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Energiepolitik auf dem taz.labWarum wackelt die Wende?

Ob Ökostrom oder Atommüll: Zentrale Projekte der Regierung stocken. Ist Konsens noch möglich? Oder sind Partei- und Lobbyinteressen am Ende stärker?

Schwarz sehen bei der Energiewende? Oder ist doch alles bunt? Bild: dpa

Es schien das Ende eines langen Kampfes zu sein: Nach der Katastrophe von Fukushima vor zwei Jahren hat sich auch die schwarz-gelbe Bundesregierung von der Atomkraft verabschiedet. Der Ausbau der erneuerbaren Energien - vor allem Wind und Sonne - und ein Neustart der Suche nach einem Atommüll-Endlager stehen seitdem bei Union und FDP weit oben auf der Agenda.

Peter Altmaier, der dem glücklosen Norbert Röttgen als Umweltminister folgte, weckte zu Beginn seiner Amtszeit vor knapp einem Jahr große Hoffnungen: Dem jovialen und kommunikativen Saarländer, der schon vor 20 Jahren in der sogenannten Pizza-Connection für eine schwarz-grüne Annäherung kämpfte und als enger Vertrauter der Kanzlerin galt, wurde allgemein zugetraut, den neuen Kurs in den Regierungsfraktionen durchzusetzen.

Doch mittlerweile herrscht bei vielen Beobachtern Ernüchterung. Statt über die Chancen der Energiewende wird fast nur noch über die Kosten und Probleme diskutiert. Weil steigende Strompreise seiner Ansicht nach die Akzeptanz der Energiewende gefährden, profiliert sich Altmaier im Jahr der Bundestagswahl vor allem als Vorkämpfer für Kostensenkungen.

Mit massiven Einschnitten und rückwirkenden Kürzungen verunsichert er Investoren und bringt die Opposition gegen sich auf, während der FDP die Einschnitte nicht weit genug gehen. Gleichzeitig wehrt sich die Industrie gegen jede neue Belastung, und BürgerInnen protestieren vielerorts gegen neue Stromtrassen, Windräder und Biogasanlagen.

Ist Politik in der Lage, Probleme zu lösen?

Und beim Endlager-Gesetz, wo eine Einigung von Regierung und Opposition, Bund und Ländern schon unmittelbar bevorzustehen schien, ist ein Gesetz wieder in weite Ferne gerückt. Denn die neue rot-grüne Landesregierung aus Niedersachsen hat entscheidende Punkte wieder infrage gestellt. Sie besteht auf dem Ausschluss des Standortes Gorleben und einer besseren Einbindung der Zivilgesellschaft - Forderungen, die auch die aus der Region Gorleben stammende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, schon lange erhebt.

Immer stärker stellt sich darum die Frage, ob die Politik überhaupt in der Lage ist, große gesellschaftliche Probleme zu lösen, die eine langfristige Perspektive und damit einen parteiübergreifenden Konsens erfordern. Oder ob der Einfluss von Lobby-Gruppen und wahltaktische Überlegungen am Ende stärker sind als das Festhalten an Zielen, die als richtig erkannt wurden.

Weil diese Fragen die taz und viele ihrer Leser beschäftigen, sollen sie auch beim taz.lab diskutiert werden. Nicht nur mit zwei zentralen Akteuren aus Regierung und Opposition, sondern auch mit einem Experten, der die Bundesregierung ebenso berät wie außerparlamentarische Gruppen: Der Politologe Claus Leggewie hat zusammen mit anderen Wissenschaftlern konkrete Vorschläge entwickelt, wie Bürger in wichtige Großprojekte einbezogen werden sollten.

Um der Dominanz von Wirtschaftsinteressen etwas entgegenzusetzen, sollen sie frühzeitig und wiederholt befragt werden, dann aber im Gegenzug die gefundenen Lösungen auch akzeptieren. Solche gründlichen Erörterungen, so Leggewie, bewirkten letztlich "schnellere Entscheidungen, mehr Konsens und höhere Nachhaltigkeit".

Ob und wie die Politik die Energiewende noch schaffen kann, darüber diskutiert taz-Redakteur Malte Kreutzfeldt beim taz.lab mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), der niedersächsischen Europaabgeordneten Rebecca Harms (Grüne) und dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie.

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9 Kommentare

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  • V
    vic

    Altmaier, Rösler, Merkel uvm, sind die Killer der Energiewende.

    Gegen die Kumpanei von Konzernen und Politik hat Vernunft keine Chance.

  • F
    Fritz

    Dezentralisierung ist nur ein anderer Name fuer Morgenthau-Plan. Ich wette, die Energtiewende war schon Teil der 2 plus 4 Verhandlungen oder doch jedenfalls schon angedacht. Ohne zentrale Organisation geht es NIE und dann ist der Ort der Energieerzeugung ganz egal. Die Organisation wird nur schwieriger.

  • F
    Fritz

    Mehr Lobby als EEG ist ueberhaupzt nicht denkbar und das ist im Gegensa6tz zur Atom-Subventionierung eine KOPFSTEUER, die Frau Thyatcher selbigen gekostet hat. Eine halbgare Politik von Halbgebildeten, die direkt ins Chaos fuehrt. Die Verspargelung der Landschaft. Kleinbuergerlicdhe Gier von Turn-und-Taxis und gruenen doppelkverdienenden Lehrerehepaaren, da kommt die bayerische Besessenheit her, gegen Vertrauen in den menschlichen Geist, der fuer das Atommuellproblem schon eine Loesung finden wird. Windenergie ohne Ende, dabei wissen wir ueberhaupt nicht, was novch an alternativen Energiequellen gefunden wird. Der Spiesser hat nur sein Faehnchen geaendert und mit Fukushima hat es nichts zu tun, eher mit Merkel und Morgenthau.

  • S
    SchnurzelPu

    Reiche Bayern halten an der üppigen Solarförderung fest. Hätte man das Geld in die Forschung und nicht in süddeutsche Häuslebauer, die noch mal ein paar Tausend Euro übrig haben und aufs Dach investieren, dann wäre Solarenergie vielleicht auch im Norden günstig. Für den vergangenen Winter hätte es auf jeden Fall dicke Stromtrassen gebraucht. Bei Übertragung mit Gleichstrom ist das in Zukunft auch aus der syrischen Wüste machbar.

    Schaun mer mal ob die Solarenergie den deutschen Michel am Ende nicht mehr kostet als die Atomkraft - gesünder ist sie ja bisher.

  • S
    so-la-lar

    @SchnurzelPu:

    Sorry, aber das ist zu kurz gedacht.

    Oberstes Ziel ist Dezentralität: Strom soll dort erzeugt werden, wo er verbraucht wird --> keine Überlandleitungen. In die Stadt passen keine Windkraftanlagen. Also ist Photovoltaik (PV) - auch im Norden - das Mittel der Wahl. Neben Blockheizkraftwerken und Wärmepumpen.

    PV-Anlagen werden immer billiger. PV-Strom ist jetzt schon billiger als bei den alten Energieversorgern. Das ist die Realität. Wachet auf.

    Wir brauchen das EEG bald nicht mehr, denn es war erfolgreich. Und so machen wir es dann auch mit der Förderung von Stromspeichern.

    Wenn eine BürgerEnergieGenossenschaft auf einer Schule eine PV-Anlage baut, mit einer Laufzeit von 20 Jahren, dann ist der Strom für die Schule in dieser Zeit günstiger + danach fast kostenlos! Die Anlagen werden immer langlebiger. Modullebensdauer von 30+ Jahren ist realistisch.

    Wir werden uns bald alle selbst versorgen und finden auch Lösungen, um Nicht- + Geringverdiener mitzunehmen. Auf dem eigenen Haus oder in Gemeinschaftsanlagen. Gemeinsam-wirtschaft.

     

    DAS ist demokratische Energiekultur. Herrschaftsfrei.

    Ohne Herrn EON. Ohne Herrn RWE.

    Und ohne Herrn Clement.

  • T
    tomas

    - mit wieviel geld wurde die atomkraft früher subvensoniert ?

    ( neue technologien wurden u. werden immer gefördert )

    -wer bezahlt asse, dieses angebliche sichere zwischenlager, nichtmal

    20 jahre gehalten, und wir sprechen hier von ganz anderen zeiträumen !

    ( übrigens, gorleben ist auch ein salzstock ( muss noch erkundet werden ),

    der beweis ist doch schon erbracht, asse ist salzstock, katastrophe nur...,

    wer bezahlst, die steuerzahler und nicht die atomindustrie, sollen ihren

    dreck selber wegmachen und bezahlen..., nein schimpfen auch noch

    auf die zukunft, zug verpasst, früher aufstehn, und jetzt gute nacht mutter

    erde ;)..., bis denne

  • ND
    Nouvelle D`Arc

    Warum wird überhaupt nach sog. "Großlösungen" gesucht?

    Soll wieder ein Trans-Rapid-Schema eingehalten werden? Also behäbige Großkonzern Handlungsweise?

     

    Laßt doch erstmal Schleswig-Holstein den Eigenbedarf zunehmend abdecken, warum gleich Stromtrassen nach Süddeutschland?

    Das viele Geld welches angeblich (für Stromtrassen als "Grundvoraussetzung") nötig ist sollte doch lieber in Forschung&Entwicklung und vor allem Entfaltung von kleinen und mittelständischen Ansätzen investiert werden.

    Strom speichern in Druckluftflaschen, umgewandelt in Form von Wasserstoff und Methan - alles schon im Praxistest. Energy-Harvesting - und Verbrauchsreduzierung in Privathaushalten.

    Muss das gleich wieder der großköpfige "Smart-Grid" sein. Und ohne den geht garnichts?

    Vielleicht mal die Strombörse reformieren und einsehen, das Stromversorgung eine kommunale und föderale aufgabe ist, aber keine privatwirtschaftliche Großkonzern Aufgabe. Wenn dann eine mikro-privatwirtschaftliche, indem alle Bürger Anteile an Erzeugergemeinschaften, Genossenschaften und kommunalen Einrichtungen halten?

    Ich beantrage, festzustellen, wieviel Strom bundesweit aus Klär(Kraft)Werken generiert werden könnte.

  • S
    SchnurzelPu

    Mal ehrlich, wenn man die teuerste alternative Energieform zur höchstsubventionierten macht, muss man sich nicht wundern, dass es wackelt.

    Es gibt in Deutschland nicht wenige, die für ihr Geld arbeiten müssen und keinen Bock haben, dass es für überteuerte Bahnhöfe oder überteuerte Energieformen ausgegebn wird. Solarenergie da wo die Sonne scheint ok, aber nicht in Grautschland.

     

    Da weht ein anderer Wind.

  • M
    margit

    die mehrheit der bundesbürger lässt sich sehr gerne von lobbyisten und den gängigen parteien füpr dumm verkaufen. das ist das karma dieses landes von dem es sich wohl nicht mehr lösen kann. das die energiewende ein wohldurchdachter für die regierung und ihre sponzoren wichtiger schachzug war, war doch klar.