Protest beim Weser-Kurier: Gegen „Arbeitsplatzvernichter“

Gegen die geplanten Entlassungen protestierten rund 50 MitarbeiterInnen der Mediengruppe des Weser-Kuriers und Gewerkschaftsvertreter vor dem Pressehaus

Ob 41, zehn oder 28 Jahre beschäftigt - Alles muss raus Bild: kawe

BREMEN taz | „Arbeitsplatzvernichter“ stand am Samstag auf einem Plakat vor dem Pressehaus des Weser-Kuriers, darunter in Steckbrief-Form die Namen Ulrich Hackmack, Jörg Röver, Eric Dauphin, Jan Leßmann. Das sind die drei Vorstandsmitglieder der Bremer Tageszeitungen-AG (BTAG) und der Name des jüngst von seinen Pflichten „abberufenen“ Vorstandsvorsitzenden Hackmack. In der Sonntagsausgabe des Weser-Kuriers wurden die LeserInnen über die Protestkundgebung erwartungsgemäß mit keinem Wort informiert.

„113“ stand in großen Ziffern auf einem Verdi-Plakat, so hoch ist die Zahl der Stellen, die Mediengruppe Weser-Kurier abbauen will. Zwei kompletten Abteilungen droht die Entlassung – ihre Arbeit soll von mit dem Weser-Kurier verbundenen Fremdfirmen, die geringere Löhne zahlen, vergeben werden. Auf Klappstühlen für das Pressehaus war demonstrativ angegeben, wie lange die jetzt von Entlassung bedrohten Kollegen der Service-Abteilung und der „Druckvorstufe“ für den Verlag gearbeitet haben, manche seit 40 und mehr Jahren, die „jüngsten“ seit 10 Jahren.

Der dreiköpfige Vorstand hat mit dem Betriebsrat Gespräche über den fälligen Sozialplan begonnen und als Begründung vorgetragen, dass die Anzeigen-Einnahmen weiter zurückgegangen seien. Allein mit Mitarbeitern der Anzeigen-Vermarktung laufen derzeit mehr als ein Dutzend Verfahren vor dem Arbeitsgericht – der Weser Kurier hatte den Auftrag im vergangenen Jahr von einer Fremdfirma an eine andere vergeben. Offenbar war das Gift für die gewachsenen Kundenkontakte und schlug sich negativ in der Bilanz nieder.

Zusätzlich zu rund 50 MitarbeiterInnen der beiden betroffenen Abteilungen sollen 60 Arbeitskräfte freiwillig gehen, hat der Vorstand des Weser-Kuriers erklärt. Das „Angebot“ geht allerdings nicht über das hinaus, was jeder Mitarbeiter bei einer Kündigung vor dem Arbeitsgericht erstreiten könnte, die Resonanz auf dieses „Angebot“ ist nach Auskunft des BTAG-Betriebsrates daher gleich Null.

Die Gewerkschaft Ver.di hat das Unternehmen aufgefordert, einen „Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag“ abzuschließen. Für Ver.di-Sekretär Uwe Kokemüller ist klar, dass mit Zeitungen heute nicht mehr Renditen wie vor 20 Jahren erwirtschaftet werden. Dass die in der Bilanz der BTAG für 2011 ausgewiesenen Verluste der Realität entsprechen, bezweifelt Kokemüller dennoch – die BTAG hat umfangreiche Geschäftsbeziehungen ihrer Muttergesellschaft der „Hackmack, Meyer KG“, die den Verleger-Familien gehört. Deren Bilanz werden nicht offengelegt. Nicht nur das Papier für die Druckerei, auch die Einrichtungen des Pressehauses „bis hin zum Klopapier“, scherzen Mitarbeiter, müsse über die Hackmack, Meyer KG bezogen werden – und niemand könne nachprüfen, welche Preise da gezahlt werden. Seit Jahren fordert der Betriebsrat der BTAG vergeblich die Offenlegung der Geschäftsbeziehungen zur Hackmack Meyer KG; einen gegründeten Gesamtbetriebsrat erkennt die BTAG nicht an. Am 15. Mai werden die Gespräche zwischen Betriebsrat und Vorstand der BTAG über einen Sozialplan fortgeführt.

„Die Branche wird krank geredet“, meinte Ulrich Janssen, der Bundesvorsitzende der zu Ver.di gehörenden „Deutschen Journalisten-Union (dju), der zu der Protestkundgebung angereist war. Janßen ist Betriebsratsvorsitzender der Oldenburger Zeitungsgruppe der NWZ. Die NWZ geht bei der Tarifflucht andere Wege – sie bietet für neue Arbeitskräften nur noch Verträge ohne Tarifbindung an.

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