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Gebrauchte Konsolen-GamesSony verdongelt die Gamer-Szene

Der Wiederverkauf gebrauchter Konsolenspiele ist ein Milliardengeschäft. Die Hersteller gehen leer aus. Sony sucht jetzt nach technischen Lösungen.

Gebrauchte Konsolenspiele günstig kaufen: Für Spiele eine Freude, für Sony ein Gräuel. Bild: dpa

BERLIN taz | Videospiele auf DVD sind erstaunlich kundenfreundlich: Im Gegensatz zu Musikstücken, Filmen, E-Books oder Apps, die per Internet-Download erworben wurden, lassen sie sich nach Gebrauch problemlos an Freunde verschenken, per Online-Auktion an andere Menschen verkaufen oder in den Laden tragen, um damit etwas Geld zu verdienen. Dem physikalischen Datenträger, den man kauft und besitzt, sei Dank. Bei den meisten Online-Medientiteln erwirbt man dagegen nur eine virtuelle Lizenz.

Der organisierte Handel mit gebrauchten Spielen ist mittlerweile ein Milliardengeschäft geworden: Eine Kette wie Gamestop macht mehr als die Hälfte ihres Gewinns mit dem Handel gebrauchte Games. Der Spieleindustrie schmeckt das selbstverständlich nicht: Während sich Kunden freuen, Spiele etwas billiger zu bekommen oder aber wieder loszuwerden, wenn sie ausgezockt sind, sehen Entwickler und Konsolenhersteller von dem Gebrauchtverkauf keinen Cent.

Denis Dyack, Chef des kanadischen Publishers Silicon Knights („X-Men: Destiny“) findet dazu drastische Worte: „Wenn es bei den gebrauchten Spiele so weitergeht wie bisher, werden wir kannibalisiert und dann wird es bald keine Industrie mehr geben.“ Verbraucherschützer sehen das anders: Die Möglichkeit, im Internet-Geschäft den Gebrauchtmarkt zu unterdrücken, scheine den Anbietern wohl zu Kopf gestiegen zu sein, argumentieren sie. Der einmalige Verkauf des dinglichen Datenträgers reiche ihnen nicht.

RFID-Chips als Lösungsidee

Beim Playstation-Hersteller Sony will man den Gebrauchthandel nun mit technischen Methoden unterdrücken. Dafür spricht zumindest ein soeben veröffentlichter Patentantrag für ein sogenanntes Electronic Content Processing System inklusive passender Verpackung elektronischer Inhalte und einem „Nutzungsfreigabe-Apparat“. Die von Hidehiro Inooka für Sony Computer Entertainment entwickelte Technik soll in den USA und vermutlich auch in Europa geschützt werden und für eine spezielle Markierung von physikalischem Medien und DVD-Hülle sorgen.

Diese kann beispielsweise aus einem RFID-Chip bestehen, der sich per Funk auslesen lässt. Legt man den Datenträger ein, wird dieser mit der Konsole abgeglichen und eine Datenbank befragt, ob das Spiel denn überhaupt wiedergegeben werden kann. In der Praxis würde das dann bedeuten, dass sich ein physikalischer Datenträger nur mit einer (oder einigen wenigen) Konsolen nutzen lässt.

Auch eine Verdongelung von DVD und Hülle wäre machbar: Dann arbeitet ein Spiel beispielsweise nicht, wenn nur die DVD vorhanden ist und nicht die Hülle. Ist RFID nicht vorhanden, könnten Identifizierungsmerkmale auch per Kamera eingeholt werden. Selbst an biometrische Technologien wie den Scan der Iris des Spielers denkt Sony offenbar. Zudem könnten die Abspielvorgänge einer DVD gezählt werden.

Unklar, ob die Technik wirklich kommt

Die Erfindung mit der europäischen Patentnummer US2013007892 ist nicht die erste technische Entwicklung bei Sony, die den Kopierschutz von Spielen auf die Spitze treibt: Ein älteres Patent spricht von der Erfassung des Spielers durch biometrische Merkmale. Dadurch könnte man dann beispielsweise sicherstellen, dass nur der eigentlich Käufer ein Spiel nutzen darf.

Bei all dem Wirbel, den beide Patente in der Gamer-Szene auslösten, muss man allerdings bedenken, dass sich Großunternehmen zahlreiche Technologien eintragen lassen, ohne diese jemals in die Realität umzusetzen. Ob es also tatsächlich zu solchen Maßnahmen kommt - etwa bei der nächsten Playstation - ist noch unklar.

Michael Pachter, Börsenanalyst bei Wedbush Morgan, glaubt nicht, dass Sony das wagen würde, weil es zu einem Aufschrei unter den Spielern führen würde. Das sei ähnlich wie das umstrittene Copyright-Gesetz "SOPA". An der Börse nutzte das dem Gebrauchtanbieter Gamestop indes nichts: Die Aktie ging um 1,57 Dollar in die Knie, gewann dann aber später wieder leicht.

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13 Kommentare

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  • H
    Hans

    Klar ist das scheiße, aber die Käufer haben doch auch die Chance den Markt zu regulieren. Wenn die nur noch Einweg-Spiele vetreteiben wollen ist das ihre Entscheidunge (wenn sie nicht gegen geltendes Recht verstößt, s.u.), aber wer zwingt uns dieser Entscheidung nachzukommen.

     

    Ich als PC-Spiele Nutzer plage mich schon seit langem mit PC-Spielen rum, die nur auf Steam-Valve/ubi/etc. erscheinen. Und ich habe mich sehr geärgert, dass z.B. die neuen Teile von Dawn of War und Heroes of Might & Magic auf solchen Plattformen erschienen sind.

     

    Aber ich boykottiere solche Spiele. Sollen die doch an solchen Systemen ersticken bis sie merken, dass die Kunden da keinen Bock drauf haben.

  • TL
    Tim Leuther

    @Bitti

    Sony nagt am Hungertuch. Die PS3 war die Konsole seiner Generation, die sich am schlechtesten verkauft hat. Und Sie hatte die höchsten Entwicklungskosten. Sony ist quasi das Nokia der Konsolen

     

    Trotzdem ist die Strategie natürlich dreist.

    Auf der anderen Seite ist das bei PC Spielen glaub ich schon Usus. Starcraft 2 kann man nur Online spielen, soweit ich weiß.

  • CS
    cold shock

    Anscheinend bekommt die Spieleindustrie den Hals nicht voll. 50 - 70 Euro für ein neues Game sind denen wohl offensichtlich nicht genug. Meine Spielesammlung besteht zu ca. 70 Prozent aus Gebrauchtspielen. Nur für sehr wenige Spieletitel ist der überhöhte Neupreis überhaupt angemessen. Die Ideen der Spieleindustrie sind genau so hirnlos wie die der Musikindustrie, die lange Zeit versucht hat, Musikstücke durch einen Kopierschutz künstlich zu beschränken und den nun erfolgreichen Downloadsekment dadurch um Jahre verzögert hat.

  • Z
    Zafolo

    Die Spielebörse Ogrr sollte man noch erwähnen.

     

    Übrigens ist der Handel mit Gebrauchtsoftware legal - nicht anders als der Handel mit gebrauchten Büchern.

  • B
    Bitti

    Mal ganz ehrlich, Sony tut so als ob sie am Hungertuch nagen würden und als ob eine Version eines Spiels gekauft wird und dann unter allen anderen Spielern hin und her geschoben wird. Typischer Fall von Geldgeilheit, wenn man mich fragt. Sony, die Leute die ihr hier abrubeln wollt, sind die Leute die eure Konsole groß gemacht haben. Es gibt einfach Spiele, an denen ich interesse habe, aber die meiner unmaßgeblichen Meinung nach einfach den verlangten Preis nicht wert sind. Wenn es wirklich so kommen sollte, dann werde ich wohl überdenken müssen ob ich mir überhaupt noch Spiele für die ps3 oder alle nachfolgenden Konsolen holen werde.

  • SN
    So Ny, anders immer

    Konsolenjunkies sind derartig süchtig, daß sie alles mit sich machen lassen, um sich ihren elektronischen Schuß setzen zu können.

  • D
    Dax

    Lustig, dann werden eben alle PS-Spieler auf Xbox umsteigen. Ich kaufe auch nur gebrauchte Spiele (Xbox), sind meistens 10€ - 20€ günstiger, und immer im Einwandfreien Zustand. Und wenn ich durch bin, verleihe ich diese an Freunde weiter, die mir wiederherum auch ihre Spiele verleihen.

  • H
    hans

    Wenn ich meine Wohnung umbaue und mir dafür eine spezielle Bohrmaschine kaufe und die dann anschließend wieder (bei Ebay & Co) verkaufe, dann ist das okay. Jeder Hersteller weiß, versteht und akzepiertert, dass es so läuft. Wäre auch völlig sinnfrei wenn nicht.

    Ähnlich ist es bei Schuhen und vielen anderen Produkten. Gebraucht statt Neukauf nennt man nachhaltiges wirtschaften. Nur die Spieleindustrie will das nicht einsehen. Unfassbar. Als ob es heute nicht schon schwer genug wäre, Spiele weiter zu verkaufen. Jedes 2te Spiel ist doch heute an irgendwelche Onlinekonten inklusive Email gebunden. Will man die verkaufen, ist man seine Email und andere Spiele vom selben Anbieter gleich mit los.

  • E
    EFF

    Der erste Absatz ist völliger Unsinn. Schon jetzt gibt es zuhauf Spiele, bei denen der Onlinemodus nur durch einen einmalig der Hülle beigelegten oder separat erhältlichen Online-Pass (5-20€) spielbar wird. Somit wird beim Gebrauchtkauf des Spiels noch dieser zusätzliche Betrag an den Hersteller fällig. Und schon jetzt gibt es auch Spiele die Accountgebunden sind, bei denen man beim Gebrauchtkauf nochmal einen kompletten Key benötigt, was die Disc faktisch wertlos macht. Des weiteren "gehört" einem auch die Software selbst wenn sie auf einem Medium liegt dass man gekauft hat nicht. Man erwirbt lediglich die Nutzungsrechte. Und selbst das ist noch nicht einmal sicher.

  • R
    rolfmueller

    Ich verstehe die Argumentation nicht. Wieso gehen die Hersteller leer aus? Ein Spiel kann doch nur gebraucht verkauft werden, wenn es einmal neu verkauft worden ist. Ein Autohersteller kriegt ja beim Gebrauchtwagenhandel auch nichts mehr ab.

    Die Softwareindustrie wird immer alberner.

  • KV
    Kuno van euten

    Das ist ja an Absurdität kaum zu überbieten. Das kann man ja dann weiterstricken, z.b. mit Büchern und Filmen, ach was warum nicht gleich mit Autos. Das ist die Idee, für Autos gibt es in Zukunft nur noch ein nicht übertragbares Nutzungsrecht bei vollem Kaufpreis.

  • JJ
    Jared J. Myers

    Moment mal... was heißt hier: "Die Hersteller gehen leer aus"? - Wenn ich eine legal erworbene CD auf dem Flohmarkt verkaufe, bekommt EMI Electrola auch nichts vom Wiederverkaufspreis - und warum sollten sie auch? Schließlich erbringen sie bedingt durch den Wiederverkauf keine zusätzliche Leistung, die sie vergütet bekommen müssten. Soll ich vielleicht dem Ravensburger Verlag etwas bezahlen, wenn ich mein altes "Malefiz" verhökere?

     

    Ich werde mich so verhalten wie ich es bereits bei "kopiergeschützten" DVDs tue: Verdongeltes Zeug wird im Laden verschimmeln gelassen.

  • M
    Montcerf

    Der Gebrauchtautoverkauf ist auch ein Riesengeschäft, und haben die Autohersteller etwas davon?