Venezuela nach der Wahl: Neue Minister kommen per Twitter
Kaum wiedergewählt, verkündet Venezuelas Präsident Chávez, wie sein Kabinett aussehen wird. Die Neuen stellt er – ganz modern – via Kurznachrichtendienst vor.
BUENOS AIRES taz | Über Twitter hat der wiedergewählte venezolanische Präsident Hugo Chávez die sechs neuen Minister seiner Kabinettsumbildung bekannt gegeben. „Guten Tag, gute Welt. Informiere: habe zum neuen Innen- und Justizminister General Néstor Reverol ernannt. Effizienz!!!“, hieß es dazu im Netz.
Effizienz und mehr Kontrolle waren die Schlagwörter von Chávez’ Selbstkritik gegen Ende seines Wahlkampfs gewesen. In Zukunft sollen die millionenschweren Sozialprogramme – die Misiones – strenger überwacht und effizienter umgesetzt werden. Bereits am Samstag wurden die neuen Minister vereidigt.
Dass Chávez, dessen neue Amtszeit erst im Januar 2013 beginnt, es eilig hatte, ist den im Dezember anstehenden Gouverneurswahlen in allen 24 Bundesstaaten geschuldet. Am Montag läuft die Anmeldefrist der Kandidaten ab.
Chávez schickt mehrere seiner ehemaligen Regierungsmitglieder ins Rennen, darunter den bisherigen Innenminister Tarek al-Aissami und den bisherigen Vizepräsidenten Elías Jaua. Und der Einfluss der Militärs scheint zu wachsen: Elf der von Chávez bestimmten 24 Kandidaten sind Uniformträger.
Drogenbekämpfung hat Priorität
Mit General Néstor Reverol hat Chávez nicht nur einen Militär an die Spitze des Innen- und Justizministeriums gesetzt, sondern auch den gegenwärtigen Chef der Nationalen Antidrogenbehörde ONA. Die Kombination von Militär und Drogenbekämpfer ist bemerkenswert, weil die Verstrickung von Teilen der venezolanischen Armee in den Drogenhandel bekannt, aber ein öffentlich kaum diskutiertes Thema ist. So liegt die Verwaltung der wichtigsten Häfen in den Händen von Militärs, die damit strategische Punkte beim Drogentransport ins Ausland kontrollieren.
Eine Doppelfunktion erhält Nicolás Maduro. Er wurde von Chávez bereits zu seinem Vizepräsidenten ernannt, steht jedoch auch weiter an der Spitze des Außenministeriums. Der ehemalige Busfahrer und Gewerkschafter ist damit nicht nur die zweitmächtigste Person in der Regierung, sondern rückt auch an die erste Stelle einer möglichen Chávez-Nachfolge.
Ob diese auf Madura hinausläuft, wird sich erhärten, wenn Chávez die Verfassung ändern lässt. Nach der bisherigen Regelung muss es Neuwahlen geben, sollte der amtierende Präsident seine Amtszeit nicht zu Ende führen können. Eine Änderung der entsprechenden Artikel würde die Debatte um Chávez’ Gesundheitszustand jedoch kräftig anheizen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!