piwik no script img

Studenten bespitzeltMiet-Proteste im Visier

Beobachtet die Uni das Bündnis "Schlaflos in Hamburg"? Präsidium spricht von Alleingang eines Mitarbeiters.

Öffentlichkeitswirksamer Protest: Demonstration der Kampagne Mietenwahnsinn stoppen. Bild: dpa

Das Aktionsbündnis „Schlaflos in Hamburg? Mietenwahnsinn stoppen!“ ist entsetzt: In einer E-Mail, die den Initiatoren der Kampagne für bezahlbaren Wohnraum für Studierende zugespielt wurde und die der taz vorliegt, wendet sich der Leiter des Serviceteams des Gebäudemanagements an seine Mitarbeiter mit der Bitte, Informationen zur Wohnungsnot-Kampagne unbedingt weiterzuleiten. In der E-Mail heißt es weiter: „Bitte halten Sie Augen und Ohren offen und informieren uns, falls Einzelheiten bekannt.“

Für Maarten Thiele, Sprecher des Bündnisses der Asten und der Gewerkschaftsjugend und Referent des Asta für Soziales, ist die Sache klar: „Hier sollen Studierende bei ihren Aktivitäten bespitzelt werden.“ Vergangene Woche zählte die Kampagne bei dem „Rave gegen Wohnungsnot“ 1.700 Demonstranten. In den nächsten Wochen sind weitere Aktionen geplant, um auf die Wohnungsnot der Studierenden aufmerksam zu machen.

Thiele wertet das Vorgehen nicht nur als einen „ungeheuerlichen Angriff auf sich politisch engagierende Studierende, sondern als einen auf alle Studierenden“. Er befürchtet, dass die Universität mit anderen Behörden zusammenarbeitet. Es sei nicht die Aufgabe des Gebäudemanagements, ihren Mitarbeitern solche Anweisungen zu geben.

Das Uni-Präsidium bestreitet, in den Vorgang involviert zu sein. Wie dessen Sprecherin Christiane Kuhrt mitteilt, ist es nicht Aufgabe der Gebäudemanagementabteilung, Informationen dieser Art zu sammeln und weiterzuleiten. „Das Präsidium hat mit Entsetzen und Bestürzung von der eigenmächtigen Aktion eines Verwaltungsmitarbeiters erfahren und verfolgt zurzeit die Frage, auf welche Veranlassung dies zurückgeht“, ergänzt die Sprecherin. Das Präsidium werde dafür Sorge tragen, dass sich derartige Alleingänge nicht wiederholen. Zu welchem Zweck der Verwaltungsmitarbeiter Informationen sammelt, sei dem Präsidium weder bekannt noch nachvollziehbar.

Bela Rogalla, der Landessprecher der Linken hält den Vorgang für einen „Spitzel-Skandal“. Die beiden Demonstrationen, die der E-Mail zufolge beobachtet werden sollen, fänden weder auf dem Campus noch in der Nähe des Campus statt. „Sollte der Universitätspräsident die Spitzel-Aktivitäten nicht unverzüglich stoppen, muss die Wissenschaftssenatorin ihre Rechtsaufsicht gegenüber der Universität ausüben.“

Uni-Präsident Dieter Lenzen hat inzwischen selbst eine Anweisung an seine Mitarbeiter geschickt, wonach er die Sammlung und Weitergabe von Informationen zu den Protesten auf das Schärfste kritisiert. „Sie erfolgte ohne Wissen, geschweige denn Genehmigung der Universitätsleitung. Ihr Sinn ist im Übrigen in keiner Weise einzusehen“, schreibt er. Die Mitteilung sei unverzüglich zu revidieren, entsprechende Schriftstücke zu entfernen. Außerdem bittet Lenzen um einem Bericht.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • 4
    4tehlulz

    my two cent:

    einerseits:

    ich habe gehört, in anderen städten sollen wohnungen deutlich billiger zu bekommen sein. könnte man sich ja mal überlegen, ob man wirklich in hh studieren muss (auch wenn das natürlich _verdammt_ cool und hip ist).

     

    und: das zitat ließt sich jetzt nicht wie: "hey, hausmeister! installiert mal wanzen in den steckdosen!"

     

    andererseits:

    so hat man die hipster in einer stadt. auch nicht das schlimmste.

  • G
    Gonzo

    Wenn da mal nicht die kompetenten Nazi-Supporter vom sogenannten "Verfassungsschutz" dahinter stecken.

    Wenn man sich den Bericht des letzten Jahres von deren Hamburger Zweigstelle anschaut, erscheint das durchaus plausibel. Das Netzwerk "Recht auf Stadt" und das Thema "Anti-Gentrifizierung" (S.92) wird da als überwachungswürdig behandelt und z.B. die Demo "Hells Bells" - "Topfschlagen gegen Wohnungsnot und stei­gende Mieten" (S.105) aufgeführt.

    (http://www.hamburg.de/contentblob/3409076/data/verfassungsschutzbericht-2011-nur-text-fassung-fhh.pdf)

     

    Nicht einschüchtern lassen! Verfassungsschutz und andere Spitzelverein abschaffen!

     

    Und passend dazu: die Demo anlässlich des Jahrestags der Aufdeckung der NSU: "Rassismus entgegentreten - Faschismus bekämpfen - Verfassungsschutz auflösen!"

    am 03.11.2012 um 12:00 ab Steindamm / Lindenstraße.

     

    Cheers,

    Gonzo