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Occupy-Camp soll verschwindenFrankfurt will den Protest abwürgen

Seit mehr als neun Monaten protestieren Aktivisten gegen unsaubere Bankgeschäfte. Die Stadt Frankfurt findet das Zeltlager vor der EZB unhygienisch.

Die Frankfurter Stadtverwaltung will das Zeltlager im Bankenviertel notfalls räumen lassen. Bild: dapd

FRANKFURT/M. taz | Am Mittwoch lief die Genehmigung für den Fortbestand des Frankfurter Occupy-Camps aus. Die städtischen Ordnungsbehörden wollen es nur noch bis Ende des Monats dulden. Doch die Aktivisten denken nicht ans Aufhören. „Solange die Schweinereien dort oben weitergehen, bleiben wir hier“, sagt einer der Protestierer, der sich Jay nennt. Er deutet dabei auf das Hochhaus der Europäischen Zentralbank.

In deren unmittelbarer Nähe errichteten Kapitalismuskritiker vor über neun Monaten das Occupy-Camp. „Es geht um Versammlungsfreiheit. Dafür würde ich bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen“, sagt Jay.

Der Unmut der Occupisten richtet sich vor allem gegen den Frankfurter Ordnungsdezernenten Markus Frank. Der CDU-Mann verfügte vergangenen Freitag das Ende des Camps. Er wirft den Bewohnern mangelnde Hygiene vor.

Außerdem habe sich gezeigt, „dass sich das politische Protestlager immer mehr zu einem Camp sozialer Randgruppen mit inakzeptablen Begleitumständen“ gewandelt habe. Also müsse das Camp verschwinden – zur Not mittels einer gewaltsamen Räumung.

Occupisten vermuten „politische Strategie“

„Markus Frank lügt“, sagt Thomas, der seinen Nachnamen nicht nennen will. „Wir haben alle Vereinbarungen eingehalten, im Gegensatz zu ihm.“ So habe Frank zugesagt, Vorschläge zur Unterbringung der im Camp lebenden Roma zu machen. Doch die Vorschläge seien ausgeblieben. Frank dementiert, ein solches Konzept überhaupt versprochen zu haben.

Den Vorwurf, es mangele an Hygiene, lassen die Aktivisten nicht gelten. „Auch wenn es Zeit braucht, hat sich hier schon einiges verbessert“, so eine Bewohnerin. Tatsächlich sieht es auf dem Platz mittlerweile ordentlicher aus. Thomas und seine Mitstreiter vermuten deshalb hinter dem Verbot eine „politische Strategie“ – zumal auch andere Camps wie in Kiel oder Düsseldorf von einer Räumung bedroht sind.

„Das letzte Wort ist gesprochen, es wird künftig kein solches Camp in Frankfurt mehr geben“, sagte eine Sprecherin von Frank am Mittwoch. Die Occupisten haben deswegen für Samstag zu einer Demonstration aufgerufen. Sie wollen das Camp nicht einfach verlassen und kündigten „kreativen und gewaltfreien Widerstand“ an.

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8 Kommentare

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  • B
    Bahnhofsviertler

    Nachdem Occupy in Deutschland schon von Anfang an absurde und skurile Züge zeigte, hat zumindest das Camp in Frankfurt seine Bestimmung gefunden. Occupy-Deutschland bestand zunächst aus Nerds, Verschwörungstheoretikern etc.. Occupy hat nicht die 99% angesprochen. Nun findet sich dort das untere 1% der Gesellschaft ein. Die schlimmsten Auswirkungen des zeitgenössischen Kapitalismus zwischen Banken- und Bahnhofsviertel werden nun für einige Politiker zu sichtbar. Sie fühlen sich gestört von diesem unhygienischen Schandfleck. Dieser muss jetzt gereinigt werden.

    Das aktuelle Camp ist mir aus diesen Gründe sehr sympathisch geworden. Leider werden die Probleme zwischen Banken- und Bahnhofsviertel dann wieder etwas weniger sichtbar. Aber egal, davor hat die Politik ja schon lange kapituliert.

    Wie man an den Äußerungen konservativer Politiker in Frankfurt sieht, schlägt das auch heute noch sehr schnell in Vernichtungsphantasien um...

  • RS
    ärgert sichGrüne

    ahhhaaa, super kommentare hier!

    Man kann ja sagen, der Fisch stinkt zuerst vom Kopf. Insofern muss man(n) sich natürlich fragen, welche Dinge falsch laufen im Bankenviertel und sonst wo, die "Angestellten" sind hiermit nicht gemeint... obwohl, die könnten sich langsam auch Gedanken machen. Wir alle!

     

    and You? what's your number?

     

    www (.) bbc (.)co( .)uk/news/world-15391515

     

    The world's population is expected to hit seven billion in the next few weeks. After growing very slowly for most of human history, the number of people on Earth has more than doubled in the last 50 years. Where do you fit into this story of human life? Fill in your date of birth below to find out.

  • HW
    Heinrrich Weege

    „… protestieren Aktivisten gegen unsaubere Bankgeschäfte“

     

    Wenn es so wäre! Seit Monaten beschäftigt sich das Camp mit sich selbst. Das Profil ist unscharf, die meisten Aktionen sind unkoordiniert, das Vorgehen dilettantisch. Höchste Zeit, dass jemand diesen Spuk beendet, wenn schon Occupy Frankfurt (wovon das Camp nicht mehr als eine Untergruppe ist) nicht erkennt, dass diese Kifferburg schlecht für die Bewegung ist.

     

    Wenn sie schlau wären, gingen sie von alleine. Das wäre ein Zeichen von Stärke. Dazu reicht es dort aber nicht.

  • D1
    Dole 1976

    Ich würde mich sehr freuen, wenn ich folgendes lesen könnte: Banken in Frankfurt müssen geräumt werden. Stindende Geschäfte, eklige Gammelpapiere und toxische Gefahren drohen. Bis morgen haben die Banken Zeit, Ihre Pforten zu schließen, sonst droht die Zwangsräumung.

    Millionen auf der Staße feiern die Macht des Volkes. "Endlich kehrt Gerechtigkeit zurück," sagt eine Teilnehmerin.

  • B
    Bankschnecke

    Besser wäre es das Bankenviertel als solches räumen zu lassen, denn es ist ein Schwerpunkt der Wirtschaftskriminalität.

  • HL
    Heike Lindenborn

    Da kann ich osmosis nur zustmmen!!!

  • O
    osmosis

    Noch unhygienischer sind diese unsauberen Bankgeschäfte. Hier müsste die Sauberpolizei durchgreifen und die Eiterherde in Gewahrsam nehmen. Die Irländer machen es vor.

  • O
    osmosis

    Noch unhygienischer sind diese unsauberen Bankgeschäfte.