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Streit um EU-BudgetFeindbild Brüsseler Bürokrat

Das EU-Budget ist nicht zukunftsorientiert. Für „grünes Wachstum“ fehlt Geld, dafür profitieren die Bauern. Nun stehen die Gehälter von EU-Beamten im Visier.

Fühlen sich im Vergleich zu EU-Beamten schlecht bezahlt: Bundeskanzlerin Merkel und Premierminister Cameron. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Die Billion ist geknackt: Mehr als 1.000 Milliarden Euro wird das nächste EU-Budget nun doch nicht umfassen. So viel zumindest scheint sicher. Die große Frage ist jedoch, wie weit der Finanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 unter dieser magischen Schwelle bleibt. Schrumpft das Budget auf 943 Milliarden Euro, wie dies die Deutschen wünschen, oder sogar noch mehr, wie die Briten fordern? Und wenn ja, wo kann noch gespart werden?

Bisher hat Ratspräsident Herman Van Rompuy mit Rechentricks gearbeitet. Er hat Milliarden zwischen den Haushaltsposten umgeschichtet – ein bisschen mehr für Landwirtschaft und Strukturhilfen, etwas weniger für Telekommunikation und Transport. Dies hat nicht nur die Briten geärgert, sondern auch das Europaparlament: „Wir opfern die Zukunft zu Lasten der Vergangenheit“, kritisiert die Grüne Helga Trüpel.

Eine Umstellung auf „grünes Wachstum“ ist dagegen nicht geplant. Selbst die Mittel für den erst im Juni beschlossenen Wachstumspakt zugunsten den Krisenländer bleiben, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, auf der Strecke. Die Debatte konzentrierte sich gestern auf einen anderen neuralgischen Punkt: die EU-Verwaltung. Cameron hatte sie mit der Bemerkung ausgelöst, einige Hunderte EU-Beamte verdienten mehr als er. Kanzlerin Merkel griff das Thema auf, wenn auch weniger polemisch.

Da die EU-Staaten wegen der Krise den Gürtel enger schnallen müssen, sollten auch die EU-Bediensteten ein Zeichen setzen, hieß es in Merkels Umfeld. Die Deutschen wollen zwar nicht so weit gehen wie Cameron, der Einsparungen in Höhe von 6 Milliarden Euro verlangt und das Rentenalter auf 68 Jahre heraufsetzen will. Ein kleiner Einschnitt müsse aber schon sein.

Die EU-Kommission reagierte defensiv. „Wir sehen, dass wir handeln müssen“, hieß es im Umfeld von Kommissionschef José Manuel Barroso. Doch die so lauthals geforderte Verschlankungskur sei längst auf dem Weg. Seit 2004 werden EU-Beamte immer öfter durch Angestellte ersetzt, auch die Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche ist geplant. Mit 55.000 Bediensteten, darunter 35.000 Beamten, sei die EU-Verwaltung nicht überdimensioniert, sondern „klein und schlank“, so ein Barroso-Vertrauter. Doch an einer weiteren Diät wird wohl kein Weg vorbeiführen. Merkel fordert zwar „mehr Europa“ – doch mehr Personal ist damit offensichtlich nicht gemeint.

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