EADS-BAE-Fusion geplatzt: Widerstand aus Deutschland
Die geplante Fusion der Rüstungskonzerne EADS und BAE ist gescheitert. Grund soll die ablehnende Haltung des deutschen Bundeswirtschaftsministerium sein.
HAMBURG taz | Was sich seit Tagen andeutete, wurde am Mittwoch manifest: Die Fusion der deutsch-französischen EADS mit der britischen BAE zum weltgrößten Rüstungskonzern mit einem Militär-Umsatz von 50 Milliarden Euro ist geplatzt. Das bestätigten beide Unternehmen. Als Bremsklötze gelten die Regierungen in Paris und Berlin, die um ihren strategischen Einfluss auf den Airbus-Hersteller EADS fürchteten.
BAE ist der nach Lockheed Martin und Boeing drittgrößte Rüstungskonzern der Welt, EADS der weltgrößte Flugzeugbauer. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, es sei deutlich geworden, dass die Interessen der „zuständigen Regierungen“ nicht in Einklang mit den Konzerninteressen gebracht werden könnten. Die EADS-Aktie legte daraufhin an der Börse zu, während die BAE-Titel nachgaben.
Die Fusion war von Anfang an politisch und betriebswirtschaftlich umstritten. Bisher verfügen Frankreich und Deutschland direkt und indirekt über jeweils gut 22 Prozent der Anteile an EADS, die deutschen Interessen nimmt der Autokonzern Daimler wahr, zukünftig wird es wohl die staatliche KfW-Bank sein. Die von Rezessionsangst geplagte Regierung in London ist zwar nicht Aktionärin bei BAE, aber auch sie fürchtete um eines der letzten industriellen Aushängeschilder des Landes, private Aktionäre bangten um ihre Dividenden.
Mehr militärische Basis
EADS-Konkurrent Boeing hat seine ohnehin starke militärische Basis zuletzt ausgebaut, um dem weniger schwankungsanfälligen, aber auch weniger rentierlichen zivilen Luftfahrtgeschäft aufzuhelfen. Eine ähnliche Strategie verfolgte auch der neue, deutsche EADS-Chef Tom Enders.
Umgekehrt erhoffte sich der BAE-Vorstand weniger Abhängigkeit vom reinen Rüstungsgeschäft mit Jagdflugzeugen, Bomben und Flugzeugträgern. Dies wird zur Hälfte in den USA gemacht und droht infolge der hohen Staatsverschuldung Washingtons einzubrechen.
Die nun geplatzte Fusion eines europäischen Rüstungsriesen sei allerdings „nur die erste Runde“ gewesen, sagte Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit der taz. Es werde weitere Rationalisierungen und Restrukturierungen in Europas Rüstungsindustrie geben.
Leser*innenkommentare
kannes
Gast
Hier sieht man wieder kurzsichtig und gelinde
gesagt blödsinnig die Rüstungsfinanzierung
der westlichen Staaten ist.
Anstatt immer einen ordentlichen
aktuellen und konkurrenzfähigen Waffenbestand
durch laufende Rüstungsaufträge zu gewährleisten,
wird phasenweise bis zum Erbrechen produziert
und infolge staatlicher Mißwirtschaft
die Rüstungsindustrie zur Know-how-Preisgabe
und Produktionsverlagerung ins Ausland
förmlich gezwungen.
Minderwertige Waffen werden bis zum Haltbarkeits-
ende benutzt. Das erinnert an Kommunismus!
Kontinuierliche, verläßliche Produktion
mit vertretbaren Leistungsspitzen müssen gewährleistet
werden. Deshalb wären Staatsrüstungsfonds
als Ergänzungsmittel der Rüstungsbudgets
der europäischen Einzelstaaten gut, um
eben nicht die Abwanderung dieser
existentiellen Industrie zu begünstigen und
nicht einen Know-how-Einbruch aufgrund
ausbleibender Produktionsverträge zu erfahren
und eben keine moralisch fragwürdigen
Rüstungsgeschäfte durchgehen lassen zu müssen!
Staaten müssen unabhängig vom herrschenden
Parteienspektrum die existentiellen Grundlagen,
auch die der Verteidigung und Souveranität,
absichern. Aber BAE könnte ja durchaus
mehr Geld mit Ölbekämpfungstechnik für Shell
und BP verdienen. Es gibt gewaltige
ungenutzte Potentiale.
So könnten aufgrund härterer britischer
Gewässerschutzrechte für
Ölkonzerne im Offshorebereich und an Land, Neuinvestitionen im
Erdölsektor erzwungen werden und Arbeitsplätze
geschaffen werden! Wenn man will, geht viel!
guntherkummerlande
Gast
Das Scheitern dieser Verhandlungen war unbedingt
richtig.
Das Management bei EADS und BAE
muss durch Leistung neue Marktnischen
aufbauen, anstatt durch stupide
Rationalisierung, Synergetisierung auf Kosten der Autonomie
und Sicherheit der europäischen Staaten
zu parasitieren.
Die ManagerInnen sind zu schlecht, um neue
technische Revolutionen voranzuschieben.
Kein Wunder an den "Kaderschmieden" und
in den Schulen herrscht ja auch nur
Mobbing, Schleimgepuder alter neoliberaler
Wirtschaftsideen, Dumpfpaukerei
und Code of Commitment.
Wo ist die viel beschworene Flexibilität
nicht nur in den Sprachen, Arbeitszeiten,
Korruptionsaffären, sondern ausnahmweise
im Denken, Lehren und Gestalten, Kommunizieren?
Die Produktionsanlagen lassen sich doch
auch für zahlreiche alternative Applikationen
nutzen!!
Untertan
Gast
Widerstand gegen eine stärkere Europäisierung der
neuen deutschen Waffenindustrie?
Holzauge sei wachsam!
Die Angst in Europa vor den altbekannten deutschen Hegemonialbestrebungen scheint mir durchaus begründet.
Wirtschaftlich haben wir es schon geschafft. Griechenland wird bald eine Treuhandanstalt erhalten und wir können die Filetstücke übernehmen und den Rest auf ewig in wirtschaftlicher Abhängigkeit halten. Das hat unsere Elite ja bereits üben können. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist ein so effektives Machtinstrument, dass man es auch gleich bei der eigenen Bevölkerung eingeharzt hat. Und zur Kontrolle von deren Wut braucht man effektive
Waffen, mit denen wenige Spezialisten viele Menschen gezielt töten können. Die juristische Ermächtigung dazu hat das Bundesverfassungsgericht ja gerade geliefert. Nur der Demokrat Gaier hat sich bis zuletzt dagegen gewehrt.
Das Stadtschloß von dem aus bereits zu Kaisers Zeiten auf Demokraten geschossen wurde, weil die eine Gefährdung katastrophalen Ausmaßes darstellten, wird auch wieder aufgebaut. Also volle Kraft zurück zur Adelsherrschaft?
Jetzt hat sich die Elite, die zu einem großen Teil aus geistig ewig vorgestrigen Preussen besteht, einen schön großen Rüstungskonzern aufgebaut und wollen mehr Einfluss aus anderen europäischen Ländern mit aller Macht verhindern. Natürlich sind da auch Franzosen dabei, aber welche Konzerne haben die Schlüsseltechnologien und damit die Macht? Da kann man keine britischen Störenfriede oder andere Europäer gebrauchen. Vielleicht muss man die Technik ja irgendwann gegen die Wut europäischer Nationen einsetzen.
Untertan