Regionalwahlen in Venezuela: Tränen in den Augen

Venezuelas Präsident Hugo Chávez erholt sich in Kuba von seiner Operation. In seiner Heimat finden am Wochenende Regionalwahlen statt.

Beten für den krebskranken Präsidenten. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | In Venezuela wird derzeit öffentlich gebetet und geweint. Kein Tag vergeht, an dem nicht auf öffentlichen Plätzen Mahnwachen und Fürbittgebete für Präsident Hugo Chávez abgehalten werden.

Seit der Comandante in Kuba ist, laufen auf den staatlichen Sendern die Spots, in denen Kinder, Erwachsene, Rentner und Soldaten die Faust in die Höhe recken und „Chávez bin ich“ verkünden.

Mit Tränen in den Augen teilte Vizepräsident und Außenminister Nicolás Maduro mit, dass der Präsident am Dienstag eine über sechsstündige Operation „auf erfolgreiche Weise“ überstanden hat. Einen Tag später räumte er ein, dass der Eingriff kompliziert war und der Genesungsprozess nur langsam verlaufee.

Chávez hatte sich Ende November zu einer „Spezialbehandlung“ nach Kuba begeben. Dort fanden die Ärzte bösartige Krebszellen und rieten einen schnelle Operation an. Mit diesem Wissen kehrte er letzten Freitag nach Venezuela zurück.

Schon tags darauf gab er in einer landesweiten Ansprache zur besten abendlichen Sendezeit seine erneute Krebserkrankung bekannt und, dass er umgehend zur Operation nach Havanna zurückkehren werde.

Sollte ihm etwas zustoßen, das ihn „wie auch immer amtsunfähig mache“, soll Nicolás Maduro das Präsidentenamt bis zur Abhaltung von Neuwahlen leiten und sich dann als designierter Kandidat zur Wahl stellen, so Chávez weiter.

Es war das erste Mal, dass der 58-Jährige öffentlich seine Vorstellung über die Regelung seiner Nachfolge bekanntgab. Chávez hatte das Thema in der Vergangenheit stets vermieden.

Nur wenige Informationen

Über die Schwere der Krebserkrankung herrscht auch weiterhin Schweigen. Schon kurz nach seiner Wiederwahl am 8. Oktober aber machte sich Chávez in der Öffentlichkeit merklich rarer als vorher. Auch in den seit einigen Wochen laufenden Wahlkampf um die Gouverneursposten in den 23 Bundesstaaten mischte er sich nur ganz selten ein.

Kommenden Sonntag werden alle 23 Gouverneure sowie 260 Abgeordnete der Regionalparlamente neu gewählt. Es ist die zweite große Abstimmung über die Umsetzung des Chávez-Programms in dem karibischen Ölstaat.

Gegenwärtig werden acht Gouverneure der Opposition zugeschlagen, in den anderen 15 Bundesstaaten regiert das Chávez-Lager. Chávez selbst ernannte seine Kandidaten und schickte gleich mehrere seiner ehemaligen Regierungsmitglieder ins Rennen, darunter den früheren Innenminister Tareck El Aissami und den vorherigen Vizepräsidenten Elías Jaua.

Das Wahlziel ist die Übernahme der Gouverneursposten in allen Bundesstaaten.

Wiederkehr nach der Niederlage

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht der Bundesstaat Miranda. Hier tritt der frühere Vizepräsident Elías Jaua gegen Amtsinhaber Henrique Capriles an. Der hatte im Oktober um die Präsidentschaft kandidiert und dafür sein Amt als Gouverneur vorübergehend ruhen lassen.

Nach der Niederlage übernahm er den Posten wieder. „Das Volk von Miranda hat lediglich den Verlierer zurückbekommen,“ höhnt Herausforderer Jaua.

Ohne Zweifel hat die neuerliche Krebserkrankung Auswirkungen auf die Wahl, sagte der unabhängige Journalist Oscar Torres. Nur welche, lässt sich nicht messen. Seit vergangenem Sonntag dürfen keine Umfragewerte mehr veröffentlicht werden.

Aber der bis dahin nur mäßiges Interesse erzeugende Wahlkampf erhielt plötzlich einen ganz neuen Dreh: Chávez braucht Dich, bete für ihn, handle für ihn, wird nun von Regierungsseite gepredigt. Stimme für ihn, lässt sich da leicht hinzufügen. „Solche Kampagnen wühlen uns Venezolaner auf. Wir stehen emotional immer auf der Seite des Leidenden,“ so Torres.

Reiseerlaubnis für Präsidenten

Chávez‘ Krankengeschichte macht der noch immer im Bündnis „Tisch der Einheit“ zusammengeschlossenen Opposition politisch mehr zu schaffen als den Chávistas. Die Rechten im Bündnis kritisieren offen die Zustimmung der Oppositionsfraktion in der Nationalversammlung zur Reiseerlaubnis des Präsidenten.

Eine solche muss ein Präsident immer einholen, wenn er länger als fünf Tage im Ausland verbringt und das Amt nicht zwischenzeitlich an einen Stellvertreter übergibt. Das alles sei doch nur ein abgekartetes Wahlmanöver, sagen sie.

Für Capriles geht es am Sonntag um seinen Führungsanspruch innerhalb der Opposition. Capriles setzt auf Chávez. Nach seinem Willen muss der Präsident nicht nur im Amt bleiben, sondern auch am 10. Januar seine neue Amtsperiode antreten.

„Der Präsident hat im Wahlkampf Villen und Schlösser versprochen. Das muss er einlösen.“ Capriles‘ Kalkül: Die Legende eines Chávez, der sein Werk nicht vollenden konnte, wäre zukünftig ein viel stärkerer Gegner als jeder ernannte Nachfolger.

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