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Fünf Jahre nach dem EntscheidKein Frieden am Spreeufer

Vor fünf Jahren forderten die Kreuzberger im Bürgerentscheid ein Spreeufer für alle. Die Bilanz fällt ernüchternd aus. Am Samstag wird deshalb wieder demonstriert.

Noch immer gehört das Spreeufer nicht allen. Bild: dpa

War es nun ein Erfolg oder nicht? Für Robert Muschinski, Sprecher der Initiative „Mediaspree versenken“, war es „der bisher erfolgreichste Bürgerentscheid in Berlin“. Am 13. Juli 2008 hatten 87 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Friedrichshain-Kreuzberg ein „Spreeufer für alle“ gefordert – mit einem Uferstreifen von 50 Meter Breite, ohne Hochhäuser und ohne eine neue Autobrücke.

Das war genau vor fünf Jahren. Und heute? „Die Möglichkeiten des Bezirks sind eingeschränkt, und im Senat ist die Botschaft des Bürgerentscheids bis heute nicht angekommen“, bilanziert Muschinski. Auch deshalb ruft seine Initiative am Samstag wieder zur Demo auf. Das Motto: „Es ist unser Bürgerentscheid. Es ist unser Berlin.“

Mediaspree, das war vor fünf Jahren das Symbol einer von Investoren besetzten Spree, deren wilde Strandbars und Clubs einer gesichtslosen Architektur weichen sollten – ähnlich wie es in Hamburg mit dem Altonaer Elbufer geschah. Inzwischen sind einige Clubs weg, einige Unternehmenszentralen da. Aber es gibt auch Projekte wie den Holzmarkt, der sich gegen einen Investor durchsetzte und nun in den Startlöchern für den Bau eines „urbanen Dorfes“ und eines „Möhrchenparks“ steht.

Etwas differenzierter fällt deshalb die Bilanz von Ortwin Rau, dem Chef des Yaam-Clubs, aus. „Es ist das Verdienst des Bürgerentscheids, dass sich der Senat nun bewegt.“ Damit meint Rau vor allem die Zukunft seines Clubs. Auf dem Gelände gegenüber dem Ostbahnhof sollen bald Wohnungen und ein Hotel entstehen, ein Ersatzgrundstück an der Schillingbrücke ist aber gefunden. Der Liegenschaftsfonds, der es eigentlich verkaufen wollte, soll es dem Bezirk zurückgeben.

„Im Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses geht es noch um die Frage, wer für die Altlastensanierung aufkommt“, sagt Rau. Er ist dennoch zuversichtlich. „Im Januar wollen wir mit dem Umzug beginnen.“ Das Yaam wäre damit gerettet – und damit auch ein Stück wilde Spreekultur.

Einen Erfolg wie diesen hätte Muschinski gerne auch an der East Side Gallery gesehen. Der runde Tisch, den die Senatskanzlei einberufen hat, um die Schäden an der denkmalgeschützten Mauer gering zu halten, blieb bislang ohne Ergebnis. Deshalb fordert Muschinski, die Genehmigung des Teilabrisses durch den Denkmalschutz zu überprüfen. „Wichtig sind auch die Sichtachsen auf die ehemalige Mauer“, sagte er auf der Pressekonferenz des Demobündnisses am Mittwoch. Der Bau des umstrittenen Hochhauses des Investors Maik Uwe Hinkel und eines Hotelriegels mache den Blick zunichte.

Die Demo beginnt am Samstag mit einer Auftaktkundgebung um 13 Uhr am Stralauer Platz. Über die Elsenbrücke geht es nach Treptow und von dort über die Schillingbrücke zurück. „Es wird trotz des ernstes Themas eine entspannte Atmosphäre geben“, kündigte Sprecher Robert Muschinski an. Bleibt nur die Frage, ob es fünf Jahre danach nun etwas zu feiern gibt oder nicht.

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5 Kommentare

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  • TL
    Tim Leuther

    Bürgerentscheit ist nicht Volksentscheid. Und es hat schon was gutes das Berlin eine Einheitsgemeinde ist. Gerade für Kreuzberg. Man stelle sich vor jeder Bezirk wäre eine eigene Gemeinde und hätte seine eigenen Steuereinnahmen. Kreuzberg käme nicht gut weg.

     

    Bei Bürgerentscheiden sind die Quoren geringer. Und es macht nur ein Bezirk mit, statt die ganze Stadt.

     

    Wer meint Kirchturmpolitik wäre besser, der Schaue sich das Ruhrgebiet an. Und in Berlin wäre es noch schlimmer, die Interaktionen zwischen den Bezirken sind ja viel größer.

  • R
    Rallinger

    Das Yaam war vielleicht mal wilde Spreekultur vor 10 Jahren, aber bei Eintrittspreisen von 10 Euro für normale Veranstaltungen keine Mitnahme von eigenen Getränken, etc. ist es nichts anderes mehr als jede andere Beachbar auch mit alternativem Anstrich.

  • C
    Claudi

    Ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass diese ganze Bewegung von Clubbetreibern gesteuert wird, für die das Spreeufer jahrelang eine Lizenz zum Gelddrucken war. Schon der Slogan "Spreeufer für alle" ist pure Heuchelei. Ein Fußweg/Wiese am Ufer hinter Hotels, Büros oder Wohnhäusern ist für die Allgemeinheit jedenfalls zugänglicher als elitäre Hipsterclubs mit teilweise restriktiver Türpolitik. In der Bar25 reichte schon eine Wasserflasche im Rucksack um aus "Spreeufer für alle" ein "kein Zutritt für dich" zu machen. Auch für Familien mit Kindern stellt eine Strandbar wohl eher eine Barriere zum "Spreeufer für alle" dar. Und was die geplante oder schon realisierte Beebauung betrifft: Es sollte doch einleuchten, dass Berlin Wohnungen und Arbeitsplätze dringender braucht als ein paar Bretterbuden für ein kleines Partyvölkchen und profitorientierte Clubbetreiber.

     

    PS: bei der Berichterstattung zum Thema wird immer wieder beharrlich verschwiegen, dass beim Bürgereintscheid rund 35.000 Menschen abgestimmt haben, rund 30.000 dafür waren und 148.000 wahlberechtigten Menschen das Thema schlicht egal war. Bei einer Wahlbeteiligung von unter 20% überhaupt von Erfolg zu sprechen, ist ziemlich albern. Ein Bürgerentscheid ohne Bürger.

  • MN
    Mein Name
  • F
    Fisch

    "Vor fünf Jahren forderten die Kreuzberger..."

     

    Och nö, nicht schon wieder so ein dämlicher Text unter der Überschrift. Wann lernen die Praktikanten der taz denn endlich mal Journalismus?

    Erstens sollte jeder, der sich mit dem Thema und/oder Politik in Berlin befasst, wissen, dass der Bezirk Friedrichshain und Kreuzberg umfasst und dass die Abstimmung im gesamten Bezirk stattfand.

    Zweitens ergibt sich dies auch aus dem Artikel. Bitte erst mal den Artikel lesen!

     

    P.S. Die meisten betroffenen Flächen befinden sich sowieso in Friedrichshain, warum sollten Kreuzberger dann sonst darüber abstimmen?