Konflikt in Libyen: Bani Walid erobert
Die Gefechte um die libysche Stadt Bani Walid haben die Regierungstruppen für sich entschieden. Zehntausende Einwohner sind auf der Flucht.
BANI WALID/TRIPOLIS afp/dpa | Regierungstreue Kräfte haben in Libyen am Mittwoch die Kontrolle über die Stadt Bani Walid übernommen. Wie ein afp-Reporter berichtete, versammelten sich hunderte Kämpfer der regierungstreuen Truppen, die sich aus Ex-Rebellen zusammensetzen, im Zentrum der südöstlich von Tripolis liegenden Stadt. Bani Walid war eine der letzten Hochburgen von Anhängern des getöteten Machthabers Muammar al-Gaddafi.
In Bani Walid sind mehr als die Hälfte der 80 000 Einwohner vor den seit Samstag andauernden Kämpfen geflohen. Das berichtete die Zeitung „Libya Herald“ am Mittwoch unter Berufung auf Helfer, die sich um die Unterbringung der Vertriebenen kümmern.
Militärsprecher Mohammed al-Gandus sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Lana, die Regierungstruppen hätten inzwischen alle wichtigen Gebäude der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Viele „Gesetzesbrecher“ seien festgenommen worden.
Bani Walid war eine der letzten Hochburgen des Regimes von Muammar al-Gaddafi, der im vergangenen Jahr von Rebellen getötet worden war. Die Militärkampagne gegen angebliche „Überbleibsel des alten Regimes“ wird angeführt von Milizen aus der Stadt Misrata, deren Bewohner eine alte Rivalität mit Bani Walid pflegen.
Leser*innenkommentare
Jan Do
Gast
Gegenwärtig finden in Libyen genau die Verbrechen statt, welche einst Gaddafi unterstellt wurden, um einen Kriegsgrund zu konstruieren. Die Stadt Bani Walid wird seit mehr als zwei Wochen von Truppen der von der NATO unterstützten Übergangsregierung belagert und beschossen. Der Grund: die Bevölkerung würde sich nicht bedingungslos der neuen Regierung unterwerfen. Die Opfer des wahllosen Beschusses in der Zivilbevölkerung sind schrecklich, Berichte zum Beispiel bei Lizzie Phelan: http://lizzie-phelan.blogspot.de/. Wo bleiben eigentlich UN und NATO? Hier haben wir wirklich einmal eine Regierung, welche ganze Städte ihres Volkes vernichtet. Es ist nicht die erste Stadt in Libyen, welche im Namen der neuen Demokratie vernichtet wird. Die einst von etwa 50.000 Farbigen bewohnte Stadt Tawergha ist inzwischen menschleer – in unseren staatlich kontrollierten Medien werden wir nichts darüber erfahren.
Opa Rodenwald
Gast
Ja, sehe ich auch so, lieber Turnschuhrebell. Die TAZ steht mittlerweile rechts von der Jungen Freiheit und der FAZ.
Henning Lilge
Gast
Sehr geehrte Redaktion,
man stelle sich vor die Stadt hiesse nicht Bani Walid sondern Idlib. Die Regierungstruppen wären nicht lybische sondern syrische. 40 000 flüchtende Zivilisten. Angriff mit schweren Waffen auf eine Stadt, die vorher Tagelang von Medikamenten, Nahrungsmitteln , Wassern etc. abgeschlossen wurde. Wäre Ihnen da nicht das Wort Genozid, Anklage des Präsidenten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, Eingreifen der Nato oder des Sicherheitsrates mit Friedenstruppen leicht von den Lippen gekommen? Jetzt aber ist wieder Ordnung hergestellt. Die Bilderwelt zeigt 3 saubere PKWs . Keine Ruinen, keine Toten, keine zerstörten Wohnviertel. Afnahmen und Zeitzeugen waren wegen Absperrung nicht möglich. Seltsamerweise sind solche Aufnahmen aus Syrien möglich. Wieso ? Mangelndes Interesse? Oder wohlwollende Kriegsberichterstattung für die "befreundete" Seite. Gestern waren es noch Milizen aus Misrata, dann werden es publizistisch "regierungsfreundliche Truppen". Heute sind es die "Regierungstruppen" selber . Wenn es den Genozidvorwurf geben wird sind es natürlich wieder die "unkontrollierbaren Milizen aus Misrata. Was den Sohn von Ghadafi nach Den Haag bringen soll , muss ein jetziger lybischer Präsident nicht fürchten : das Zulassen von Greueltaten.
Sprache ist dehnbar. Kritischer Journalismus sähe anders aus.
Mit freundlichen Grüssen
Henning Lilge
gabriel
Gast
Wieso, der Staat hat das Gewaltmonopol und muss sich gegen bewaffnete Anhänger von Diktatoren durchsetzen. Und der neue libysche Staat ist anders, da wurde doch die Regierung gewählt. Welche demokratische Legitimation hatte den Ghaddafi? Keine.
Niedra
Gast
Wieso nennt man das "getötet?"
Nach den gesehenen Bildern, und den internationalen Rechtsstandards, war das Mord. Diktator hin oder her.
Turnschuhrebell
Gast
Wieso wurden die Angreifer auf Bani Walid nicht genauso von der Nato aufgehalten wie die Angreifer
auf Benghazi seinerzeit.
Beides wäre gerechtfertigt gewesen.
Hier wird anscheinend leider mit zweierlei Maß gemessen.