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World Economic Forum in DavosVerschnaufen und Aufatmen

Entspannt ist das diesjährige World Economic Forum in Davos zu Ende gegangen. Die Europanik des vergangenen Jahres ist verflogen.

Die Beine sind müde, die Taschen werden gepackt: Das WEF in Davos geht zu Ende. Bild: rtr

DAVOS taz | Für Madame Labelle war es eine Premiere – und auch für das World Economic Forum (WEF) in Davos. Erstmals seit Gründung des Managergipfels 1971 saß in diesem Jahr die Vertreterin einer Nichtregierungsorganisation in der Leitung des Forums. Huguette Labelle ist Chefin der Antikorruptionsorganisation Transpareny International.

Die Kanadierin, deren Amtssitz in Berlin steht, wurde von WEF-Chef Klaus Schwab angesprochen, ob sie die Aufgabe übernehme wolle. Sie sagte zu mit der Begründung: „Offenheit und Transparenz kann Vertrauen wiederherstellen – das gilt für Regierungen wie für Unternehmen.“ Bei jeder sich bietenden Gelegenheit versuchte sie in den vergangenen fünf Tagen des WEF die Mächtigen zu überzeugen, mehr gegen Korruption zu unternehmen.

Eine weitere wichtige Botschaft Labelles: Wenn die Zivilgesellschaft in Entscheidungen einbezogen wird, kann das Gesellschaften stabilisieren. Dass Labelle solche Thesen hier beim Forum offiziell einbringen konnte, markierte einen Aufbruch des Managergipfels zu neuen Ufern.

Pessimismus war gestern

Auch in anderer Hinsicht blickte Davos 2013 vergleichsweise optimistisch in die Zukunft. Stimmung und Debatten unterschieden sich grundsätzlich von der vorigen Veranstaltung im Januar 2012. Damals trieb die Schuldenkrise in Europa ihrem Höhepunkt entgegen. In Davos wurden Wetten angenommen, wie lange Griechenland und Portugal noch Mitglieder des gemeinsamen Währungsraums würden bleiben können. Nicht nur US-Ökonom Nouriel Roubini sagte voraus, dass eines oder zwei der Mittelmeerländer den Euro binnen Jahresfrist verlassen müssten.

Dass sich die pessimistischen Prognosen nicht bewahrheitet hatten, konnte man dieses Jahr nun erleichtert feststellen. Das Weltwirtschaftsforum 2013 stand im Zeichen eines allgemeinen Aufatmens und Verschnaufens. Indikatoren für diese Stimmung waren Äußerungen wie die von IWF-Chefin Christine Lagarde, die in ihrer Rede zu Beginn des WEF den südeuropäischen Staaten und Euroland insgesamt Fortschritte beim Weg aus der Krise bescheinigte.

Der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ließ sich sogar auf die Prognose ein, dass in der zweiten Jahreshälfte 2013 für Griechenland und Spanien der Boden erreicht sei, von dem es dann wieder aufwärts gehe. Man konnte Draghi so verstehen, dass dann auch die Lage der Menschen in den Krisenländern wieder besser und die hohe Arbeitslosigkeit langsam zurückgehen werde. Ähnlich, jedoch viel vorsichtiger, äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede am Donnerstag: Die Erfolge der Strukturreformen würden sich erst in drei oder vier Jahren zeigen, so Merkel.

Unaufgeregt und pragmatisch

Trotzdem hatte die Kanzlerin in diesem Jahr einen leichteren Stand als 2012 – auch dies lässt sich als Zeichen der Entspannung werten. Vor einem Jahr stand Deutschland enorm unter Druck. Gegen den erklärten Willen der Bundesregierung forderte damals unter anderem Christine Lagarde, den Stabilitätsfonds ESM um hunderte Millionen Euro aufzustocken, um einen ausreichend großen Puffer gegen die Ausbreitung der Schuldenkrise in Europa zu schaffen. Wegen des Programms der Zentralbank zum Kauf von Staatsanleihen erwies sich dies in der Folge als überflüssig, die Lage beruhigte sich. Vor diesem Hintergrund war das Forum in diesem Jahr weniger auf der Suche nach Schuldigen für die Misere. Eher mühte man sich unaufgeregt, weitere pragmatische Schritte der Besserung zu entwerfen.

Eine Frage, die dabei besonders interessierte, lautete: Wie können die technisch hochentwickelten Industrienationen weiterhin permanent Innovationen hervorbringen, um das magere Wirtschaftswachstum kurz- und langfristig zu erhöhen? Die Antworten waren vielfältig: Bessere Institutionen, Verringerung krasser sozialer Ungleichheit, Fortschritte in den Bildungssystemen, Erleichterungen für den internationalen Handel.

Ein gewisser gemeinsamer Nenner war zu erkennen, wenn in den zahlreichen Podiumsdiskussionen, Sessions und Workshops nachhaltige Technologien thematisiert wurden – Elektromobilität, Rohstoffkreislauf, ökologische Werkstoffe. In 20 Jahren, so die Prognose in Davos, werden wesentliche effektivere und billigere Fotovoltaikzellen nicht nur einen erheblichen Teil des Stroms auch in China und den USA liefern, sondern die damit verbundenen Einsparungen fossiler Energieträger Milliarden Euro für sinnvollere Zwecke freisetzen.

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4 Kommentare

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  • EV
    Elisabeth Voß

    Habt Ihr keine kritischen JournalistInnen mehr, oder warum berichtet die taz so freundlich über das Weltwirtschaftsforum in Davos?

     

    Wenn die Transparency-International-Vorsitzende Huguette Labelle dieses Treffen der Wirtschaftsmächtigen leiten darf, gehen doch bei mir alle roten Warnlämpchen an. Warum gebt Ihr nur kritiklos wieder, dass sie "Offenheit und Transparenz" und die Einbeziehung der "Zivilgesellschaft in Entscheidungen" empfiehlt? Ein "Aufbruch des Managergipfels zu neuen Ufern" ohne Veränderung der ökonomischen Basis? Sicher gehen sie mit der Zeit, umgeben sich mit NGOs, versuchen mit Mitteln der Demokratie die BürgerInnen einzubinden - eine klassische Befriedungsstrategie. Wo bleibt die Nachfrage und Recherche? Auch das fast schon religiöse Wachstumsmantra wird lediglich referiert - kritischer Journalismus geht anders.

     

    Da wundert es mich auch nicht mehr, dass Hannes Koch auf der Meinungsseite den Stabilitätsfonds ESM und die Sanierung der Staatsfinanzen als "richtige Entscheidungen" abfeiert. Schon mal von Sozialen Bewegungen und Protesten gehört? Oder mal darüber nachgedacht, was es bedeutet, wenn Europa bei "25% der globalen Wirtschaftsleistung" die Hälfte der weltweiten Sozialkosten aufbringt? Zu welchen Bedingungen leben und arbeiten dann wohl die Beschäftigten in den Unternehmen außerhalb Europas, die Rohstoffe und Zuarbeiten nach Europa liefern?

     

    Von meiner Zeitung erwarte ich, dass sie kritisch nachfragend und recherchierend an bedeutenden wirtschaftlichen Ereignissen dran bleibt, statt scheinbar sachlich, unkritisch und sogar lobhudelnd die Perspektive der Herrschenden wiederzugeben.

  • S
    sarko

    Kotz...brech...würg - man glaubt es kaum : die taz (echt ! die taz !) schickt einen wie Hannes K. zur Hofberichterstattung nach Davos ! Den Mann , der noch den hohlsten Auswurf aus der Promiphrasendreschmaschine mit rosa Schlagschaum verschönern kann .

    "Alles wird gut ! Die Mächtigen und Einflußreichen der Welt haben sich hoch oben an einem gebührenden Spitzenluxusort getroffen und bei Kamingesprächen vereinbart : Wir werden die Welt retten !"

  • P
    Paläontologe

    Merkels diesjährige Davoser Ergüsse waren böser und bedrohlicher als ALLES was je von Thatcher zu hören war.

    Ob Mutwille oder Dummheit spielt keine Rolle mehr.

    Diese Frau muß weg! Mitsamt ihren gemeingefährlichen Beratern und ihrem speichelleckenden Hofstaat!

  • RK
    Rainer Kühn

    Ich empfinde solche Berichte und Kommentare von Hannes Koch inklusive Lobpreisungen auf die EZB und den Europäischen Rettungsschirm in der taz als unerträglichen Hohn gegenüber den Menschen in Europa, die unter dieser "ausweglosen" Politik zu leiden haben. Ist die taz nicht selbst um alternative Lösungen bemüht? Kann sie sich immer noch solche aufgeblasenen Reporter in Davos leisten, statt mehr Menschen wie Nico Paech ein Forum zu bieten? Immer noch überwiegen in der taz wirtschaftspolitische Berichte, die alten überholten Theorien das Wort reden, die sich längst als haltlos erwiesen haben. Wenn sich das nicht ändert, wird wohl auch die taz bald unter den Einsparungen zu leiden haben, zuerst denen der Abonennten!