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Presslufthammer gefährdet Fusion

Selbst WASG-Verbände im Osten, die bislang gut mit der Linkspartei kooperieren, kritisieren jetzt den eigenen Bundesvorstand. „So wie Bisky und Ernst es machen, geht es nicht“, heißt es vor der Sitzung des WASG-Länderrats an diesem Wochenende

VON DANIEL SCHULZ

Die ostdeutschen Landesverbände der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) haben den eigenen Bundesvorstand scharf kritisiert. „So zu tun, als sei die Fusion mit der Linkspartei bereits beschlossen, stößt bei unseren Mitgliedern auf absolutes Unverständnis“, sagt der sächsische Landeschef Enrico Stange. Und in Sachsen-Anhalt fühlen sich laut dem Vizevorsitzenden Veit Kuhr „nicht wenige Mitglieder von unseren Vorständlern aus dem Westen verraten“.

Am Wochenende tagt der Länderrat der WASG im sächsischen Markleeberg bei Leipzig. Von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin ist der WASG-Vorstand inzwischen Kummer gewohnt, schließlich ist in diesen Ländern die Linkspartei an der Regierung beteiligt, und das stößt den dortigen Parteimitgliedern sauer auf. Gestern endete in Mecklenburg-Vorpommern eine Urabstimmung darüber, ob man zur Landtagswahl 2006 allein antreten will, wenn die Linkspartei „ihre neoliberale Politik nicht ändert“, wie Karsten Dörre aus dem Landesvorstand sagt. Bis Redaktionsschluss stand das Ergebnis noch nicht fest.

Mit Sachsen und Thüringen melden sich allerdings gerade jene Landesverbände im Osten, in denen die Kooperation zwischen WASG und Linkspartei bereits gut angelaufen ist. „Wir arbeiten konstruktiv zusammen“, sagt der thüringische Landesvorständler Paul Kohlgraf. „Schließlich haben wir hier keine Berliner Verhältnisse.“ Mit der PDS stimme man in vielen Ansichten überein, der Rest werde diskutiert. Dennoch müsse der Bundesvorstand darauf achten, die Mitglieder mit einzubeziehen. „So wie Bisky und Ernst es machen, geht es nicht“, sagt Kohlgraf. Andere Parteimitglieder werden deutlicher und bescheinigen dem WASG-Bundesvorstand die „Sensibilität eines Presslufthammers“.

Solche Sprüche kommen bei Thomas Händel vom Bundesvorstand der Wahlalternative nicht gut an. „So ein Quatsch“, schimpft er. „Wir halten uns an die Beschlüsse unserer letzten Urabstimmung.“ Und laut denen wolle man bis etwa Sommer 2007 die Vereinigung der beiden Parteien vorbereiten.

Händel bezieht sich auf einen Antrag des Berliner Landesverbandes, den dieser auf der Tagung des Länderrates einbringen will. Laut diesem soll sich der Bundesvorstand verpflichten, keinerlei Kooperationen mit der Linkspartei zu beschließen. „Das werden wir natürlich nicht machen“, sagt Händel.

Dass WASG-Leute bei Landtagswahlen gegen die Linkspartei antreten könnten, stellt für ihn nicht nur die gemeinsame Bundestagsfraktion in Frage. Die darf es bei einem Gegeneinander laut Gesetz nicht geben. „Wenn unsere Leute gegen die Linkspartei antreten, steht die neue Partei insgesamt in Frage“, sagt Händel. Genau das wollten die Unruhestifter auch erreichen. Händel legt nach: Die Verbände im Osten seien für ihre Größenverhältnisse manchmal ein wenig laut.

Tatsächlich bewegen sich die Mitgliederzahlen bei den meisten Landesverbänden der Ost-WASG zwischen 120 und 200 Menschen, nur Sachsen sticht mit 300 Mitgliedern ein wenig heraus. Im Vergleich zu den über 50.000 Mitgliedern, die die PDS im Osten aufbieten kann. Viele Ostler in der Wahlalternative befürchten daher, im Interesse der Fusion notfalls von ihrem Bundesvorstand geopfert zu werden.

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