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Nazi-Konzert bei EberswaldeEine Scheune für 400 Stiernacken

Am Samstag finden sich mehrere Hundert Neonazis zu einem Konzert in Ostbrandenburg zusammen. Es gibt Proteste von Anwohnern.

Aktion des Bündnisses „Finowfurt Nazifrei“. Bild: dpa

EBERSWALDE-FINOW taz | Die Zufahrtstraße zu dem Grundstück von Klaus Mann sind weiträumig von der Polizei abgesperrt. Das Konzert, das am Samstagnachmittag beginnt, ist nicht das erste Neonazi-Konzert auf dem Gelände des einstigen Brandenburger DVU-Chefs. Aber es soll das bislang größte werden.

Mit bis zu 1000 Besuchern werde gerechnet, hatte es im Vorfeld geheißen. Die Polizei hat die B167 hinter dem Ortsteil Finowfurt Richtung Zerpenschleuse gesperrt. Das linke Bündnis „Finowfurt Nazifrei“ hatte zusammen mit dem bürgerlichen Bündnis „BUNTE Schorfheide“ zu einer Gegenkundgebung aufgerufen. Mehrere hundert Menschen, viele davon sagen sie kämen aus Eberswalde, stehen oder sitzen hinter der Absperrung und halten Transparente hoch. „Den Nazis den Stecker rausziehen“ lautete der Aufruf. Doch das dürfte schwer werden.

Einen halben Kilometer weiter Richtung Marienwerder schlängelt sich von der B167 ein Weg in den Wald: „In den Sandstücken“ – hier geht es zu Klaus Mann. PKWs mit glatzköpfigen Insassen stehen dort hintereinander aufgereiht. Thüringen, Sachsen, Hessen, Berlin, Brandenburg Mecklenburg Vorpommern – fast aus der ganzen Bundesrepublik scheint die Neonazi-Szene angereist.

Tätowierte Männer mit Bierflaschen in der Hand und Stiernacken und Frauen mit teilrasierten Köpfen und roten und schwarzen Strähnen in den Haaren klettern auf Anordung der Polizei aus den Fahrzeugen. Jeder, der zum Konzert will, muss sich ausweisen, auch das Auto wird kontrolliert. „Wir wollen sichergehen, dass es keine Gefahrenquellen gibt“, sagt Peter Salender, Sprecher der Polizeidirektion Brandenburg Ost.

Als die erste Band gegen 14 Uhr beginnt, befinden sich circa 400 Neonazis auf dem Grundstück. Das eingezäunte Areal ist groß. Die Polizei spricht von circa 8.000 Quadratmetern. Darauf befinden sich mehrere Gebäude. Eine große alte Garage aus Backsteinen, ein scheunenähnliches Gebäude und ein eher kleines Holzhaus, das laut Polizei Manns Wohnhaus ist. Eine eigene in orange T-Shirts gekleidete Ordnertruppe steht am Eingang und weist die Konzertbesucher ein, wenn die die Polizeikontrollen hinter sich gebracht haben.

Soli für Wohlleben?

13 Bands haben sich angekündigt, die meisten aus Brandenburg und anderen ostdeutschen Ländern, aber auch aus dem Rest der Republik. Darunter sind Szenegrößen wie „Legion of Thor“ oder „Sleipnir“. 500 Karten seien verkauft worden hatte es im Vorfeld aus Neonazikreisen geheißen.

Das Konzert („Unkostenbeitrag 30 Euro“) wurde in der rechten Szene als Benefitzkonzert beworben. In der Antifaszene wird vermutet, das mit dem Slogan „EINER für alle, alle für einen“ der vor dem Oberlandesgericht München angeklagte mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben gemeint ist.

Das Grundstück des Neonazis Mann gehört zur Gemeinde Schorfheide. Der Bürgermeister Uwe Schoknecht (parteilos) erklärte gegenüber der taz, er sehe keine Möglichkeiten, das Konzert zu verbieten. Er habe alles abgeklopft. Mit Auflagen will es die Verwaltung den Veranstalter aber schwer machen. Wenn das Konzert nicht um 22.00 Uhr zu Ende sei, werde die Polizei reingehen und eine diesbezügliche Aufforderung erteilen, kündigt Polizeisprecher Salender an. „Wird das nicht befolgt, lösen wir auf“. Genug Personal wäre da. Polizei und Bundespolzei sind mit mehreren Hunderschaften vor Ort.

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17 Kommentare

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  • GE
    gibt es zweierlei Rassismus oder nur deutschen ?

    was soll das ? wenn Rechts oder Linksradikale wer auch immer Verbrechen begehen, dann heißt es wir alle sind Nazis, wir alle sind Moslemhasser und mehr von dem Scheiss hier.

    Ich mag keine Nazis oder was es da sonst so gibt. Hier wird permanent über die Redikalen, Rassismus der Deutschen gesprochen. Warum deckt man hier nicht ebenso auf das es von der "Gegenseite" ebenso und nicht wenige Radikale gibt?

    z. b. türkischer Nationalismus als Importware, od. türk. Rechte im Aufschwung, rechtsradikale "graue Wölfe"und ihre Untervereine ?

    Oder wie Stimmung gegen uns gemacht wird mit dem Titel "Faruk Sen resümiert "die Türken sind jetzt die Juden von heute". Das ist mehr wie dreist.

     

    Hat man hier schon mal festgestellt das wenn man von Rassismus schon redet auch schon EINIGE Afrikaner, auch Chinesen umgebracht, zusammengetreten wurden, der Asylheime angezündet wurden.

     

    Hat man ihnen Denkmäler oder Straßennamen gegeben, haben die so was gefordert ?

     

    Ich verharmlose keineswegs was mit den türk. Männern geschehen ist, aber es gibt auch noch andere Menschen hier in Deutschland, die ebenso entsetzt, fassungslos und traurig sind, die auch Familienmitglieder verloren haben. Wird von denen so Programm gegen uns Deutsche gemacht ?

    Es hat nicht mit Rechts oder Links zu tun, aber wenn man das alles so liest auch in türk.press, was über uns Deutsche, so ganz allgemein natürlich geschrieben wird, habe ich die Frage als ganz normaler Bürger:

    Wenn wir Deutschen und unser Land so Scheiße sind, warum ist man gekommen oder noch hier, warum wollte man dann unsere Staatsangehörigkeit annehmen ????

  • B
    Blackout

    Natürlich geht Stecker ziehen, auch ist es die einzige Möglichkeit Internet, Kapitalismus und Ausbeutung der dritten Welt durch die Überbevölkerungen der 1. Welt zu stoppen.

  • SW
    Schwaebischer Widerstand

    Liebe TAZ wie lange wollt ihr den Nazis wie FaktenstattFiktion noch eine Plattform bieten mit ihren braunen Kommentaren die alles Rechtsradikale schön reden und verharmlosen. Dies dient nur dazu, Nazis wieder gesellschaftsfähig zu machen. Eins ist klar: die Nazis haben Millionen von Menschen massakriert und Deutschland in Schutt und Asche gelegt und sie würden es wieder tun.

  • A
    alf

    rechtsextreme: wollen nazidiktatur(bekannt) "linksextreme": wollen eine gerechte, soziale welt für alle menschen, und das im einklang mit der natur...da stört nur eben der auf wachstum (bei begrenzten ressourcen) basierende kapitalismus. ist beides das selbe?

  • AS
    arnulf shitler

    "Eine eigene in orange T-Shirts gekleidete Ordnertruppe steht am Eingang und weist die Konzertbesucher ein" ... die shirts hatten laut fotos auf indymedia die aufschrift "staffel" - eine perfide anspielung an die SS!

    Aber schön dass es wenigstens breiteren protest mit mehreren hundert leuten gab.

  • B1
    Bürger 1972

    Wenn man in einem Rechtstaat Gedankengut verbieten will (was sehr schwer fällt), dann muss man gleichermaßen jedes Gedankengut verbieten, dass sich gegen diesen Rechtstaat richtet, sei es links, rechts oder islamistisch oder sonst was. Alles andere wäre wollkürlich. Aber Gedankengut lässt sich nicht verbieten, wenn nur die Verbreitung...

  • SG
    Schmidt Georg

    jetzt könnte man sagen-die Neos erkennt man an der Glatze, die ehe Kommunisten/Sozialisten haben sich längst bügerliches Outfit zugelegt, lustig fand ich, hier bei uns an einem Wahlsamstag: die NPD hatte ihren Stand gegen 9.30 aufgebaut, die Polizei war da-nur die Leutchen von Antifa nicht, die kamen gegen 12.30-da hatte die NPD ihren Stand längst abgebaut und waren wieder zuhause !

  • O
    Opa

    Die meisten Menschen machen sich keine Gedanken, wie Meinungsbildung funktioniert, ohne es zu hinterfragen, übernehmen sie das, was in der Zeitung steht.

     

    Ich kenne keine NAZIS und lasse mir nicht vorgaukeln, das man durch rechtes Gedankengut einen Stiernacken bekommet, oder die Linksfaschisten durch ihre Ideologie schmalbrüstig sind.

     

    Drei der Foristen wollen die Demokratie abschaffen.

     

    Schade!

  • S
    S.K

    Wenn es doch auch mal Demonstrationen für Arbeitsplätze in solchen Regionen geben würde, damit die Menschen dort nicht abwandern müssen.

     

    Aber dann müsste man sich selbst mal was überlegen, wie dies zu erreichen wäre und was die Politik an Lenkung zu leisten hat.

     

    So aber scheint es, als reagiere man lieber als zu agieren.

    Und damit hat man sich das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen - wenn man es selbst je angepackt hat.

  • D
    derwewigedeutsche

    Vor allem sind Nazis Stiernacken. Das mag es geben, aber in der Hauptsache sind sie es nicht. In der Hauptsache sehen sie voellig normal aus, arbeiten usw. und sind auch keine Rassisten. So wie Antifa in der Hauptsache ein grosses Blabla ist und nicht mehr als echte Selbstbefriedigung. Erst ein Krieg um T-Shirts, allmaehlich wird es aber ernst.

  • A
    Achim

    Deshalb bin ich froh, dass ich kein "Linker" bin. Wenn ich mir die bildungsfernen Kommentare hier so anschaue. "Nazis raus!" langt da leider nicht, meine lieben Gutmenschen, da muß man auch hier und da mal mit den Hintern aus dem bequemen Fußball-Sessel bewegen. Aber "Widerstand" fängt mit dem Gedanken an. Sofern dieser nicht von irgendjemandem verboten wird. Hilfe. """"

  • JS
    Jens Schlegel

    @FaktenStattFiktion,

     

    Linksextremisten sind nicht das Gegenteil von Rechtsextremisten.

    Sie sind nicht mal in der gleichen Liga. Das was heute als Linksextrem bezeichnet wird, ist bei den Rechten noch nicht mal eine Erwähnung wert.

     

    Rechte sind gut organisiert und sehr gewalttätig. Das Zweite sieht man schon in den Statistiken der Polizei. Da übersteigen diese nicht nur in Anzahl sondern auch in Ausmaß der Gewalttaten jene der "Linken", "Islamistischen" und derer der "Migranten" zusammen.

     

    Unteranderem deshalb sind diese Reflexe "Wenn das aber die Linken, dann muss man genauso!!!" falsch.

    Es lässt sich nicht vergleichen. Das ist ein Fakt. Daher hat das Eine (Nazitreff) und der jeweilige Umgang damit, nichts mit dem Anderen (Linkertreff) und dem jeweiligen Umgang damit, zu tun.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Tja, und was wäre bei einem Konzert von LINKSextremisten? Auch so ein Aufriss?

  • A
    alex

    Liebe Bachsau, Gedanken zu bestrafen ist, oder zu Bestrafen, ist ein ziemlich faschistoider Gedanke.

    Das klingt für mich mit Fanta mit Cola aufwischen.

    Herzlich aus Connewitz

  • E
    eksom

    Gründliche ENTNAZIFIZIERUNG wäre angebracht! Aber keiner hat anscheinend Interesse! Nicht einmal die angeblichen demokratischen Politmarionetten...

  • A
    antinazi

    Wäre eine gute Gelegenheit die einzusammeln und in die Geschlossene zu bringen, da könnten sie dann unter Aufsicht ihre braunen Liedchen trällern.

  • B
    Bachsau

    Es ist einfach eine bodelose Sauerei, dass die Polizei solche Aktionen schützt, statt sie zu unterbinden. Nazi-Gedankengut muss Strafbar werden!