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Transportfahrrad zum SelberbauenDas Selbstbau-Fortschrittsgefährt

Sie sind praktisch beim Einkaufen und Transport von Kindern: Transportfahrräder. Mit einer Anleitung kann sich jeder eins selber bauen. Ein Selbstversuch.

Testfahrt: Noch sitze ich ein bisschen steif auf dem Sattel. Bild: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Vor ein paar Wochen habe ich im Hamburger Gängeviertel eine Entdeckung gemacht: ein dreirädriges Transportrad, hinten eins, vorne zwei Räder, mit einem rechtwinkligen Aluminium-Gestell und einer auf der Vorderachse montierten Tragefläche.

„Das ist ein Prototyp“, erklärte mir Till Wolfer, der in der Nähe stand. Neben dem schlichten Lastenrad stand ein weiteres Modell, die Liegeradvariante. Der Designer, Künstler und Aktivist sagte, dass die beiden Räder hier vor allem zum Einkaufen genutzt werden, aber auch, um Werkzeug in der Stadt hin und her zu fahren.

Das Rad, das er zusammen mit dem dänischen Designkollektiv N55 konzipiert hat, ist ein „Open Source“-Modell. Denn die Anleitung, nach der sich jeder selbst ein Lastenrad bauen kann, steht im Internet zur freien Verfügung.

Lastenräder-Workshop

Ab dem 4. und 5. August und an den folgenden zwei Wochenenden bauen die drei Hamburger Initiativen Gartendeck, Keimzelle und St. Pauli Fablab im Gängeviertel in den Kutscherhäusern Lastenräder.

Hinter dem Projekt mit dem Namen „XYZ Spaceframe-Lastenrad“ verbirgt sich aber noch mehr als ein praktisches Transportmittel, die Designgruppe versteht es auch als eine Absage an die auto-dominierte Stadt. Das Rad ist so bemessen, dass es mit seinen 92 Zentimetern Breite gerade nicht mehr auf die zwei Zentimeter schmaleren Radwege passt. So lastenradelt man also auf der Straße.

Lastenräder sind immer noch exotisch

Lastenräder kommen immer noch ein wenig exotisch daher, obwohl man sie in größeren Städten immer häufiger sieht. In Hamburg begegnet man hin und wieder einem der dänischen Christiania-Bikes, den Transport- und Lastenfahrrädern, die die Kopenhagener Kommune seit 30 Jahren bauen lässt.

Die sind mit rund 1.300 Euro für die Grundausstattung aber immer noch recht teuer, obwohl sie längst nicht mehr nur in der Kopenhagener Kommune produziert werden. Andere Modelle kosten schnell mehr als 2.000 Euro. Aber mit handelsüblichen Fahrrädern lässt sich eben nicht gerade viel transportieren.

Eigentlich habe ich oft genug zu viel geschleppt. Für schwere Einkäufe, Getränkekisten – oder um endlich mal meine kaputten Lautsprecher zur Reparatur zu bringen kann ich so ein Transportgefährt bestens gebrauchen. Ich möchte mir auch so ein Rad bauen.

Ein wenig skeptisch bin ich aber noch. Ob Bau und Montage denn wirklich so einfach sind? Ich erkundige mich erst mal beim Fachmann, wie lange das denn wohl dauert. Eine unerfahrene Fahrradbauerin, wie ich eine bin, sollte etwa sechs Tage einplanen, schätzt Wolfer.

Der Profi baut das Rad in zwei Tagen

Er selbst hat es mittlerweile auf zwei Tage gebracht. Um sicher zu gehen, dass ich mit meinem Bauversuch nicht auf halber Strecke verende, entschließe ich mich, ihn zunächst in seiner Fahrradwerkstatt zu besuchen und beim Bau zuzuschauen.

In der Werkstatt liegen die Teile schon parat: etwa 20 Meter Aluminium-Rohre, rund 150 Schrauben und Muttern und Kunststoff-Unterlegscheiben. Alle für den Rahmen erforderlichen Teile sind im Baumarkt erhältlich. Das Augenmerk liegt darauf, erklärt Wolfer, nur gut erhältliche Standardteile zu verwenden. Das Aluminium kostet 2,50 Euro pro Meter, der Rahmen ohne Räder 160 Euro. Die Fahrradausstattung – Räder, Tretlager, Pedale und Fahrradlichter – lässt sich von Alträdern abbauen. Mit 350 Euro Materialkosten sind die Räder zum Selberbauen vergleichsweise billig.

Die Rohre hat Wolfer bereits mit einer Säge zugeschnitten. Ein fertig montiertes Rad steht auf dem Tisch. Für die Montage genügen einfache Werkzeuge: Standbohrmaschine, Akkuschrauber, Schraubenschlüssel.

Um den Rahmen zu bauen, werden die Aluminium-Rohre in verschiedenen Längen zugeschnitten und Löcher hineingebohrt, damit die Rahmen mit Edelstahlschrauben, Unterlegscheiben und Muttern montiert werden können. Um zu vermeiden, dass sich in den Rohren Schmutz ansammelt, werden sie später mit einer Kappe verschlossen.

Eine Verbindung wie bei Panzersperren

Damit die Verbindungen zwischen den Alu-Zuschnitten stabil sind, schraubt Wolfer die Rohre so aneinander, dass sie sich gegenseitig stützen. Mit einem Akkuschrauber und einem Schraubenschlüssel schraubt er die Alu-Teile zu einer Verbindung zusammen. Die ist „selbstversteifend“, sagt Wolfer.

Eine Form ergibt einen „tschechischen Igel“, eine Verbindung, die auch im Militär bei Panzersperren gebräuchlich ist. Damit gewinnt der ganze Rahmen durch die Knotenpunkte zusätzlich an Stabilität. Das ist wichtig, weil die Stangen allein das Rad nicht lange tragen würden. Mit den Aluminium-Rohren ist die rechtwinklige Konstruktion relativ leicht und witterungsbeständig.

Bei seinem Prototyp hat Wolfer nicht gerade an den Bauteilen gespart. Er fährt auf BMX-Rädern, damit die Räder nicht gleich zusammenklappen, sobald zwei Leute vorne auf der Tragefläche sitzen.

Die Konstruktion ist belastbar genug, um rund 150 Kilo zu transportieren und die Ladefläche ist in ihrer Funktion wandelbar. Es gibt also nicht nur eine einzige mögliche Form. Tauscht man die vier Profile an den Ecken aus, hat man eine andere Form, ohne dass man ein neues Rad braucht. Die Tragfläche kann so zum Beispiel ein Marktstand sein, eine geschlossene Kiste oder auch ein offener Sitzkasten für Kinder.

Leicht ist das Fahrrad nicht

Für meine Testfahrt müssen wir das schon fertige Lastenrad von Wolfer aus dem Fenster der Werkstatt heben. Ganz leicht ist das nicht, wir tragen es zu viert. Ich schiebe das extrabreite Rad auf die Straße. Dann steige ich auf und fahre ein Stück. Noch sitze ich etwas steif auf dem Sattel. Vor allem an den Wendekreis muss ich mich zunächst gewöhnen.

Um umzudrehen steige ich ab, hebe es an der hinteren Achse an, drehe es und bringe es in Position, bevor ich zurückradele. Bei der zweiten Runde werde ich schon etwas entspannter. Der Test ist bestanden.

Bauen aber würde ich es lieber nicht allein. Vielleicht finde ich ja noch jemanden, der sich meinem Vorhaben anschließt.

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8 Kommentare

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  • HH
    Heinz Hammer

    Hallo Fahrradfreaks,wo bekommt man den Bauplan für das beschriebene Lastendreirad her?Ich bitte um diese Info,weil ich die Möglichkeit zum Selbstbau habe.

    Grüße aus der Rhön

    Heinz Hammer

  • W
    Wolfer

    Ein, zwei kleine Ergänzungen zum Artikel kann ich hier noch nachschieben:

     

    - der Workshop Anfang August wird in der offenen Lastenrad-Werkstatt im Gängeviertel von mir veranstaltet werden und von anstiftung & ertomis unterstützt. Der Workshop ist mit den drei Initiativen bereits komplett belegt, Interessierte können aber gerne jeden Mittwoch zw. 16 und 18Uhr vorbeischauen oder sich dem Herbst-Workshop anschliessen.

     

    - das XYZ-Lastenrad passt mit 92cm natürlich auf jeden Radweg und durch die meisten Türen. Räder sollen nach StVO nicht breiter als 90cm sein, was eine Benachteiligung im Vergleich zum Automobil ist. Das XYZ SPACEFRAME VEHICLE hat 92cm Breite als kleinen provokativen Hinweis doch endlich mal breitere Radwege zu bauen. Kopenhagen macht es vor.

     

    - Lastenräder sind größer als normale Räder. Das Gewicht (30kg) und der Wendekreis der XYZ-Spaceframe-Räder liegt unter dem der gewöhnlichen Christiania-Lastenräder, aber design-technisch bedingt natürlich über dem eines normalen Zwei-Rades.

     

    Vielen Dank für den Bericht und beste Grüße,

    XYZ SPACEFRAME Werkstatt

     

    www.n55.dk

  • S
    Stigaard

    Die Baupläne sind hier:

     

    http://www.n55.dk/manuals/spaceframevehicles/spaceframevehicles.html

    ,aber leider nur für die Liegerad-variante.

     

    /Ole

  • H
    Hermann

    Wir bauen ab nächstem Wochenende mit Till mehrere Räder für Garteninitiativen in Hamburg.

    http://tthamburg.wordpress.com/2012/07/26/lastenrad-workshop-start/

     

    Grünanteil könnte sicher noch Schrauber gebrauchen. Das wäre erst mal gut zum Lernen.

    Pläne gibt es hier:

    http://www.n55.dk/MANUALS/SPACEFRAMEVEHICLES/spaceframevehicles.html

  • W
    wauz

    Schraubverbindungen

     

    Mir graust's bei dem Gedanken, dass der Rahmen eines solchen Gefährts nur mit kraftschlüssigen Verbindungen zusammengehalten wird. Gelötete Muffen sind besser. So wurden Fahrräder über viele Jahrzehnte gebaut und es hat sich bewährt. Die heute üblichen Schweißnähte bedürfen allerdings der industriellen fertigung, bzw. einer sorgfältigen Prüfung, die mit Heimwerker-Mitteln nicht zu machen ist. Löten geht, im Zweifel macht es der Klempner nebenan.

     

    Stephan Mirwalts Kommentare

     

    Die Reifen zerstechen, nur weil jemand einen saublöden Rat richtig einzuschätzen weiß? Da ist jemand reif für die Klapse, aber echt!

     

    (Hintergrund: ein Lastenfahrrad, dass sich für Paketdienst eignet, kostet ein mehrfaches als ein gebrauchtes Auto. Die Investitionskosten sind praktisch nicht hereinzufahren, selbst beim Auto nicht. Der Nachbar hat da absolut recht...)

  • H
    holger

    wo finde ich denn die bauanleitung fuer das lastenrad? zumindest nicht unter der adresse, oder doch?

  • R
    Robert

    Ich habe gerade eine gute halbe Stunde an einem Kommentar geschrieben, der jetzt weg ist, weil angeblich irgendwas nich korrekt ausgefüllt war. Vielleicht weil ihr Cookies benötigt, jedoch keine entsprechende Warnung anzeigt?

     

    Jetzt nur kurz:

    - der Link im Artikel ist Mist, folgende sind etwas besser:

    - http://www.eradhafen.de/2012/07/opensource-lastenrad-besuch-im-gangeviertel-in-hamburg/

    - http://www.werkstatt-lastenrad.de/index.php?title=XYZ-Spaceframe-Vehicles

     

    Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder versuchen werde hier einen Kommentar zu schreiben.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Wird aber nicht angenommen. Ein Nachbar arbeitet bei Hermes, muss mit seinem Privatwagen Pakete ausliefern. Immer jammert er über die hohen Benzinpreise. Ich habe ihm mal vorgeschlagen so ein Lastenfahrrad zu kaufen. Hat nur Vorteile, man fährt lächelnd an Tankstellen vorbei, hält sich fit, tut was für die Umwelt und spart Kosten für's Fitnessstudio. Seit ich ihm das vorgeschlagen habe redet er kein Wort mehr mit mir. Stattdessen fährt er absichtlich mit seiner alten Klapperkiste früh morgens laut los um mich zu ärgern. Ich glaube ich sollte ihm mal die Reifen zerstechen.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung.