WWF-Studie zu Kinderbüchern: Mein erstes Tropenholzbuch
In drei von zehn Kinderbüchern weisen Naturschützer Fasern aus gefährdeten Regenwäldern nach. Sie warnen vor „Umweltkillern“ unterm Christbaum.
BERLIN taz/dpa | Für die Herstellung vieler deutscher Kinderbücher wird in bedrohten Regenwäldern gerodet. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des World Wide Fund For Nature (WWF), die am Montag vorgestellt wird. Demnach enthalten Pappe und Papier der getesteten Bücher bis zu 53 Prozent Tropenholz.
Zwischen Herbst 2010 und Sommer 2012 ließen die Naturschützer insgesamt 79 Buchtitel deutscher Verlage von zwei unabhängigen Labors in den USA und an der TU Darmstadt untersuchen. In 22 davon wurden in Deckel oder Buchseiten entsprechende Fasern nachgewiesen.
Damit enthielten fast 30 Prozent der untersuchten Kinderbücher erhebliche Mengen Tropenholz. „Die Laboranalysen haben unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt“, sagt Johannes Zahnen vom WWF. „Ohne es zu ahnen, laufen Eltern und Großeltern Gefahr, dem Nachwuchs wahre Umweltkiller unter den Weihnachtsbaum zu legen.“
Insbesondere der Coppenrath Verlag aus Münster wird kritisiert. In sechs seiner Bücher hat der WWF Tropenholz gefunden, etwa in „Das ist der Wald“ und „Frohe Weihnachten, kleiner Bär!“. Ein Sprecher erklärte, man habe bereits Kontakt zu Lieferanten aufgenommen, um Tropenholzfasern im Papier zu vermeiden.
Drei der kritisierten Bücher stammen von arsEdition aus München. Die genannten Titel „Der kleine König Hubert kennt die Uhr“ und „Meine Streicheltiere“ seien allerdings nicht mehr lieferbar, teilte der Verlag mit. Das beanstandete Buch „Tiere im Wald – Was hörst du hier?“ werde beim anstehenden Nachdruck mit nachhaltigem zertifiziertem Papier produziert.
Standards der Lieferanten erneut prüfen
Der zur Bertelsmann-Tochter Random House gehörende Münchner Verlag cbj erklärte, die derzeit erhältlichen Ausgaben der kritisierten Titel „Frag doch mal … die Maus! – Im Wald“ und „Frag doch mal … die Maus! – Am Meer“ seien komplett auf nachhaltigem zertifiziertem Papier gedruckt.
Der Mannheimer Duden-Verlag, der mit einem Buch auf der Negativliste auftaucht, erklärte, Lieferanten seien vertraglich zum Einsatz von umweltfreundlichen Materialien und dem Ausschluss von Tropenholzanteilen verpflichtet. Dieses gelte auch für das beanstandete Buch „Schau doch mal! – Die Tierkinder“ vor. Man wolle die Qualitätsstandards der Lieferanten nun jedoch erneut überprüfen.
Versuch einer branchenweiten Selbstverpflichtung erfolglos
Vor rund drei Jahren hatte der WWF erstmals stichprobenartig Kinder- und Jugendbücher auf Tropenholzanteile untersuchen lassen. Damals wurden die Naturschützer in 19 von 51 Titeln fündig.
Nach der Präsentation der Ergebnisse auf der Frankfurter Buchmesse und einem runden Tisch im Folgejahr verpflichteten sich im Jahr 2010 Verlage wie Kosmos oder die deutschsprachigen Verlage der Holtzbrinck-Gruppe freiwillig, auf jegliche Tropenhölzer zu verzichten. Seither haben auch Großverlage wie dtv und Ullstein weitestgehend auf zertifiziertes tropenholzfreies Papier umgestellt. Der Forderung nach einer branchenweiten Selbstverpflichtung kam der Börsenverein des Deutschen Buchhandels nach Gesprächen mit dem WWF nicht nach.
Leser*innenkommentare
Kai
Gast
Es gibt mittlerweile so tolles Recycling-Papier, dass man auf Frischfasern gut verzichten kann. Das gilt auch für Toilettenpapier und Taschentücher. Wer will sich heutzutage noch den Arsch mit Frischfasern aus Tropenholz abwischen?
Marla
Gast
papier aus hanffasern wäre die lösung:
https://www.youtube.com/watch?v=EDaX-EWtoT4
also, aufwachen!
Koch
Gast
Das Tropenholzbuch ist doch nur eine Komponente dieses Hauses.
Wichtiger ist doch:
- Lohnbedingungen der Drucker in China
- Herkünfte und Produktionsbedingungen der Textilien
dieses Hauses
- Materialien der Spielzeuge - aus Südostasien
- Lohnbedingungen der Logistikmitarbeiter aus dem Münsterland - Arbeitsamt bezahlt die Löhne zum Großteil - aber der Inhaber gilt ja als vorbildlicher Unternehmer
Sicher gibt es noch mehr unschöne Fakten über die berichtet werden sollte
- Was macht der Käufer.
Es kauft guten Gewissens die Produkte mit dem guten Namen aus dem schönen Münsterland.
Sei es drum
Mein Name
Gast
Die meisten Bücher im dt. Buchhandel tragen das FSC-Mix-Logo. Darin stecken 10 % Zellstoff aus kontrollierter Waldwirtschaft. Die beginnt jedoch schon da, wo vorher tropischer Primärwald war und jetzt nur noch Sekundärwald steht. Die übrigen 90 % können von überall her sein. Der WWF ist einer der Hauptmotoren hinter der FSC-Zertifizierung - und deckt jetzt seine eigenen Sünden auf? Sollen vor Weihnachten weitere Spenden eingeworben werden?
Dass die letzten Urwälder in Skandinavien (inzwischen abgeholzt) und Osteuropa (Reste in Nordwestrussland) gefällt werden, ist ein zweites Übel. Sie gegeneinander auszuspielen macht m.E. wenig Sinn.
Bastelonkel
Gast
... jetzt fühle ich mich aber echt betroffen ...
Maibaer
Gast
Was für eine Augenwischerei! Tropenholz - ein Skandal, lächerlich! Für Papier werden v.a. nordische Wälder z.B. in Kanada und Sibirien geschlagen, wichtige Ökosysteme und CO2-Speicher, die schlecht regenerieren. Der Kahlschlag führt dort zu massiven Umweltproblemen und Lebensraumzerstörungen.
Was schert da der Tropenholzanteil?? Lieber sollte man mal wieder das FSC-Siegel genauer unter die Lupe nehmen und generell den hemmungslosen Papierverbrauch einschränken!