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Altmaier und die EEG-UmlageDes Umweltministers „Knallfrosch“

Umweltminister Altmaier will die Erneuerbare-Energie-Umlage begrenzen. Die Opposition fürchtet dadurch einen faktischen Ausbaustopp für Erneuerbare.

Fehlt dann die Planungssicherheit? Windkraftwerke in Niedersachsen Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will vor der Bundestagswahl für Ruhe an der Strompreisfront sorgen. Der CDU-Politiker hat am Montag die Einführung einer „Strompreissicherung“ vorgeschlagen. Diese soll die Umlage begrenzen, über die die Verbraucher die erneuerbaren Energien finanzieren.

Nach den Vorstellungen von Altmaier soll die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im kommenden Jahr nicht weiter steigen, sondern wie in diesem Jahr bei 5,28 Cent pro Kilowattstunde liegen. Ab 2015 soll der Anstieg auf 2,5 Prozent pro Jahr begrenzt werden. Dies sei notwendig, weil für die Verbraucher inzwischen „eine Belastungsgrenze erreicht“ worden sei, sagte Altmaier.

Bisher hätten allein die Ausgaben für die erneuerbaren Energien die Höhe der Einnahmen aus der EEG-Umlage bestimmt; künftig sollten die Einnahmen aus der gedeckelten Umlage die Höhe der Ausgaben für die Erneuerbaren bestimmen, erklärte der Umweltminister: „Das ist ein Paradigmenwechsel um 180 Grad.“

Zur Begrenzung des Anstiegs schlägt Altmaier fünf Maßnahmen vor, die Einbußen für neue und bestehende Anlagen vorsehen, die Ausnahmen für die Industrie begrenzen und auch selbst verbrauchten Solarstrom mit einer Umlage belegen. All das soll allerdings nur umgesetzt werden, wenn die Ausgaben tatsächlich die derzeitigen Einnahmen überschreiten.

Ob das der Fall sein wird, ist umstritten. Bisherige Berechnungen gehen davon aus, dass die Umlage im nächsten Jahr stabil bleiben wird. Altmaier warnte am Montag hingegen, dass ohne Gegenmaßnahmen ein Anstieg der Umlage von jetzt 5,28 Cent auf 6 Cent drohe.

Der Umweltminister drängt darum darauf, bis zum August Gegenmaßnahmen zu beschließen. Er ist dabei aber auf Unterstützung aus den Bundesländern angewiesen. Denn obwohl das EEG-Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist, könnten SPD, Grüne und Linke es aufhalten: Nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen hat die Opposition nicht nur im Bundesrat, sondern auch im Vermittlungsausschuss eine Mehrheit und kann Gesetze damit praktisch unbegrenzt verzögern.

„Unausgegoren“ und „fragwürdig“

Dass sie das tun wird, legen die ersten Stellungnahmen mehr als nahe. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber nannte Altmaiers Vorschläge auf Twitter einen „Knallfrosch“, der „inhaltlich fragwürdig“ und „weder in der Regierung noch mit dem Bundesrat abgestimmt“ sei. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sprach von „unausgegorenen“ Ideen.

Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell erklärte, Altmaiers Pläne würden „einen weitgehenden Stopp des Ausbaus aller erneuerbaren Energien über das erfolgreiche EEG noch vor Jahresmitte“ bewirken. Dorothée Menzer (Die Linke) sagte: „Altmaier bremst mit seinem Vorstoß nicht die Strompreise, sondern höchstens die Energiewende.“

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) warnte, dass Investoren durch die Pläne „jegliche Planungssicherheit genommen“ würde. Eine mögliche rückwirkende Kürzung untergrabe zudem den Vertrauensschutz, kritisierte Präsident Dietmar Schütz.

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7 Kommentare

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  • E
    Energetisch

    Welchen Sinn hat die Energiewende?

     

    Angesichts der Prognose einer Klimakatastrophe durch CO2-Emissionen und der Angst vor der zivil genutzten Atomkraft für beide angenommenen Risiken eine Verminderung herbeizuführen.

     

    Um wieviel werden die Risiken gemindert?

     

    Klimakatastrophe:

    Damit überhaupt ein Risiko vermindert wird, muß die Energiewende mindestens für den deutschen Verbrauch dazu führen daß CO2-Strom durch nicht CO2-Strom substituiert wird.

     

    Atomkraft:

    Die Wahrscheinlichkeit dauerhafter Verseuchung und Gesundheitsschädigung wird durch Abschaltung der deutschen AKW verringert.

     

    Jetzt könnte sich mal jeder (und auch die liebe TAZ-Redaktion) überlegen, wieviel bisher erreicht wurde und wieviel bis zum Ende der Aktion vermutlich erreicht sein wird. Dazu folgende Fragen:

     

    1. Inwieweit konterkariert 2. die Verminderung der CO2 Emissionen. Ist die Reduktion des einen Risikos zuungunsten des Anderen gerechtferrtigt?

     

    2. Wenn Deutschland alle CO2-Emissionen auf einen Schlag unterlassen würde - welchen Effekt hätte das auf die Klimakatastrophe

     

    3. Hat die ganze Aktion überhaupt einen Sinn, wenn nicht die großen und stark wachsenden Emittenden (USA,Kanada,Russland,China,Indien) die Energiewende als Vorbild nehmen (für eine ähnliche Aktion)

     

    4. Handelt es sich um übersteigertes Sendungsbewusstsein oder ist es schon Größenwahn? (An deutschem Energiewesen soll die Welt genesen?)

     

     

    Kurz gesagt: Was tun wir hier eigentlich und Warum?

  • MR
    Matthias Roth

    Besitzer von Solaranlagen, die ihren Strom selbst verbrauchen, müssen mit einer Mindestbeteiligung an den Umlagekosten rechnen. Bei bestehenden Anlagen gibt es Bestandsschutz, allerdings schlägt Altmaier einen "Energie-Soli" vor. So sollen bei Bedarf 300 Millionen Euro eingenommen werden. Er plant dafür eine einmalige, befristete Vergütungskürzung von 1 bis 1,5 Prozent.

    Jetzt zahle ich schon mehr als 20% meines Ertrags in Form der Umsatzsteuer an den Staat zurück! Davon ist auch der auf meinem Dach hergestellte Strom, den ich direkt verbrauche. Diesen Strom muss ich aber, obwohl er gar nicht eingespeist wird, bei meinem Stromanbieter wieder einkaufen, zahle dann aber nochmals 19% Mehrwertsteuer darauf.

    Der Selbstverbrauch wird also zweimal besteuert ?

    Sollen die Finanzämter doch mal offen legen wie viel Gelder sie auf diese Weise zurückbekommen und wo die verbleiben.

    Vermutlich fließt das alles in den Parteiwahlkampf diverser Honorardozenten?

  • V
    Veeser

    Natürlich muss man sich auch um die finanzielle Seite der Energiewende Gedanken machen. Aber die Altmaier-Pläne haben schon etwas pikantes. Zunächst schlägt man auf den derzeitigen Lieblingsfeind der Energieversorger, die Photovoltaik ein. Die hatten mal teure Einspeisevergütungen, aber inzwischen liegt sie selbst bei Kleinstanlagen nur noch bei 17 cent (mit stark fallender Tendenz), bei größeren entsprechend geringer. Der Zubau wäre hier entschieden billiger als bei Wind-Offshore, aber das ist ja anscheinend etwas ganz anderes, weil dort die Energieversorger selber beteiligt sein könnten. Da Solarstrom inzwischen billiger ist, als der Strom vom Energieversorger denkt man sich was Neues aus. Wer seinen Strom selbst verbraucht, soll bitteschön dafür auch etwas bezahlen. Die Idee ist erweiterbar: Wer mit dem Auto fährt, soll trotzdem einen Teil für die Bahnfahrkarte ausgeben (die Schienen müssen ja trotzdem vorgehalten werden) und wer sein selbst angebautes Obst isst, soll gefälligst eine Abgabe zahlen, denn schließlich muss ja trotzdem eine Infrastruktur für den Einzelhandel erhalten bleiben

  • M
    mdarge

    Ich versteh' die Kritik nicht. Als er das Amt von Röttgen übernahm, versprach er, etwas zu ändern. Na ja, viele hatten Änderungen in eine andere Richtung erwartet. Doch die Kanzlerin (Atomphysikerin) wusste, wen sie da ins Amt hob. Es erinnert ein wenig an den Ex-Bahn-Chef Heinz Dürr. Dem war es beinahe gelungen ein kerngesundes Unternehmen gegen die Wand zu fahren. Eine kurze Zeit länger und der deutsche Schienenverkehr hätte wie in den USA nur noch Nostalgiewert gehabt.

  • N
    Naka

    Tim Leuthner:

     

    Der Verbraucherzentralen Bundesverband hat allerdings auch keine politische Agenda die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die Atommüllmenge oder den CO2-Ausstoß zu senken. Insofern bejubeln die natürlich, was deren Ziel "Preissenkung" fördert. Der ADAC wird ja auch für mehr Strassenbau plädieren, nicht für mehr ÖPNV, insofern ist der Verband auch nur eine weitere Interessensgruppe. Und Forderungen, die realen Folgekosten der nicht-alternativen Energien in die Kalkulation einzubeziehen, werden Sie vom Verbraucherzentralen Bundesverband nicht hören, denn diese Energietransparenz würde ja deren Zielen widersprechen.

  • TL
    Tim Leuther

    Was die Taz vergessen hat: Der Verbraucherzentrale Bundesverband unterstützt den Altmaier Vorschlag. Aber anscheinend ist der Bundesverband Erneuerbare Energie zitierwürdiger. Schade.

    PS: Das sind auch "Kapitalistenschweine". Nur weil die nen grünen Anzug tragen ändert das nichts. Für den kleinen Mann spricht eher der Verbraucherzentrale Bundesverband. Sollte man vielleicht als "linke" Zeitung nicht ganz vergessen. Aller EE-Sympathie zum trotz.

  • TL
    Tim Leuther

    Die Energiewende ist viel schneller verlaufen als ursprünglich von Rot-Grün unter Schröder geplant. Das führt dazu das sowohl die geförderte Strommenge viel hoher ist, als auch das die Subvention pro Kilowattstunde höher ist, als Sie es bei der ursprünglich geplanten Zubaurate gewesen wäre.

    Auch wären bei der Alten zubaurate nicht so viele EE-Produzenten gleichzeitig in der Förderung, was die Belastungen über eine längere Zeitspanne verteilen würde.

    Auch die Probleme des Netzausbaus sind auf die ungeplant hohe Zubaugeschwindigkeit zurückzuführen.

     

    Aber die Orthodoxie der Opposition verhindert es.

     

    Die Industrie ist auch nur eine Scheinlösung. Verteuert man den Strom für Unternehmen die im internationalen Wettbewerb stehen, dann gehen manche von denen ins Frackinggas-Mekka USA.

    Und macht man es teurer für die Unternehmen die NICHT im Internationalen Wettbewerb stehen, dann... ja der ist denn dessen Kunde?? Das mag sinnvoll sein, trotzdem spart es unter dem Strich kaum Geld, sondern ist nur linke Tasche, rechte Tasche.

     

    Die Opposition, und vor allem die SPD sollte Altmaier ernst nehmen.