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Arbeitsbedingungen in China78 Wochenstunden für Apple

Es ist nicht nur Foxconn. Auch in anderen Fabriken chinesischer Apple-Zulieferer geht es den Arbeitern schlecht, zeigt eine neue Untersuchung.

Sieht aus wie eine Rekrutierung fürs Militär: Bewerber beim Apple-Zulieferer Foxcon. Bild: reuters

BERLIN taz | Trotz der Versprechen des iPhone-Herstellers Apple sollen weiterhin schlechte, teilweise gesetzeswidrige Arbeitsbedingungen in Zulieferfabriken des Konzerns in China herrschen. Das berichtet der Spiegel vorab unter Bezug auf eine neue Studie der Arbeitsrechtsorganisation China Labor Watch, die in New York sitzt.

Die Studie soll diese Woche veröffentlicht werden. Dem Bericht zufolge haben Rechercheure von China Labor Watch in den vergangenen Monaten mehrere Zulieferer von Apple in China untersucht und dort mit rund 200 ArbeiterInnen Interviews geführt.

Einer der Hauptkritikpunkte sind überlange Arbeitszeiten von bis zu 78 Stunden pro Woche, die dem chinesischen Arbeitsgesetz widersprechen. In Deutschland arbeiten viele Beschäftigte weniger als 40 Stunden wöchentlich.

Apple hatte im vergangenen Jahr zugesagt, die Arbeitsbedingungen bis Juli 2013 stark zu verbessern und vor allem die langen Arbeitszeiten auf das gesetzmäßige Maß zu verringern. Das Versprechen des Unternehmens, das kaum eigene Produktion betreibt, bezieht sich allerdings nur auf die Zulieferfabriken des Foxconn-Konzerns in China.

Foxconn ist bislang einer der wichtigsten Lieferanten von Apple. Dort werden Dutzende Millionen iPhones, iPads und MacBooks hergestellt. Die Rechercheure von China Labor Watch (CLW) haben nun jedoch weitere Zulieferer in China untersucht, die bisher nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, so auch die taiwanesische Firma Pegatron. Sie betreibt unter anderem ein Produktionswerk in Schanghai.

Der Lohn reicht nicht aus

Laut CLW müssen die Beschäftigten in manchen Fabriken bis zu 78 Stunden wöchentlich arbeiten. Bei sieben Arbeitstagen pro Woche ohne freien Samstag oder Sonntag sind das knapp elf Stunden täglich. Das chinesische Arbeitsgesetz erlaubt maximal 53 Stunden pro Woche.

Ein Grund, warum die ArbeiterInnen die langen Schichten mitmachen, ist die unzureichende Bezahlung. Diese liegt zwischen 200 und 400 Euro monatlich, was in chinesischen Großstädten nicht unbedingt ausreicht, um eine Familie über die Runden zu bringen. Die Beschäftigten haben deshalb selbst ein Interesse daran, länger zu arbeiten.

Darüber hinaus würden die ArbeiterInnen laut CLW teilweise erniedrigend behandelt. Die Vorgesetzten würden sie in militärischem Ton anschreien und beschimpfen. Die medizinische Versorgung bei Arbeitsunfällen lasse zu wünschen übrig. Auch fehlten Fluchtwege. Vertretungen der Beschäftigten, die die Arbeitsbedingungen verbessern könnten, seien meist nicht vorhanden.

Die schlechten Bedingungen rühren unter anderem daher, dass Zulieferer von Apple wegen der großen Nachfrage innerhalb kurzer Zeit gigantische Fabriken aufbauen. Zehntausende neuer Beschäftigter werden dann mit rigiden Methoden in die Produktion eingegliedert.

Nach Informationen aus Branchenkreisen will Apple in diesem Jahr einen Teil seiner iPhone-Produktion von Foxconn zu Pegatron verlagern. Dabei könnte es um die Herstellung einer billigeren Version des iPhones gehen. Angeblich produziert Pegraton mit einer geringeren Gewinnmarge als Foxconn.

Weder Pegatron noch Apple veröffentlichten bis Redaktionsschluss Stellungnahmen zu dem Bericht. In den vergangenen Jahren ist Apple unter Druck geraten, weil sich immer wieder ArbeiterInnen das Leben nahmen – insgesamt fast 20.

Erst im vergangenen Mai berichtete CLW über drei Selbsttötungen in der Foxconn-Fabrik von Zhengzhou. Unter anderem als Reaktion auf die Suizide beauftragte Apple die Fair Labor Association, die Arbeitsbedingungen bei Foxconn zu überprüfen und Vorschläge für Verbesserungen zu machen.

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6 Kommentare

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  • Richtig, dass das angeprangert wird. Aber: Es ist nicht nur Apple! Warum wird immer nur Apple genannt? Wo lassen Samsung, HP usw. usw. produzieren? Der Wikipedia-Artikel über Focxconn bietet schon mal einen Einstieg...

  • B
    Bundestag

    Menschenrechte spielen für viele westliche Staaten bzw. deren Regierungen und Wahlvolk nun einmal keine all zu große Rolle! Ansonsten wäre es ein leichtes die Produktionsbedingungen in China und anderen Ländern zu verbessern, ohne dass eines dieser Länder auch nur betreten zu müssen.

     

     

     

    Dabei fälle auf, dass die meisten Menschen leicht paranoid erscheinen und sich dementsprechend lieber Märchen von leeren Elektromärkten und andere Bedrohungszenarien ausdenken, anstatt etwas für die Menschenrechte zu tun und sei es auch nur bei der nächsten Wahl!

  • E
    erdling

    Wundert sich irgendjemand? Es weiß doch jeder, und das neueste Gerät wird aber trotzdem gekauft. Die einzige Möglichkeit, die wir haben ist der Verzicht auf etwas, was sowieso sinn- und nutzlos ist.

  • RB
    Ralf Becker

    Wieso immer nur Apple? Dieselben Buden fertigen genauso für HP, Dell, Samsung, Nokia und alle anderen.

  • Normalerweise müssen Produkte die durch die wahrnsinnige Ausbeuterei entstehen in Europa nicht verkauft werden..

     

     

     

    leider wären unsere Elektromärke dann aber extrem leer..

     

     

     

    ..nun fragt sich was man möchte!

  • W
    Wolfgang

    Erinnerung. Er hatte den Ort seines technischen Studiums in den 1980er Jahren in NRW besucht. Der heutige Unternehmer und Multimillionär, erklärte unter anderem: den deutschen Arbeitnehmern [er meinte die Lohnabhängigen] ginge es viel zu gut. Etwa Überstundenzuschläge, wie sie zur Zeit noch in Deutschland üblich wären, würden sie (er und seine Freunde) in China nicht bezahlen. Bei Bedarf müssten seine chinesischen Arbeitskräfte auch ohne Bezahlung länger arbeiten.

     

     

     

    Die Reportage zeigte ihn noch, kutschiert vom Chauffeur in seiner deutschen Luxuslimousine, auf dem Weg zur städtischen Verwaltung seiner Heimatstadt, um dort mit 'seinen' Beamten die privaten Geschäfte zu besprechen. // Ob er auch Mitglied in der liberal-sozialdemokratischen Konvergenzpartei (KPCh) war, diese mögliche Frage wurde in der braven deutschen TV-Reportage nicht gestellt.