piwik no script img

Etatstreit in den USAHighnoon vor der Zwangsverwaltung

Samstag 0.00 Uhr: Sollte es keine Einigung im Etatstreit geben, drohen den USA hohe finanzielle Querbeeteinschnitte – der „Sequester“.

Der Countdown läuft am Freitag in den USA auch für SpaceX Falcon 9. : NASA/ dpa

WASHINGTON taz | Auf die USA rollen am Freitag die höchsten finanziellen Querbeet-Einschnitte ihrer Geschichte zu. 1,2 Billionen Dollar (rund 900 Milliarden Euro) müssen im Staatshaushalt bis zum Jahr 2021 nach dem Rasenmäherprinzip eingespart werden, so die automatische Maßnahme.

Demokraten und Republikaner ließen ohne Einigung im Etatstreit die zum 1. März gesetzte Frist verstreichen, um den so genannten „Sequester“ abzuwenden. Noch am Stichtag selber trommelt Präsident Barack Obama beide Seiten im Weißen Haus zusammen, um das willkürliche Sparbeil förmlich in letzter Minute abzuwenden.

Sprecher Jay Carney betont noch einmal die Dringlichkeit: „Für ein Treffen wie dieses gibt es keine Vorbedingungen“, sagte er vor Journalisten in Washington. „Sinn und Zweck ist es, den Sequester abzuwenden.“ Andernfalls müsste Präsident Obama die umstrittene Maßnahme zur Sanierung des Staatshaushalts anordnen, noch bevor es am Freitag Mitternacht geschlagen hat.

Und danach sah es aus. Auf dem Gipfel des Haushaltsstreits hatte der Senat am Donnerstag nämlich auch noch zwei Gesetze beider Lager abgelehnt, die eine Alternative möglich gemacht hätten. Die Demokraten wollten ein Gesetz, das vor allem die Steuern von Großverdienern erhöhen sollte. Obama möchte durch zusätzliche Einnahmen einen Teil der Kürzungen verhindern. Die Republikaner hingegen wollten zwar an den vorgesehenen Milliardenkürzungen festhalten - aber dem Präsidenten freiere Hand darüber geben, welche Ausgaben gekürzt werden sollen.

85 Milliarden Dollar

Die Einschnitte belaufen sich nach dem Sequester allein für dieses Haushaltsjahr auf rund 85 Milliarden Dollar (65 Milliarden Euro). Sie müssten bis zum September eingespart werden. Die Hauptlast entfällt auf das Militär, das nämlich 50 Prozent aller Kürzungen hinnehmen müsste. Betroffen sind aber auch alle anderen Etatbereiche. Er betrifft Mitarbeiter des Öffentlichen Diensts ebenso wie Langzeitarbeitslose, Schulen sowie Forschungs- und Lebensmittelprogramme. Seit Wochen warnen die Demokraten vor den apokalyptischen Auswirkungen des Sequesters, den sie selber während des Streits um die Erhöhung der Schuldengrenze 2011 unterstützt hatten: Mit dem Ultimatum wollte sich der Kongress unter Druck setzen, um bis 2013 ein beschlussfähiges Sparkonzept zu entwickeln.

„Nennt mich verrückt, aber: Warum tun wir nicht etwas, das uns aus den Schulden bringt und nicht gleichzeitig unser Verteidigungssystem zerstört?“ fragte die konservative Senatorin, Lindsey Graham. Andere Republikaner betonten, dass es so schlimm schon nicht werde. Der Großteil der Nation werde am Tag des Inkrafttretens aufwachen und gähnen, beschwichtigte der Abgeordnete Tim Huelskamp aus Kansas.

Ökonomen stimmen überein, dass sich die Kürzungen von weniger als drei Prozent des Gesamthaushalts tatsächlich erst über einen längeren Zeitraum auswirken würden. Jedoch warnen sie davor, dass die undifferenzierten Maßnahmen das Wachstum der US-Wirtschaft bremsen und bis zu zwei Millionen Jobs kosten könnten. Außerdem lenkten sie von greifenden Langzeitstrategien zum Abbau der Staatsschulden ab.

Der Haushaltskrieg bereitete unterdessen Obamas neuem Finanzminister Jack Lew einen holprigen Start. Der Kongress hatte den 57-Jährigen Nachfolger von Timothy Geithner am Mittwoch bestätigt. Die Knüppel seines Anfangs hat sich Lew, der seit 2012 Obamas Stabschef im Weißen Haus war, allerdings selbst zwischen die Beine geworfen: Er war 2011 als Budgetdirektor für Obama einer der geistigen Väter des Sequesters.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen