Windmessen-Streit: Euch die Messe, uns den Schlick

Hamburg kriegt die große Schau, Husum Geld und eine kleinere Version. Kiel erwägt Annahme Hamburger Elbschlamms.

Provokation: Werbung für die Messe in Hamburg auf der Husum Wind. Bild: dpa

RENDSBURG / HAMBURG taz |So kuschelig saßen die Beteiligten in den vergangenen eineinhalb Jahren selten zusammen: In einem Raum in Rendsburg, der für den Presseandrang fast zu klein war, erklärten am Montag Politiker und Messevertreter aus Schleswig-Holstein und Hamburg ihren Streit um den Standort einer Windenergie-Messe für beendet. Die international bedeutendste Branchenschau findet ab 2014 im zweijährigen Rhythmus in Hamburg statt, Husum richtet dafür in den Jahren dazwischen eine „nationale“ – kleinere – Windmesse aus.

Verlierer sei dennoch niemand, beteuerten fast wortgleich Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD), der parteilose Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch und die Geschäftsführer beider Messen, Peter Becker von der Messe Husum und Bernd Aufderheide von Hamburg Messe und Congress (HMC). Um Husum den Verlust seiner wichtigsten Messe zu versüßen, wird es eine Entschädigung geben. Die Messegesellschaften sollen beide Branchenschauen als gleichberechtigte gemeinsam Partner ausrichten. Damit sei es gelungen, die Messe in Norddeutschland zu halten. „Wir sichern den Standort langfristig“, sagte Meyer.

Die „HusumWind“ findet seit 1989 in der Kleinstadt an der Nordsee statt. Angesichts des Windenergie-Booms sei der bislang „sehr erfolgreiche Standort“ aber zu klein geworden, befand im Herbst 2011 der Verband der deutschen Maschinen und Anlagenbauer (VDMA), ein Netzwerk von mehr als 3.000 Unternehmen. Deshalb solle die Messe nach Hamburg verlegt werden, forderte VDMA-Geschäftsführer Thorsten Herdan.

Seit 1989 findet die Windenergy in Husum an der Nordsee statt.

Entwicklung: Aus alternativen Anfängen in der Öko-Szene entwickelte sie sich zur weltgrößten Messe der Windbranche.

Stand: Die Messe 2014 registrierte 1.171 Aussteller aus 28 Ländern, 36.000 Besucher und 48.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche.

Prognose: Der VDMA geht für 2016 von 1.666 Ausstellern, 56.000 Besuchern und 74.000 Quadratmetern aus.

Die Hamburg Messe und Congress Gesellschaft (HMC) legte sogleich ein Angebot vor, das einer Kriegserklärung an Husum gleichkam: Sie terminierte eine Konkurrenzveranstaltung im September 2014, zeitgleich zur Messe in Husum. Nun findet die Branchenschau tatsächlich an der Elbe statt, aber „der Kult um Husum“ bleibe dennoch bestehen, versicherte Wirtschaftsminister Meyer. Denn mehrere große Unternehmen, darunter auch Firmen, die sich für Hamburg als Standort der Leitmesse eingesetzt haben, sagten zu, dass sie auch auf der kleineren „nationalen“ Messe auftreten wollen.

Diese solle etwas andere Schwerpunkte setzen, sagte der der Husumer Messe-Chef Peter Becker: Statt Mega-Anlagen könnten dort Firmen den Service rund um die Windanlagen präsentieren, auch zu einer Personalbörse für Wind-Fachleute könnte sich Husum entwickeln. Die Einigung gilt zunächst für zehn Jahre, eine Verlängerung werde angestrebt, sagte Becker.

Horch wie Meyer betonten, dass die Politik die Verhandlungen nur begleitet habe, allerdings ist Hamburg an der Hamburg Messe und Congress beteiligt. So wird eine Entschädigung für Husum – die Rede ist von etwa vier Millionen Euro – letztlich von der Hansestadt bezahlt, wie der Wirtschaftssenator sagte.

Als Konsequenz aus dem Windmesse-Konflikt hatte die schleswig-holsteinische Landesregierung im Herbst Hamburg die Erlaubnis verweigert, den Hafenschlick in die Nordsee abzutransportieren. Ob das Verbot aufgehoben wird, darüber berät heute das Kabinett aus SPD, Grünen und SSW in Kiel. Schleswig-Holsteins CDU-Chef Reimer Böge maulte: „Hamburg bekommt die internationale Leitmesse und Schleswig-Holstein den Hamburger Hafenschlick.“

Die Beteiligten sehen das anders: Meyer und Horch lobten die Einigung als Meilenstein für die beiderseitigen Beziehungen. „Wir können und wollen Kooperation – auch bei erotischeren Themen als Eichämtern.“ Um was genau es gehen könnte, soll bei einer Sitzung der Landesregierungen ausgelotet werden.

Die jetzt beendeten Verhandlungen bezeichnete Ulrich Wacholtz vom Unternehmensverband Nord, der die Gespräche moderiert hatte, als „wahrlich nicht einfach“. Bernd Aufderheide nannte sie: „Nicht vergnügungssteuerpflichtig.“

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