KOMMENTAR ENQUETEKOMMISSION: Das Wachstum der Zweifel
Ein überparteilicher Konsens in der Enquetekommission ist nicht in Sicht. Doch sie zeigt Uneinigkeit im bürgerlichen Lager und Übereinstimmung bei der Opposition.
E s sind die wirklich großen Fragen, mit denen sich die sogenannten Enquetekommissionen des Bundestages beschäftigen. Fern von Tagespolitik und Parteitaktik sollen Parlamentarier und Wissenschaftler gemeinsam Probleme analysieren und Lösungen erarbeiten.
Legt man diesen Maßstab an, ist die Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ gescheitert. Ein überparteilicher Konsens ist nicht in Sicht; eine zentrale Arbeitsgruppe zum Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft brachte keine einzige gemeinsame Zeile zustande, sondern nur zwei unterschiedliche Entwürfe von Regierungs- und Oppositionsfraktionen.
Erkenntnisreich sind die Ergebnisse dennoch. Zum einen zeigen sie, dass Zweifel am Wachstumsdogma mittlerweile Mainstream sind. Weite Teile von Politik und Wissenschaft teilen die Einschätzung, dass das Bruttoinlandsprodukt allein kein sinnvoller Indikator für Wohlstand ist. Selbst einige von der Union benannte Experten mochten das Wachstumsdogma, an dem vor allem die FDP hängt, nicht mittragen – und sorgten dafür, dass der Bericht der Regierungsfraktionen zunächst keine Mehrheit fand.
ist Redakteur für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er twittert unter MKreutzfeldt.
Während das bürgerliche Lager also seine Uneinigkeit in wichtigen wirtschaftlichen Fragen zur Schau stellte, wirkte die Enquetekommission auf der Oppositionsseite genau umgekehrt: Der Wachstumsbericht, den SPD, Grüne und Linke gemeinsam verfasst haben, zeigt ein erstaunliches Maß an Übereinstimmung in wichtigen wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen.
Mit gemeinsamen Analysen der Vergangenheit und konkreten Vorschlägen für die Zukunft liest sich das 100-seitige Dokument wie die Blaupause für einen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag. Zumindest hier scheint der Verzicht auf parteitaktische Zwänge funktioniert zu haben.
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