.

    Der Anspruch der Gerichtsbarkeit lag, bis auf ein paar Ausnahmen, immer in den Händen der Mächtigen

    Warum sollte diese aus Stammes-, Religions- und Adelsgesellschaft anscheinend gewachsene Gewohnheit in einer "modernen" Demokratie denn auch anders sein.....

  • G
    grummelkuss

    Die Verfassungsrichter sollten einzig

    der Verfassung gehorchen und die Langfristige

    Überlebensfähigkeit Deutschlands als eigenständige

    Nation im Auge halten.

     

    Wer Deutschland in der EU akzeptiert, muß auch

    unser Politsystem und Rechtssystem akzeptieren!!!

    Gerichte lösen die Wirtschaftskrisen nicht aus,

    sondern müssen die Wirksamkeit des Grundgesetzes

    in jedem Falle sicherstellen!!!!!!

    Dies geht NUR, wenn Deutschland nicht bankrott geht!!! Denn für diesen Fall hat Deutschland

    keinen glaubwürdig funktionierden Notfallplan!!!!

    Was passiert mit den sicherheitskritischen Bereichen:

    Atomenergie, Waffen, Militär, Polizei, Justiz,

    Gesundheitssystem, Bildung, Banken, Sondermüllabfälle, Industrie, Außenhandel, Rohstoffe,

    Bundeswehr.

    Die verdammte CDU hat die Pflicht sicherzustellen,

    dass hier kein fahrlässiger NOTSTAND eintritt

    und das bedeutet ZWINGEND das ESM und Fiskalpakt

    abgelehnt werden muss.

    Und den Verursacher von Überschuldung und Mißwirtschaft- EU, Schäuble, Merkel und EU-Konsorten

    (Schröder, Kohl, und die oberen Chargen)

    KANN man nicht aufgrund von Krisen , die sie

    eingebrockt haben nun fast diktatorische Macht

    zubilligen. So feige und dumm, kann man einfach nicht

    sein!!! Dann stellt sich zurecht die Frage, wieviel

    eigentlich noch ein deutscher Staatsexamensabschluss

    noch wert ist!

     

    Gerade den Volkssouffleuren, die ewige Angst predigen, muss man es endlich einmal zeigen.

    Der EURO und das EU-Monstrum gehören in den

    Lokus der Zeitgeschichte mit den Protagonisten

    gleich mit!

     

    Ich frage mich immer mit welchem Recht

    5-Jahrespolitiker der Minderheit einer

    jungen Generation eine politische

    Vergewaltigung für die Ewigkeit antun dürfen.

  • HB
    heinrich benning

    Naja,was Sie da so schreiben,ist ja doch etwas weltfremd.Der Merkel kann nicht mehr geholfen werden und das das Verfassungsgericht sich Zeit lässt,ist bestimmt auch nicht im Sinne von Merkel gewesen.Vorher drängt man,es muss sofort entschieden werden,als würde die Welt untergehen .Das Gericht lässt sich Zeit und die Welt steht immer noch.In dieser Form,wie es gerade in Europa passiert,wird der Bürger diese Politik nicht mehr begleiten.

    Gefühlt wirkt unsere Politik wie ein mappushaftes herumwulfen!!

  • M
    Matthias

    Liebe Frau Herrmann,

     

    Sorry, die Frage "welche politische Legitimation diese fünf Herren und drei Damen eigentlich haben" zeigt, dass Sie das Thema nicht verstehen wollen. Hier geht es nicht primär um die Frage, wie der Euro zu retten ist. Dazu ist der ESM ohnehin nicht in der Lage. Hier geht es um die Frage, wer regiert, und welche Befugnisse die Regierenden haben. Noch haben wir eine Demokratie und ein verbindliches Grundgesetz.

    Wird der ESM in der vorgeschlagenen Formulierung Wirklichkeit, dann regiert "der Markt" (sprich: Goldman Sachs) mittels einer Zentralinstitution ohne demokratische Legitimation, ohne Kontrolle durch die Regierungen (unverletzbare Geheimhaltung), ohne Zugriff durch die Gerichtbarkeit (Immunität), ohne Verpflichtung zur Gegenleistung. Das ist die goldene Kreditkarte ohne Überziehungslimit für die Banker und Schuldenmacher, die Generalbürgschaft des Volkes für alle schlechten Investitionen und ungedeckten Staatskredite. Und alles Geld, was wir hinlegen, wird genommen werden.

    Es geht für das BVG um die Frage, ob unsere Regierenden das Recht haben, diesem Vertrag zuzustimmen. Ob also - meine Lesart - das Grundgesetz eine solche faktische Diktatur der Hochfinanz zulässt.

    Der ESM reitet Europa in den Ruin und schafft zugleich die Demokratie ab. Kommt er nicht zustande, dann gibt es bei jeder Alternative immer noch tiefe wirtschaftliche Einschnitte, aber Demokratie und Rechtstaatlichkeit sind gerettet. Ich glaube, das ist wichtiger als der Erhalt des fiktiven Wohlstandes bis zur nächsten Wahl.

  • MM
    Mirko Malessa

    "Denn dann würde sich ja sofort die Frage stellen, welche politische Legitimation diese fünf Herren und drei Damen eigentlich haben, eine derartige wirtschaftliche Katastrophe auszulösen. "

     

    Die Legitimation nennt sich Grundgesetz. Und die die diese wirtschaftliche Katastrophe ausgelöst haben, nennen sich Politiker.