piwik no script img

Lutherpreis für Pussy Riot„Chaotische vermummte Weiber“

Die Stadt Wittenberg beharrt trotz heftiger Kritik auf der Ehrung von Pussy Riot. Der Mut der Frauen müsse anerkannt werden, sagt der Bürgermeister.

Die Lutherstadt Wittenberg will Pussy Riot 2013 mit dem Preis „Das unerschrockene Wort“ ehren. Bild: dpa

BERLIN taz/epd | Die Stadt Wittenberg hält an ihrer Nominierung der russischen Frauenpunkband Pussy Riot für den Lutherpreis fest. Der Vorschlag sei demokratisch und formal korrekt zustande gekommen, sagte Eckhard Naumann (SPD), Oberbürgermeister der sachsen-anhaltischen Kleinstadt.

Im Juni hatte die Stadtverwaltung mit fünf Jastimmen, einer Neinstimme und zwei Enthaltungen dafür plädiert, den Musikerinnen, die im Februar in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale einen Anti-Putin-Protest vorgetragen hatten, dafür den Preis „Das unerschrockene Wort“ zu verleihen. Jetzt wurde an dem Beschluss Kritik laut.

Friedrich Schorlemmer, Wittenberger Theologe und Bürgerrechtler, sieht in dem Auftritt der drei von insgesamt zehn Musikerinnen eine „Gotteslästerung“. Der Bandname und die Texte seien „anstößig“, sagte Schorlemmer der taz. Heiner Friedrich List, Fraktionschef der Allianz der Bürger, bezeichnete die Frauen als „chaotische Weiber, die vermummt in eine Kirche eindringen, sich diskriminierend und beleidigend äußern“. List will erreichen, dass der Beschluss der Stadt zurückgenommen wird.

Bürgermeister Naumann räumte zwar ein, Pussy Riot sei in „Grenzbereiche des Akzeptablen“ vorgedrungen und habe vermutlich die Gefühle vieler gläubiger Menschen verletzt. Seiner Stadt sei es aber nicht darum gegangen, Provokationen gegen die Kirche auszuzeichnen, sondern den „Mut der jungen Frauen, auch unter Repressionen bei ihrem Protest zu bleiben“.

Der Lutherpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird im April 2013 zum neunten Mal verliehen. Mit dem Preis, der aller zwei Jahre vergeben wird, ehrt der Verbund der Lutherstädte Frauen und Männer, die im Sinne des Reformators Martin Luther Zivilcourage zeigen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • S
    SAM

    Es ist einfach nur erschreckend, dass wir an soetwas nur denken können! Man sollte sich erstmal mit dem Glauben der Orthodoxen beschäftigen und sich fragen wem man so einen Preis vergeben möchte. Es ist nicht nur eine Beleidugung der Kirche, Russlands, sondern kann auch negativ die politische Beziehung beeinflussen. Dass man das Gefühl hat, dass die inländischen Medien Russland und deren Regierung negativ darstellen wollen, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Denn sonst würde man besser recherchieren und auch die anderen Videos zeigen und dokumentieren. Wenn man hier bei uns in der Öffentlichkeit soetwas, dermaßen abscheuliches zu sehen bekommen würden, hätten wir als erstes die Polizei gerufen und nicht die Mut-Preis zuständigen. Es ist nichts anderes als Provokation über solche Leute überhaupt zu Reden, die in der öffentlichkeit Gruppensex haben und Gott in einer Kirche beleidigen und in nachhinein gesagt wird, dass dies eine Demo gegen Putin war. Für mich als Deutschen ist es unbegreiflich. Man muss selbst lesen und recherchieren und nicht alles glauben was uns in den Medien gezeigt wird!

  • P
    Peter

    Ähem, für welche der Aktivitäten gibt es jetzt gleich noch mal den Preis? Für das Herumschreien in der heiligsten orthodoxen Kirche? Oder für frühere Dinge, wie das Einführen von gefrorenen Hühnchen in die Vagina oder öffentlichen Gruppensex?

  • S
    Sasha

    Die Evangelische Kirche will den Luther-Preis vergeben um Gott zu beleidigen.

    Pussy Riot hat in der Kirche "Scheisse Herrn (Gott)" geschrien.

    Sie haben auf dem heiligsten Platz der Kirche gestanden wo dieKommunion gespendet wird. Die Frauen haben dort nicht gesungen sondern nur geschrien "Scheisse Herrn".

    Journalisten der "Novaja Gazeta" haben spaeter einen Gesang gegen Putin und den

    Patriarch Kyrill dem Video der Pussy Riot zugefuegt.

    Das urspruengliche Video koennen Sie hier aufrufen: http://www.youtube.com/watch?v=s9b1GDZ-JZE&feature=youtu.be

  • LR
    Luther Riots

    "Der Patriarch glaubt an Putin. Besser sollte er, der Hund, an Gott glauben."

     

    Das ist eine Zeile aus einer Übersetzung des "Punk Gebets", wie man sie in hierzulande in der Presse findet. Ich finde in dem Text der Pussy Riots viele sehr scharfe Angriffe auf die Kirche. Keinen auf Gott. Beim besten Willen nicht.

    Wer von solchen Texten seinen Gott gelästert findet, der verwechselt Ross und Reiter. Selbst, wer die Kirche als einzig legitime Vertretung Gottes versteht, kann sich nicht völlig der Möglichkeit verschließen, daß dieser Vertreter vielleicht auch mal vom Weg abkommt.

    Luther jedenfalls verschloss sich dieser Möglichkeit nicht. Und schließlich heißt der Preis ja "Luther-Preis" und nicht "Benedikt-Preis".

    Die Pussy Riots bekämen ihn mit allem Recht.

    Zumal sie sich (wie man nun sehen muß), wie Luther, mit jemandem anlegte, mit dem sich anzulegen wahrhaftig keie Kleinigkeit ist. Sie haben etwas riskiert. Anders als die Sprücheklopfer auf dieser und anderen Kommentarseiten.

  • VH
    Volker hört die Signale

    Und schon wieder Muslime mit Gewalt assoziiert, völlig ohne Kontext.

    Gratulation, PornoPapst, zu ihrem pavlovschen Beissreflex. Ist ihnen eigentlich noch irgendetwas peinlich?

  • P
    PornoPapst

    Kriegt Gina Wild jetzt auch nen Preis? Pussy Riot ist kein Tabubruch. Porno ist seit Internet frei zugänglich. Pussy Riot sind Porno... schlechter und hässlicher dazu. Zwei Jahre Straflager ist allerdings hart für ein bisschen Exhibitionismus in einer Kirche. Man sollte sie verdonnern, das gleiche auch in einer Moschee durchzuführen, dann käme die angemessene Strafe von ganz allein.

  • S
    Schandmaul

    Zitate:

    "...dafür den Preis „Das unerschrockene Wort“ zu verleihen."

    "...Pussy Riot sei in „Grenzbereiche des Akzeptablen“ vorgedrungen"

    " „Mut der jungen Frauen, auch unter Repressionen bei ihrem Protest zu bleiben“"

     

    Die obigen Kriterien würden auch auf den Macher des

    "Mohammed-Schmäh-Videos" passen.

     

    Wird der nominiert ? - sicher nicht.

     

    Warum wohl ?

    Muslime zu provozieren ist böse.

    Christen zu provozieren ist einfach besser

     

    Dafür gibt es sogar einen Preis ;-)

  • K
    kroete

    Im totalitären Rußland eines Herrn Putin ist der öffentliche Raum der Straße zur no - go - area andersdenkender Bürger/innen erklärt worden, halten die Patriarchen wie Pech und Schwefel zusammen, die bärtigen Putinbüttel am liebsten Frauen wie diese in alter Kirchentradition wieder brennen sehen wollten.

    Hier heiligt der Zweck die Mittel, mutig die Stimme gegen dieses Unrecht zu erheben, was in diesem sakralen Raum, der doch die Freiheit des Geistes beheimatet, besonders provokant ist, hoffentlich auch ebenso wirksam.

    Wer sollte dies besser wissen, als die Ex - DDR - Bürger/innen, die im Schutz der Kirche Freiheit gepredigt haben.

    Die Stadt eines Luther ist geradezu verpflichtet, diesen Preis an Menschen wie die Pussy Riots zu vergeben, um zumindest Solidarität im Geiste zu signalisieren, denn "Gazprom-is" haben wir jetzt schon zu viele.

  • T
    T.V.

    Zur Ehrung kann man ja denken was man will, die Gegenstimmen sind allerdings erschreckend. Tiefschwarze Christenmeinungen wie die sind hoffentlich in der radikalen Minderheit.

  • A
    agtrier

    genau, wo kämen wir da hin, wenn jeder einfach die Kirche für politische Demonstrationen missbrauchen würde. Demnächst kommt noch einer und nagelt Thesen an die Kirchentür ... ähm, warte mal, gab's das nicht schon mal..?

  • B
    Blacky

    Erinnert sich noch jemand an Brad Manning, der derzeit wg. der Wikileaks-Enthüllungen auf unbestimmte Zeit in den USA inhaftiert ist?

     

    Nicht?

     

    Das wird daran liegen, dass er leider keine T****n und so fähige PR-Anwälte wie diese Punkband-Darstellerinnen hat.

  • N
    Naja

    Ach Frau Schmollack, das ist ja genau nach Ihrem Geschmack. Protest gegen Putin und dann noch von Frauen, ja sogar von jungen Frauen, in auch noch in Russland. Toll.

     

    Mich würde mal interessieren ob Sie es auch so toll gefunden hätten wenn hier junge Männer mit dem Namen "Cock-Warriors" in einer Moschee moslemfeindliche Sätze von sich gegeben hätten?

     

    Übrigens, diese Gören sind keine "Band", die haben noch nie ne Platte aufgenommen oder ein "Konzert" gegeben.

  • D
    D.J.

    Ist es nicht hochgradig albern, die Mädels mit einem Preis zu ehren, dessen Namensträger, Luther, unbedingten Gehorsam gegenüber der Obrigkeit in allen weltlichen Dingen gefordert hat? (von anderen Dingen, wie Befürwortung von Hexenhinrichtungen, mal ganz abgesehen)