Reparatur von Apple-Geräten: Verklebt und vernagelt
Apple baut seine Geräte leichter und schmaler – zum Teil mit rabiaten Vernagelungsmethoden. Das behindert Recycling und Materialsparsamkeit.
Apples neuer iMac wird als Meisterwerk der Gadget-Ingenieurskunst beworben: An den Rändern nur fünf Millimeter dick, entsteht das Alugehäuse des All-in-one-Rechners in einem speziellen Schweißverfahren („Friction stir welding“), das sonst nur im Flugzeugbau zum Einsatz kommt.
„Unser bester iMac aller Zeiten“, kündigte Apples Marketingchef Phil Schiller bei der Vorstellung im Oktober begeistert an – eine Begeisterung, die auch auf Technikjournalisten übergriff. Sie lobten das Gerät, das inzwischen im Handel ist, über den grünen Klee.
Der Blick ins Innere des Gehäuses trübt jedoch die Apple-typische Hype-Stimmung in den IT-Medien. Wie der Reparaturdienstleister „iFixIt“ vor einigen Tagen berichtete, handelt es sich beim neuen iMac um den wohl am schlechtesten zu wartenden Desktop-Computer von Apple seit langem.
Nur ganze drei von zehn Punkten im Reparierbarkeitsindex erhielt die Maschine. Allein der Zerlegungsprozess („Teardown“) benötigte schon ganze 26 Schritte. Das beginnt bei der Tatsache, dass sich das Gehäuse kaum öffnen lässt. Zunächst muss man dazu den Bildschirm entfernen. War dessen Glasabdeckung bei früheren iMac-Modellen „nur“ mit Magneten gesichert, hat Apple die Platte nun verklebt. Mit einem Haarfön und Plektren musste sich iFixIt ans Werk machen.
Dabei wurde ersichtlich, dass Glasplatte und eigentlicher LCD-Bildschirm nun ebenfalls zu einer Einheit zusammengefasst sind. Apple sagt, dass dies dabei helfe, unerwünschte Reflexionen zu vermeiden. In der Praxis bedeutet dies aber, dass ein kaputtes LCD oder eine kaputte Scheibe stets zum Austausch von beiden Bauteilen führen. Das ist schlecht für die Umwelt und teuer für den Kunden.
Steckplatz „vergessen“
Das weitere Innenleben des iMac ist kaum besser zugänglich. An den Speicher des 21,5-Zoll-Modells kommt man nur nach dem Ausbau nahezu alle Komponenten. Nur die größere, ab Dezember erhältliche 27-Zoll-Variante verfügt über eine Klappe, mit der eine unkomplizierte Aufrüstung möglich ist. Ähnliches gilt für die Festplatte, an die man nur nach Entnahme des Bildschirms kommt.
Wer einen iMac erst nachträglich mit einem schnellen Flash-Festspeicher nachrüsten will, kann laut iFixIt ebenfalls nicht auf Apple zählen: Zwar gibt es hinreichend Raum auf der Hauptplatine, doch das Unternehmen hat den notwendigen Steckplatz „vergessen“ anzulegen. Außerdem ist das notwendige Modul proprietär, man kann also nur Nachbauten kaufen, die dazu passen.
Von Apples Gerätevernagelungsmethoden profitieren vor allem Profireparateure. Die rücken der Hardware mit Wärmepistole, speziellen Plastikspachteln und Saugnäpfen zu Leibe. Apple selbst rät, bestimmte Teile erst gar nicht zu tauschen, sondern lieber die gesamte Baugruppe. Das gilt etwa für das erwähnte Display. Auch die Hauptplatine wird nicht selten einfach ganz getauscht, wenn Probleme auftreten.
Ist der Akku kaputt, wird die gesamte Baugruppe ausgetauscht
Der iMac, in dem eigentlich genügend Platz für etwas mehr Reparaturfreundlichkeit zur Verfügung stehen würde, ist derweil nicht das einzige Apple-Modell mit schlechter Wartbarkeit. Bei den Laptops der jüngsten Generation, den sogenannten Retina-Modellen, ist die Lage ähnlich. Sie verfügen ebenfalls über festverklebte Bildschirme, darüber hinaus werden die Batteriezellen mit dem Rechnerboden verklebt, vorgeblich um den Platz besser auszunutzen.
Beim Recycling verursacht dies diverse Probleme. So kann sich ein Wiederverwerter bei der Trennung von Akku und Gehäuse verletzen und es sogar zu Bränden kommen. Die Verklebung sorgt außerdem dafür, dass der Verwertungsprozess selbst länger dauert als bei anderen Rechnern.
Einfach austauschbare Akkus bietet Apple schon seit Jahren nicht mehr an und pocht darauf, dass die heute verbauten Zellen doch viel länger halten würden als früher. Ist der Akku kaputt, wird so auch hier die gesamte Baugruppe ausgetauscht – laut Apple-Reparaturdokumentation inklusive des Alubodens der Geräte. Anders ginge es auch nicht, schließlich sind die Zellen darin verklebt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“