CALL A REPORTER: Leben in der Hütte
In Zehlendorf versucht eine Nachbarschaftsinitiative, einen Kieztreff aufzubauen. Sie hat sich auch schon ein Gebäude ausgesucht
Rund um den U-Bahnhof Onkel Toms Hütte ist nicht viel los an diesem Donnerstagvormittag. Einige ältere Menschen schieben ihre Rollatoren in die Einkaufspassage mitten im Bahnhof, andere tragen Einkaufstüten heraus. Doch die Schläfrigkeit soll bald ein Ende haben, wenn es nach Monika Lentz geht.
Die 47-jährige Betriebswirtin wohnt in der Gegend und möchte mit einer Nachbarschaftsinitiative Leben ins Viertel bringen. „Vor allem mangelt es an Orten, an denen man sich einfach mal treffen kann“, sagt Lentz. Dafür gebe es nur ein griechisches Restaurant und eine Bäckerei. Die aber schließt schon um 18 Uhr.
Ein leer stehendes Gebäude am U-Bahnhof möchten Lentz und ihre Initiative anmieten und dort ein Nachbarschaftshaus eröffnen. In dem Betonklotz, der einst eine Sparkasse beherbergte, soll eine Mischung aus Gewerbe und Freizeiteinrichtungen einziehen. „Die Leute vermissen hier ein Zentrum, ein Café, und einen Ort, an dem man zum Beispiel Kurse anbieten kann“, erklärt Monika Lentz.
Vor allem ältere, einsame Menschen suchten nach einem Ort der Geselligkeit außerhalb ihrer oft kleinen Wohnungen. Ein Seniorentreff soll daher auf jeden Fall zum Angebot der Kiezhütte zählen. „Onkel Toms Kiezhütte“ soll das Haus heißen. Der Plan ist bei einer Ideensammlung unter den Anwohnern entstanden, die das Bezirksamt und zahlreiche andere Einrichtungen ausgerufen hatten.
Zehlendorf ist nicht gerade die Heimstatt der Kiezläden und Bürgerzentren. Problemviertel, Sanierungsdruck oder soziale Brennpunkte gibt es im reichsten Stadtteil Berlins kaum, auch gegen Kriminalität oder Verwahrlosung muss die Onkel-Tom-Siedlung nicht kämpfen.
Die Initiative will auf lange Frist aber mehr als nur einen Treffpunkt schaffen. Zu den Plänen gehören auch Bildungs- und Kulturangebote. Eine Gastronomieeinrichtung soll zudem für Einnahmen sorgen. All das soll auf den 320 Quadratmetern der alten Sparkasse unterkommen. Das könnte sogar eng werden. „Die Yoga-Gruppe kann nicht neben dem Trommelkurs stattfinden“, denkt Lentz über die Mischung im Kieztreff nach.
25.000 Euro Spenden
Bei einem erfolgreichen Projekt möchte Monika Lentz Geschäftsführerin der Kiezhütte werden. Bis dahin steht noch ein gutes Stück Arbeit an. Bis Ende vergangenen Jahres wurden zwar bereits mehr als 25.000 Euro Spenden gesammelt. Trotzdem müssen aber weiter Businesspläne erstellt und Kontakte in Politik und Wirtschaft gepflegt werden. Immerhin, das Bezirksamt fände die Idee schon sehr interessant, sagt Lentz.
Jetzt haben aber erst mal die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) das Sagen. Die verwalten über ihre Tochterfirma Ubaris das Gebäude. Monika Lentz hofft, dass die Nachbarschaftsinitiative mit ihrem Mietgesuch den Zuschlag bekommt – auch wenn es eventuell solventere Interessenten gebe.
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