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Jacobs-UniversitätUni ruft zum Zeitungs-Boykott

Der Vizepräsident der Jacobs-Uni reagierte auf einen kritischen Zeitungsbericht mit der Aufforderung, die Zeitung zu boykottieren.

BREMEN taz Hin und wieder muss es eine Institution ertragen, dass kritische Meinungen über sie berichtet werden – sogar in Bremen-Nord. So thematisierte die Norddeutsche gestern die Kritik der Tierrechtsorganisation Peta an den Ratten-Experimenten der JUB und zitierte die Stellungnahme Der Linken zu dem Thema. 2.000 Protest-Mails hat der zuständige Hochschullehrer in den letzten Tagen bekommen, fast ein „shitstorm“.

Aber die Jacobs-Uni kann sich schlecht beschweren – hat sie doch selber im Juni das Instrument von Protest-Mails schwunghaft genutzt. „Opfer“ war da eine Redakteurin der Norddeutschen, der lokalen Beilage des Weser Kuriers. Der PR-Chef Peter Wiegand selber hatte in einer Mail an alle Studierende zu solchen Protesten aufgerufen.

Warum das? Die Norddeutsche hatte berichtet, dass auf dem Gelände der Jacobs-Universität zusammenkopierte Reader öffentlich zum Verkauf angeboten werden und dass es, ohne dass es eine Schank-Genehmigung gibt, an einzelnen Tagen Alkohol-Verkauf gibt.

Eine nicht namentlich genannte ausländische Studierende beklagte sich gegenüber der Zeitung, dass man nach dem Studium wieder in die Heimat zurückkommt ohne viel von Bremen mitbekommen zu haben.

Pressesprecher Peter Wiegand wies in einer Rundmail an alle Studierende die Vorwürfe zurück und erklärte, es handele sich um einen „conceited effort by the newspaper to slander and defame Jacobs University’s good reputation“, also eine Diffamierungskampagne. Und er forderte die Studierenden zur Gegenwehr auf: „Our community need to rally together and make their voice heard on the Weser Kurier Facebook page.“

Das war dem Vize-Präsidenten Bernhard Kramer zu wenig. Er schob eine Rundmail nach, in der er der „Dear Community“ erklärte, Leserbriefe seien zu wenig, „the only way to fight this journal is not to buy it, and to motivate our host families not to buy it“.

Also ein Boykott-Aufruf, und da kaum ein Jacobs-Studierender ein Abonnement einer deutschen Lokalzeitung haben dürfte, fügte er hinzu, die Studierenden sollten ihre „Gasteltern“ motivieren, die Zeitung nicht mehr zu kaufen.

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4 Kommentare

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  • S
    Steuergeldverschwender

    War es nicht auch so, dass Radio Bremen neulich für einen Fernsehbericht, in dem es über die Steuergelder für die Jacobs-Uni ging, keinen Zugang zum Uni-Gelände bekam? Man wird dort wohl wissen, warum man Meinungsfreiheit und Freiheit der Berichterstattung unterbindet.

     

    Dass natürlich ausgerechnet der Pressesprechern solchen Zensurmassnahmen Vorschub leistet, wirft noch einmal ein besonderes Licht auf die offenbar prekäre Situation dort. Aber wenn man meint, sich so Freunde ind er Stadt zu machen ... der mündige Bürger denkt sich seinen Teil. Und steht hoffentlich auf dafür, dass ein gescheiteretes Modell, das hierzulande offenbar nicht funktioniert, noch Millionen Euronen an Steuergeldern hinterhergeworfen bekommt.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Meinungsfreiheit wird im Grundgesetz garantiert,dies hat auch der Vizepräsident der Jacobs Universität zu akzeptieren und zuz respektieren.

  • B
    bremermann

    Statt auf die einzelnen Punkte einzugehen, wird von der Privatuni-Leitung also zum Boykott einer Lokalzeitung aufgerufen. Keine Klarstellung, keine Sensibilität - wär hätte das denn auch erwartet angesichts der drängenden Probleme der "staatlich finanzierten Privatuni". Vielleicht hilft es ja, wenn die Uni-Leitung demnächst über das von ihr gesammelte Flaschpfand ihren Teil zur Finanzierung der Jacobs-Uni beiträgt.

    Transparenz und Offenheit waren noch nie die Stärken dieser Uni-Leitung - egal, wer dort das Sagen hatte bzw. hat. Es haben immer die anderen Schuld an der miesen Situatuion - da hilft offensichtlich nur noch Alkohol...

  • P
    Paulinchen

    Na ja,

    vielleicht nicht so dolle aufregen. Ich spreche damit beide Seiten an.

    So ein gezanke ist doch für beide Seiten nicht

    konstruktiv.............. Da gibt es doch sicher

    andere Wege, um Win-Win-Situationen zu schaffen.