Kommentar Koalition Niedersachsen: Harmonisch auf Bewährung

SPD und Grüne haben diskret und zügig verhandelt. Stress in der Koalition ist aber programmiert – nicht nur wegen Gorleben.

Pünktlich und betont harmonisch – so haben die Spitzen von SPD und Grünen in Niedersachsen ihre Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. Das Resultat ist ausgewogen, allzu schmerzhafte Zugeständnisse musste keine Seite machen.

Das starke Ergebnis der Grünen, mit fast 14 Prozent bei der Landtagswahl im Januar, spiegelt sich in der Verteilung der Ministerien wider: Vier von neun Ressorts gehen an die Grünen. Bundesweit stellen sie nur in Baden-Württemberg mehr Personal – dort samt Ministerpräsident.

Ihre Kernthemen Energie- und Agrarwende aus dem Wahlkampf werden die Grünen mit dem Umwelt- und dem Landwirtschaftsministerium auch in der Regierungspraxis angehen können. Das ist vor allem in der Landwirtschaftspolitik nicht selbstverständlich: Hier war die Skepsis der SPD gegenüber zu viel Öko aus Sorge um Arbeitsplätze groß. Nun aber will die designierte Landesregierung auf Biolandwirtschaft und bäuerliche Familienbetriebe setzen – und das im Agrarland Nummer eins mit einer entsprechend starken Lobby der konventionell arbeitenden Großbauern.

ist Niedersachsenkorrespondentin der taz.

Intern wurde darum heftig gefeilscht, nach außen drang wenig; die Verhandlungsführer hatten sich nach ihrem knappen Wahlsieg Disziplin verordnet. Die wird auch künftig nötig sein: Rot-Grün hat nur einer Stimme Mehrheit im Landtag. Abweichler kann man sich nicht erlauben, Schwarz-Gelb hat bereits einen harten Oppositionskurs angekündigt. So bemühten sich SPD und Grüne schon in den Koalitionsverhandlungen um ein Signal der Geschlossenheit.

Harte Opposition wollen sie selbst unterdessen gegen Schwarz-Gelb im Bund machen. Im Bundesrat hat die Opposition mit dem rot-grünen Niedersachsen nun eine Mehrheit. Initiativen zur Abschaffung des Betreuungsgeldes oder zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes hat Hannover bereits angekündigt. Bröckeln könnte dort die rot-grüne Geschlossenheit aber gerade bei der Haltung zur Bundespolitik.

Zur Suche nach einem Atommüllendlager etwa will man sich die Forderung in den Koalitionsvertrag schreiben, dass der niedersächsische Salzstock Gorleben ausgeschlossen werden muss – in Konfrontation zu den Bundesparteispitzen. Stress mit den Parteichefs in Berlin ist da vorprogrammiert. Bewährungsproben für die zur Schau gestellte rot-grüne Harmonie in Hannover auch.

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ist Niedersachsen-Korrespondentin der taz. Sie hat 2009 bei der taz in Bremen als Volontärin angefangen und zwei Jahre später nach Hannover rübergemacht.

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