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Juso-Chef über die SPD„Wir sind der Stachel im Fleisch“

Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt erwartet von der SPD-Spitze „eine stärkere Abgrenzung von Schwarz-Gelb“. Zum Beispiel beim Asylrecht.

Springt oft wie ein „Flummi hin und her“: Juso-Chef Vogt (nicht im Bild) über die SPD-Spitze (im Bild). Bild: dpa
Anja Maier
Interview von Anja Maier

taz: Herr Vogt, gebraucht oder geduldet – welche Rolle spielen die Jusos innerhalb der SPD?

Sascha Vogt: Eine wichtige Rolle. Wir sind der Stachel im Fleisch der SPD. Wir sorgen dafür, dass in der Partei notwendige Debatten geführt werden.

Sie vertreten 67.000 Mitglieder, so viele, wie die Linkspartei hat. Welche Handlungsoptionen ergeben sich aus dieser Größe?

Die Partei braucht uns, um erfolgreich Wahlkampf machen zu können. Jeder in der SPD weiß, dass wir auf allen Ebenen Debatten anstoßen können. Nehmen wir die Rentendiskussion – da gehören wir natürlich zu denen, die sich gegen die weitere Privatisierung ausgesprochen haben. Das vollzieht die Partei jetzt nach. Wir haben viele Delegierte auf Parteitagen. Das wissen auch Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück.

Am Wochenende findet in Magdeburg der Juso-Bundeskongress statt. Was werden dort die wichtigsten Themen sein?

Wir wollen ein klares Signal zur Bundestagswahl 2013 senden. Wir wollen nicht nur einen Regierungs-, sondern einen Politikwechsel. Das muss sich auch im SPD-Wahlprogramm widerspiegeln. Wir brauchen eine glasklare Alternative zu Schwarz-Gelb.

dapd
Im Interview: SASCHA VOGT

32, ist Bundesvorsitzender der Jusos. Der Politologe führt die Jugendorganisation der SPD seit zwei Jahren. Am Freitag spricht er beim Bundeskongress.

Wo könnte und sollte sich die SPD klarer von Schwarz-Gelb unterscheiden?

Viele Themen sind ja offensichtlich: etwa das Betreuungsgeld und die Arbeitsmarktpolitik. Aber ich glaube, auch in gesellschaftspolitischen Fragen ist eine stärkere Abgrenzung notwendig. Wo Schwarz-Gelb sagt, wir wollen das Asylrecht weiter einschränken, muss die SPD deutlich machen: Wir sind für eine offene und tolerante Gesellschaft, eigentlich müssen wir noch viel mehr Menschen bei uns aufnehmen, die verfolgt werden.

Tut die Parteiführung das nicht in ausreichendem Maße?

Ich würde mir manchmal von der Parteiführung an der einen oder anderen Stelle ein klareres Bekenntnis wünschen. Wir tun nicht gut daran, bei diesen gesellschaftlichen Debatten wie ein Flummi hin und her zu springen. Wir brauchen ein klares Profil gegen Rassismus und für eine tolerante Gesellschaft. Wir sind für eine Liberalisierung des Asylrechts und für ein Wahlrecht für alle Menschen, die hier längere Zeit leben.

Beim Bundeskongress wird Peer Steinbrück eine Rede halten. Der designierte Kanzlerkandidat gilt nicht als ausgemachter Freund der Jusos.

Das beruhte häufig auf Gegenseitigkeit. Ja, es gab in der Vergangenheit die eine oder andere Auseinandersetzung, das habe ich nie verschwiegen. Klar ist aber nun, wir wollen gemeinsam diese Bundesregierung ablösen. Peer Steinbrück ist mit Sicherheit ein besserer Kanzler als Angela Merkel. Darum geht es jetzt.

Was erwarten Sie von seiner Rede?

Ich erwarte, dass er klare Positionen bezieht, sagt, mit welchen programmatischen Punkten er in den Wahlkampf zieht, die er dann auch nach einer gewonnen Wahl umsetzt.

Sie pochen also auf Inhalte?

Natürlich. Es gibt etliche Themen, zu denen er sich noch nicht geäußert hat. Er ist in den vergangenen Jahren ja eher in seiner Rolle als ehemaliger Finanzminister unterwegs gewesen. Das ist kein Vorwurf. Aber jetzt stehen Fragen an, die wahlentscheidend sind: arbeitsmarktpolitische, sozialpolitische, gesellschaftspolitische. Wie geht er mit der Gleichstellung von Frauen und Männern um? All das sind Punkte, die ich von einem Kanzlerkandidaten erwarte. Da freue ich mich auf Akzente.

Wie beliebt ist der Kandidat unter den Jusos?

Wir können diese Wahl nur gewinnen, wenn wir es schaffen, viele gesellschaftliche Gruppen anzusprechen. Dazu können wir Jusos eine Menge beitragen. Aber dafür brauchen wir zum Programm einen Kandidaten, mit dem wir diese Zielgruppen ansprechen können. Es kommt entscheidend darauf an, dass wir da gemeinsam etwas auf die Beine stellen, womit wir diese Pluralität deutlich machen können.

Auf Augenhöhe?

Na sicher. Wir sind nicht die Jugendorganisation, die sagt: Alles, was der Kanzlerkandidat sagt, ist richtig. Das wird niemals unsere Rolle sein. Wir werden ihn aber nach Kräften unterstützen.

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8 Kommentare

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  • WU
    Wunsch und Wirklichkeit

    "Wir brauchen ein klares Profil gegen Rassismus und für eine tolerante Gesellschaft."

     

    Eure Mutterpartei hat sich noch nicht mal getraut, den Thilo S. vor die Tür zu setzen.

  • W
    Weinberg

    Haben die Jusos noch nicht gemerkt, dass ihr Kanzlerkandidat Steinbrück bereits „verbrannt“ ist?

     

    Steinbrück ist chancenlos – das war er übrigens schon zum Zeitpunkt der Ausrufung seiner Kandidatur durch die Häuser Springer und Bertelsmann.

     

    Für Merkel und ihre CDU/CSU ist Steinbrück ein Geschenk des Himmels. Selbst die gelben Möwenpigs werden sich an ihm laben.

     

    Aber auch die Linkspartei wird von seiner Kandidatur profitieren, denn die Linken werden der (linken) Wählerschaft jetzt nochmals deutlich machen können, für was der SPD-Hartz IV-Kandidat, Förderer der Großbanken und Versicherungskonzerne sowie Freund unanständig hoher Rednerhonorare steht.

  • E
    Eremit

    Hach die rebellische Jugend: Da wird der einzige Kandidat gekürt, der diesseits der FDP noch bankenfreundlicher ist als Merkel (und für eine Bankenrettung durch Steuergeld ohne irgendeine staatliche Aufsicht durch die Banken plädierte!), bei der WestLB als Finanzminister Verantwortung eben gerade nicht übernahm...

     

    Und alles, was die Jusos dazu zu sagen haben, naja, alles besser außer Merkel. Wie mit einem solchen Kandidaten sozialdemokratische Mindestansprüche durchgesetzt werden wollen, ist da schon weniger interessant.

     

    Stachel im Fleisch? Staatsträgertümelnde Schulterschluß-Kuschler!

     

    Andererseits, da die SPD nun eh schon nicht mehr zu retten ist, gibt's ja auch keinen Grund, warum das bei den Jusos anders sein sollte.

     

    Schlimmer als rechte Politik ist die bloße Simulation linker Politik.

  • M
    MapleLeaf

    Junge Menschen mit Visionen sind also gänzlich unerwünscht, eigentlich schade für eine Gesellschaft, die genau diesen Politikertyp (Visionär) nicht mehr hat.

     

    Wieso Jusos nicht alles verhindert haben? Viele Jusos sind garnicht in der Partei, zurecht.

  • M
    Mike

    Die lieben Jusos,

     

    eine herzallerliebste Jugendorganisation ( der Chef ist 32) die schon immer ein Problem mit der Realität hatte, aber das ist ok, das haben Junge Menschen nun mal, das macht die Symphatisch (auch wenn man mit 32 etwas reifer sein sollte, aber was soll man von jemanden erwarten der sein bisherigen Leben nur im geschützen Raum verbracht hat, Schule, Uni, Gewerkschaft)

     

    Was die Jusos unsympatisch macht ist ihr Haltung zur Linken Gewalt (Vorstandsmitglieder die bei der Roten Hilfe aktiv sind /waren)

  • K
    Kaboom

    Die JUSOS? Die gibts noch?

    Wo waren die Jusos zwischen 2003 und 2005 als Schröder, Steinbrück & Co. den Sozialstaat abrissen und nach Kräften Arbeitnehmerrechts schliffen?

    Wo waren die Jusos, als die Sozen nach der Wahl 2005 eine neuerliche Markt-Deregulierungsorgie in den Koalitionsvertrag der Groko schrieben?

    Und wo waren die Jusos als mit Steinbrück der exponierteste Vertreter derer, die die arbeitnehmerfeindlichste Politik zu verantworten haben, die je in diesem Land gemacht wurde, zum Kanzlerkandidaten gekürt wurde?

     

    Die Jusos sind heute - möglicherweise - ein Pickel am Hintern der SPD, aber ganz sicher kein Stachel im Fleisch.

  • SK
    So klingt es ehrlicher:

    Jusos: "Wir sind die Steibrücks von morgen, nur noch etwas mehr Parteiapparatschiks. Bis wir abkassieren können singen wir Arbeiterlieder aus dem letzten Jahrhundert und hoffen auf eine steuerbezahlte Stelle."

     

    Das wäre ehrlich. Es gibt sowieso nicht dümmeres und gehirngewascheneres als Menschen die schon als Kinder oder Jugendliche in Parteigehirnwaschmaschinen, Jugendorganisationen genannt, auf Linie getrimmt werden. Egal bei welcher Partei.

  • A
    Ansgar

    "Wir sind für eine offene und tolerante Gesellschaft, eigentlich müssen wir noch viel mehr Menschen bei uns aufnehmen, die verfolgt werden."

     

    Stimmt. Schade nur, dass diese Forderung konterkariert wir durch irgendwelche Turbo-Spinner, die eine dahingehende Überprüfung grundlegend ablehnen und dadurch die Akzeptanz weiterer Aufnahmen zerstören.